Kurz und informativ

25.04.2022 | Medizin

Mikro-Plastikpartikel verändern Darm-Mikrobiom
Mikro- und Nanoplastikpartikel (MNP), die über den Magen-Darmtrakt aufgenommen werden, führen zu Veränderungen der Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms. Pro Kopf und Woche gelangen fünf Gramm Plastik in den Körper; das entspricht dem Gewicht einer Kreditkarte. Die Veränderungen werden mit Diabetes mellitus, Adipositas sowie chronischen Lebererkrankungen assoziiert. Das zeigen experimentelle Studien des Teams um Elisabeth Gruber von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie der MedUni Wien und Lukas Kenner vom Klinischen Institut für Pathologie der MedUni Wien. Mikro- und Nano-­Plastikpartikel werden unter bestimmten physikochemischen Bedingungen vermehrt ins ­Gewebe ­aufgenommen und rufen lokale Entzündungs- und Immun­reaktionen hervor. Nano-Kunststoffe werden auch mit biochemischen Vorgängen bei der Entstehung in Verbindung gebracht. In die Nahrungsmittelkette gelangen Mikro- und Nano-­Plastikartikel u.a. über den Verpackungsabfall; aber auch über Trinkwasser. Wer etwa 1,5 bis zwei Liter Wasser pro Tag aus Plastik­flaschen trinkt, nimmt rund 90.000 Plastik­partikel pro Jahr zu sich. Trinkt man Leitungswasser, kommt es zu einer ­Reduktion auf 40.000. Medizinische Universität Wien

Luftqualität: Grenzwerte wurden 2021 nicht eingehalten
Im Vorjahr hat kein Land die internationalen Grenzwerte für Luftqualität eingehalten. Das geht aus den Luftqualitätsdaten der Messstelle IQAir aus 6.475 Städten hervor, teilte die WHO mit. Nur 3,4 Prozent der untersuchten Städte erfüllten die Norm, wonach die Konzentration von Feinstaub kleiner als 2,5 Mikrometer (PM 2,5) nicht fünf Mikrogramm pro Kubikmeter überschreiten sollte. In 93 Städten wurden die empfohlenen Höchstwerte um das Zehnfache überschritten. Am schlechtesten ist die Luftqualität in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi; dahinter folgen Dhaka in Bangladesh und N’Djamena im Tschad. Wien liegt mit Platz 75 ähnlich wie Paris, Berlin und Rom unter jenen Städten, in denen der Grenzwert um das Zwei- bis Dreifache überschritten wird. Bangladesh ist das am stärksten ­verschmutzte Gebiet; Österreich rangiert hier an der 83. Stelle der 117 verfügbaren Staaten und Regionen. APA

Beim Sterben flackern ­Erinnerungen auf
In den 30 Sekunden vor und nach einem Herzstillstand scheint sich der Frequenzbereich der neuronalen Gamma-Oszillationen, aber auch der Delta-, Theta-, Alpha- und Beta-Oszillationen zu verändern. Gamma-Oszillationen ähneln jenen, die beim Meditieren oder beim Abruf von ­Erinnerungen auftreten. Forscher vermuten, dass das Gehirn durch diese Oszillationen möglicherweise Erinnerungen an Lebensereignisse abspielt. Grundlage dieser Annahme bilden die EEGs eines 87-Jährigen, der nach einem Sturz am Kopf operiert wurde, epileptische ­Anfälle erlitt und an einem Myokardinfarkt starb. Forscher um den Neurochirurgen Ajmal Zemmar von der University of Louisville konzentrierten sich dabei auf die 30 Sekunden vor und nach dem Myokardinfarkt, die ihrer Ansicht nach „Nahtod-Erfahrungen“ ähneln. APA/Frontiers in Aging Neuroscience

Gehirn: Wachstumskarten sollen Veränderungen aufzeigen
Analog zu Größen- und Gewichtstabellen wollen Richard Bethlehem von der University of Cambridge und Jakob ­Seidlitz von der University of Pennsylvania Wachstumskarten für das Gehirn entwickeln. Anhand von fast 125.000 MRT-Scans von mehr als 100.000 Personen im Alter von 15 ­Wochen (Fötus) bis zu 100 Jahre wollen die Forscher aufzeigen, wie sich das Gehirn über den Lebenszyklus verändert. Die Auswertungen, die auf der Open-Source-Website „Brain Chart“ veröffentlicht wurden, zeigen auf Referenzdiagrammen strukturelle Veränderungen im Gehirn während des menschlichen Lebens. Außerdem gelang es den Forschern, Perzentilwerte zu berechnen, die normale Spektren der Gehirngröße für verschiedene Altersgruppen identifizieren. Demnach erreicht das Volumen der grauen Substanz im Gehirn im Alter von sechs Jahren seinen Höhepunkt, die weiße Substanz wächst bis zum Alter von 29 Jahren weiter und nimmt ab dem 50. Lebensjahr schnell ab. Noch können die Gehirnkarten als klini­sches Werkzeug verwendet werden. Doch künftig könnte es möglich sein, MRT-Scans von Patienten mit Referenzdiagrammen zu vergleichen, um anormale Gehirnveränderungen zu erkennen. Nature

