Corona: PCR-Tests bei SARS-CoV-2

11.04.2022 | Coronavirus, Medizin

Goldstandard für den Nachweis von SARS-CoV-2 ist das PCR-Verfahren, Referenz­methode der Nasenrachenabstrich. Die ersten speziellen Test­systeme für den PCR-Nachweis von SARS-CoV-2 wurden Anfang 2020 kurz nach der ­Entschlüsselung des Genoms entwickelt. Mittlerweile gibt es mehr als 100 ­verschiedene Typen von Test-Systemen.

PCR-Testverfahren

Das rechtzeitige und verlässliche Identifizieren von Personen, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, ist seit dem Beginn der Corona-­Pandemie ein zentrales und unverzichtbares ­Instrument, um Infektions­cluster aufzudecken, Infektionsketten zu durchbrechen und eine Ausbreitung der Erkrankung zu kontrollieren. Goldstandard für den Virus-Nachweis ist wegen der höchsten Sensitivität und Spezifität das PCR-Verfahren zum Nachweis von Virus-Nukleinsäure (RNA) aus dem Nasenrachenabstrich-Medium.

Die Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction, PCR) ist ein lange etabliertes hochsensitives molekulargenetisches Laborverfahren zur Vervielfältigung (Amplifizierung) und Charakterisierung von spezifischen Sequenzen (Targets) in Nukleinsäuren. Damit ist sowohl der Nachweis von Viren und Bakterien als auch von menschlichen Gen-Veränderungen möglich.

Soll beispielsweise ein RNA-Virus nachgewiesen werden, muss diese Sequenz zunächst in DNA (komplementäre DNA, cDNA) umgeschrieben (revers transkribiert) werden, bevor die eigentliche PCR-Reaktion beginnen kann. Deswegen bezeichnet man dieses Verfahren auch als Reverse-Transkription-PCR (RT-PCR). Dabei erfolgt die Amplifikation üblicherweise in (40 bis 45) aufeinanderfolgenden Zyklen, wobei sich die Ziel-Gensequenz durch Reagenzien sowie bestimmte Temperaturverläufe in jedem Zyklus verdoppelt. Mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen kann dieser exponentielle Anstieg der Ziel-Sequenz kontinuierlich beziehungsweise in Echtzeit („Realtime PCR“ oder quantitative PCR, qPCR) detektiert werden. Je mehr vom gesuchten Target im Ausgangsmaterial vorliegt, umso mehr Kopien entstehen in der zyklischen Amplifikation. Umso früher steigt daher auch die Fluoreszenz über den messbaren Schwellenwert, ab dem die PCR positiv ausfällt.

Ct-Wert

Als Ct-Wert bezeichnet man den Zeitpunkt im Amplifizierungsverfahren, an dem der Schwellenwert (Cycle treshold, Ct) überschritten wird. Dieser Wert gibt die Anzahl der Amplifikationszyklen an, die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt sind. Bei einer hohen Anzahl an Target-Sequenzen im Untersuchungsmaterial wird dieser Schwellenwert früher erreicht als bei einer niedrigen Anzahl. Daher ist der Ct-Wert umgekehrt proportional zur Menge der nachgewiesenen gesuchten Sequenz. Im Fall einer Virus-PCR entspricht ein niedriger Ct-Wert einer großen Menge, ein hoher Ct-Wert hingegen einer niedrigen Menge der gesuchten Sequenz und somit einer hohen beziehungsweise einer geringen Anzahl von Virus-RNA im Untersuchungsmaterial. Ist kein Anstieg über den Schwellenwert detektierbar, gilt das Ergebnis der PCR als negativ beziehungsweise unter der Nachweisgrenze.

Bei labormedizinischen Analyseverfahren unterscheidet man drei Teilprozesse:
1) Präanalytik: Sie umfasst die Vorbereitung des Probanden und die Überprüfung seiner Identität, die Kennzeichnung des Systems zur Abnahme des Probenmaterials, das Verfahren zur Probenabnahme, den Transport des gewonnenen Proben­materials ins Labor, dort die Administration der Anforderung zur Analyse, die Eingangsprüfung des Probenmaterials sowie die Zwischenlagerung der Proben bis zum Beginn der Analytik.
2) Analytik: Sie umfasst sämtliche Verfahren und Schritte für die sachgemäße Durchführung des Analyseverfahrens und endet mit der Überprüfung der technischen Validität der erhaltenen Ergebnisse.
3) Postanalytik: Sie umfasst die Erstellung des Laborbefundes ebenso wie die erforderliche Veranlassung ­beziehungsweise Empfehlung von weiteren Untersuchungen durch den Labor-­Facharzt sowie die Archivierung der Probenmaterialien ­inklusive deren spätere Entsorgung.

Untersuchungsverfahren

Verfahren der Probenentnahme

Typischerweise erfolgt die Aufnahme von SARS-CoV-2-Viren über die oberen Atem- und Schluckwege. Diese Viren infizieren im Tierversuch vor allem respiratorische Epithelien, Pneumozyten vom Typ I und II sowie Epithelien der Speicheldrüsen. In diesen Zellen erfolgt auch die Virus-Replikation, gefolgt von der Virus-Freisetzung in das respiratorische Sekret beziehungsweise in den Speichel. Die frei gesetzten Viren können dann im Nasenvorhof, in der Nasenhaupthöhle, im Nasenrachen, im Oropharynx und im Speichel der Mundhöhle nachgewiesen werden.

Am höchsten ist der Virus-Load der oberen Atem- und Schluckwege – gemessen an der PCR-Zykluszahl – im pharyngealen Bereich, gefolgt von der Nasenhaupthöhle und der Mundhöhle. Bei pulmonaler Beteiligung ist auch ein hoher Virus-Load im Sputum nachweisbar.

Für die Probengewinnung aus dem Nasenvorhof, der Nasenhaupthöhle, dem Nasenrachen und dem Mundrachen eignet sich ein Abstrich mit dünnen Watteträgern; für die Gewinnung einer Speichelprobe aus der Mundhöhle eine Mundspülung. Dabei sollen vor allem keine Watteträger mit hölzernem Stiel verwendet werden. Referenzmethode für den Nachweis von SARS-CoV-2 ist der Nasenrachenabstrich.

Nasenvorhofabstrich, Nasenabstrich und Nasenrachenabstrich

• Nasenvorhofabstrich
Ein Abstrich aus dem Nasenvorhof wir auch Anterio-nasal-Test, Nasenbohrertest oder Anterior nares swab bezeichnet. Er eignet sich zum Selbsttest und ist für Kinder gut geeignet. Der Watte­träger wird im Sitzen einen Zentimeter tief in den Nasenvorhof eingeführt und mehrfach kreisförmig bewegt. Die Sensitivität (Nachweisgrenze) beträgt circa 80 Prozent des Nasenrachenabstrichs (Referenzmethode).


HINWEIS: Die wesentliche Fehlerquelle ist, dass der Watteträger zu tief eingeführt wird – insbesondere, wenn Kinder während der Abstrichentnahme herumlaufen und stürzen.


• Nasen- und Nasenrachenabstrich
Der Nasenabstrich wird auch als mid-turbinate swab bezeichnet; der Nasenrachenabstrich als nasopharyngealer Swab. ­Diese beiden Abstriche sollten von medizinischem Fach­personal entnommen werden. Erforderlich sind geeignete Schutzkleidung, FFP2-Maske, Schutzbrille oder Gesichtsschild sowie Unter­suchungshandschuhe. Eine Lichtquelle schräg hinter dem Unter­sucher ist günstig.

Untersucher und Proband sollen beim Abstrich „auf Augen­höhe“ sein: Entweder sollten beide stehen oder beide sitzen. Anders als das Center for Disease Control and Prevention empfehlen die Autoren nicht, dass der Proband den Kopf um 70 Grad nach rückwärts neigt, weil dann der Watteträger leicht zu steil nach superior in die Nase eingeführt wird. Die Empfehlung lautet: Der Proband soll den Kopf waagrecht halten, um den Watte­träger einzuführen. Mit dem Daumen wird die Nasenspitze leicht angehoben und leicht auf die Seite disloziert, auf der der Abstrich erfolgen soll. Dann wird der Watteträger horizontal und paramedian sagittal entlang des Nasenbodens eingeführt, langsam zwei- bis dreimal nach rechts und links gedreht und dann herausgezogen.

Beim Erwachsenen beträgt die Eindringtiefe für den Nasenabstrich drei Zentimeter, für den Nasenrachenabstrich fünf Zentimeter; bei Kindern ist es jeweils ein Zentimeter weniger. Reflektorisch kann es zum Niesen und Tränenfluss kommen.