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Doppelinfektion von Corona und Influenza wurden in der 12. Kalender­woche 2022 in Österreich nachgewiesen. Insgesamt wurden rund 1.390 Influenza- und Influenza-ähnliche Erkrankungen registriert, teilte die AGES mit.

Monoklonale Antikörper wirken nicht gegen Omikron-Varianten
Gegen die BA.2-Variante der Omikron-Variante ist nur noch ein monoklonaler Antikörper wirksam: das vor Kurzem in den USA zugelassene Bebtelovimab (Substanz LY-CoV1404). Das wiesen Forscher um Prof. David Ho von der Harvard Medical School nach. Ihr Fazit: BA.2 zeigte eine markante Resistenz gegenüber 17 von 19 getesteten monoklonalen Antikörpern – inklusive Sotrovimab, das eine zufriedenstellende Aktivität gegen BA.1 behalten hatte. Bebtelovimab ist bislang in Europa noch nicht ­zugelassen. APA

Post-COVID Pulmonalfibrose ­entdeckt
Ärzte am Universitätsspital Zürich haben bei COVID-19-Patienten eine neue Form der Lungenfibrose – die sogenannte post-COVID pulmonary fibrosis (PCPF) – beobachtet. Betroffen waren – so Forscher um den Pulmologen René Hage – primär Patienten, die zwar hospitalisiert waren, aber weder beatmet werden mussten noch ein Lungenversagen erlitten. Dennoch zeigten sie größere Einbußen bei der Atemleistung als die am schwersten Erkrankten und hatten höhere CRP-Werte. Weiters waren auf Röntgen- oder CT-Bildern die Wabenstruktur zwischen den Verschattungen kaum oder nicht mehr erkennbar – untypisch für den Krankheitsverlauf. Da diese Gewebeveränderungen erst vier bis zwölf Wochen nach der Infektion mit SARS-CoV-2 auftraten, rät Hage, „COVID-19-­
Patienten, die nach einigen Wochen noch immer eine Einschränkung ihrer Atemtätigkeit haben und keine Verbesserung verspüren, mit Lungentests zu überwachen und mit einer CT der Lunge abzuklären“. Studien zu Fibrose-hemmenden Arznei­mitteln würden bereits laufen. Universität Zürich

Pille für den Mann: zu 99 Prozent wirksam
Eine orale hormonelle Verhütung, die das männliche Sexualhormon Testosteron beeinflusst, wird derzeit unter der Bezeichnung YCT529 erforscht. US-amerikanische Forscher um Abdullah Al Noman und Prof. Gunda Georg von der University of Minnesota nützen dafür den Retinsäure-Rezeptor (RAR) alpha. Das Protein ist wesentlich an der Spermienbildung beteiligt, allerdings muss dafür RAR-alpha mit Retinsäure interagieren. YCT529 blockiert diesen Prozess und führte im Mäusemodell zur Sterilität der Tiere. Nachdem die Tiere vier Wochen lang diese Substanz erhielten, reduzierte sich die Spermienzahl und eine Befruchtung wurde zu 99 Prozent unterbunden. Vier bis sechs ­Wochen nach Einnahme der Pille waren sie wieder zeugungsfähig. Neben­wirkungen waren nicht zu beobachten. Klini­sche Studien sollen noch heuer starten; eine Markteinführung ist spätestens in fünf Jahren realistisch. University of Minnesota

Salmonellen und Campylobacter: ­zunehmend Resistenzen
Die Antibiotika-Resistenz von Salmonella- und Campylo­bacter-Bakterien ist nach wie vor hoch, so der jüngste Bericht der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) und vom European Center for Disease Control (ECDC). Demnach sind bei Campylobacter jejuni vor allem Resis­tenzen gegen Ciprofloxin auf dem Vormarsch. Bei der häufigsten Salmonellen-Art beim Menschen – Salmonella enteritidis – steigen die Resistenzen gegen Chinolone/Fluoro­chinolone. Allerdings: Im Beobachtungszeitraum 2016 bis 2020 zeigte sich ein Rückgang der Resistenzen gegenüber Tetracyclinen und Ampicillin bei Salmonellen beim Menschen. Bei Tieren waren Resistenzen bei diesen Antibiotika-Klassen mäßig bis hoch. EFSA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 08 / 25.04.2022