Die Sensitivität des Nasenabstrichs beträgt rund 80 Prozent des Nasenrachenabstrichs (Referenzmethode) und war in mehreren Untersuchungen auch nicht besser als jene des Nasenvorhofabstrichs. Jedoch ist der Nasenabstrich deutlich belastender als der Nasenvorhofabstrich.


HINWEIS: Typische Fehler
• Der Watteträger wird nicht horizontal nach hinten, sondern schräg nach oben geführt. Es mussten bereits abgebrochene Anteile von Watteträgern aus den Weichteilen des Nasenrückens entfernt werden.
• Der Watteträger wird gegen einen Widerstand mit Druck nach hinten geschoben. Stößt man auf einen Widerstand, einfach die andere Nasenseite nehmen oder einen Mund­rachenabstrich durchführen.
• Ungünstige Lichtverhältnisse, besonders Gegenlicht.
• Der Proband neigt den Kopf zu weit nach hinten, wodurch der Watteträger eine falsche Richtung nach superior erhält. Kinn in Richtung Brust senken.
• Die Nasenspitze wird nicht angehoben, der Übergang vom Nasen­vorhof in die Nasenhaupthöhle kann nicht visualisiert werden.
• Watteträger wird nicht ausreichend tief eingeführt.


• Mundrachenabstrich
Für diesen Abstrich sollen die Watteträger des Herstellers verwendet werden; es können jedoch auch die gleichen Watteträger wie für den Nasenrachenabstrich verwendet werden.

Man lässt den Probanden den Mund öffnen, lokalisiert das Zäpfchen und von diesem ausgehend nach lateral den vorderen Gaumenbogen. Dann führt man den Watteträger hinter dem vorderen Gaumenbogen auf die laterale Rachenwand, dreht den Watteträger zwei- bis dreimal hin und her und zieht ihn wieder heraus.

Häufig verdecken die Probanden die Rachenenge durch unbewusstes und unwillkürliches Anheben der Zunge, sodass man das Zäpfchen und den vorderen Gaumenbogen nicht erkennen kann. Die Atmung erfolgt dabei durch die Nase. In diesem Fall bittet man den Probanden, sich die Nase mit einer Hand zuzuhalten und durch den Mund zu atmen. In dem Moment, in dem die Mundatmung einsetzt, fällt die Zunge nach unten, das Isthmus faucium öffnet sich: Man kann das Zäpfchen und den vorderen Gaumenbogen gut erkennen und den Abstrich ­gewinnen. Manchmal ist auch ein Holzspatel notwendig, um die Zunge herunter zu drücken. Oft ist auch bei Mund­atmung ein Mundrachenabstrich unter visueller Kontrolle nicht möglich. In diesem Fall kann eine Mundspülung (Gurgeltest) durchgeführt werden oder ein Nasenrachenabstrich entnommen werden.


HINWEIS: Fehlerquelle – Der Abstrich erfolgt aus der Mundhöhle und nicht aus dem Mundrachen.


• Mundspülung
Mundspülungen werden für Untersuchungen am Mundspeichel verwendet, wobei die Spüllösung mit dem Mundspeichel vermischt wird. Beim sogenannten Gurgeltest handelt es sich nur um eine Mundspülung.

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Gurgellösungen in den Mundrachen gelangen. Untersuchungen in den 1970er Jahren in Großbritannien mit ungiftiger Farbstofflösung haben gezeigt, dass die Gurgellösung ausschließlich die Mundschleimhaut benetzt und nicht in den Rachen gelangt. Demnach bietet das Gurgeln gegenüber dem Umwälzen der Spülflüssigkeit in der Mundhöhle zur bestmöglichen Vermischung mit dem Mundhöhlenspeichel keine Vorteile.

Die Spüllösung – meist eine Kochsalzlösung – wird ähnlich wie bei einer Weinprobe mehrmals in der Mundhöhle hin- und her- bewegt, anschließend mit Hilfe eines Transferröhrchens – ähnlich einem großvolumigen Trinkhalm – in ein Probenröhrchen übertragen. Die Mundspülung eignet sich zur Selbsttestung.


HINWEIS: Fehlerquellen
• Es wird zu wenig Spüllösung verwendet, also die vorgesehene Menge wird nicht vollständig in den Mund genommen.
• Die Mundspülung wird nicht ausreichend lang durch­geführt (je nach Herstellerangaben meist eine Minute).


Poolen von Proben

Beim Poolen/Pooling werden Teile von Einzelproben ­manuell oder von einem Roboter in einem Gefäß vermischt und als „Proben­pool“ zur Analyse gebracht. Mit der gleichzeitigen ­Analyse von mehreren Proben in einem Probenansatz (Pool) können Reagenzien eingespart und der Probendurchsatz erhöht ­werden.

Fällt ein Probenpool einer SARS-CoV-2-PCR positiv aus, müssen alle in diesem Pool zusammengefassten Proben einzeln analysiert werden. Dazu ist es notwendig, dass ein Teil der primären Patientenprobe als „Rückstellprobe“ weiterhin einzeln verfügbar gehalten wird. Je nach der Größe des Pools ist dabei mit einem Verlust an analytischer Sensitivität zu rechnen: Bei großen Probenpools ist sie hoch, bei kleinen Probenpools gering. Allerdings weisen alle praktischen Erfahrungen und bisherige wissenschaftliche Publikationen darauf hin, dass bei Poolingverfahren Assays mit einer hohen Sensitivität (niedriger Nachweisgrenze) verwendet werden müssen.

Aktuell gibt es keine Empfehlungen des Gesundheitsministeriums zur Anzahl der Einzelproben in Pools. Laut Bundesbeschaffungs-GmbH liegen die Poolgrößen in öffentlichen Vergaben derzeit zwischen fünf und zehn. Sie werden vom jeweiligen öffentlichen Auftraggeber unter Berücksichtigung der aktuellen Inzidenz festgelegt.

Analytik

Kurz nach der Entschlüsselung des SARS-CoV-2-Genoms Anfang 2020 entwickel­ten die Laboratorien erste eigene Testsysteme für den PCR-Nachweis von SARS-CoV-2. In weiterer Folge kamen kommerziell hergestellte Testsysteme für SARS-CoV-2-RT-qPCR auf den Markt.

Im medizinischen Setting unterscheidet man prinzipiell Labor-PCR-Systeme von Systemen zur patientennahen Sofortdiagnostik (Point of care; POCT). Labor-PCR-Systeme werden ausschließlich im medizinischen Fachlabor betrieben, wobei die erforderlichen Arbeitsschritte in verschiedenem Ausmaß automatisiert durchgeführt werden. POCT-Systeme sind definiert als Untersuchungen, die ohne Probenvorbereitung unmittelbar als Einzelprobenmessungen in einem geschlossenen System erfolgen. Aus den Ergebnissen werden unverzüglich weitere diagnostische oder therapeutische Konsequenzen abgeleitet.

Moderne SARS-CoV-2-Testsysteme verwenden für das SARS-CoV-2 typische Targets wie das E-, N-, S-, ORF1ab- und/oder das RdRp-Gen. In der Regel werden in einer PCR mehrere Targets gleichzeitig nachgewiesen, um die Aussagekraft der Methode zu erhöhen. So wird das Risiko minimiert, dass durch natürlich auftretende Mutationen die Virus-Sequenz derart stark verändert werden könnte, dass sie bei Verwendung eines einzelnen Targets unter Umständen dem PCR-Nachweis entgehen könnte. Durch mehrere Targets wird eine höchstmögliche Spezifität erreicht, indem verhindert wird, dass eine Gensequenz, die auch bei anderen eng verwandten Viren innerhalb der Corona-Virus-Familie vorhanden ist, erfasst und zu einem falsch positiven Ergebnis führen würde.

Im Gegensatz zu serologischen Untersuchungen (Antikörper-Nachweis) ist die PCR-Analytik unproblematisch im Hinblick auf Kreuzreaktionen. Bei der PCR-Analytik sind bei korrekter Durchführung allenfalls präanalytisch falsch negative (aufgrund der diffizilen Abnahmetechnik), jedoch kaum falsch positive Befunde zu erwarten, sofern entsprechende Hygienemaßnahmen eingehalten werden.

Interne PCR-Kontrollmechanismen

Für die Überwachung von einzelnen Analysengängen amplifizieren manche Testsysteme neben den für SARS-CoV-2 spezifischen Targets auch weitere Gen-Sequenzen, die entweder Bestandteil des Testkits sind oder aus dem Probenmaterial stammen. Erstere überprüfen ausschließlich die technisch korrekte Durchführung des einzelnen Analyse-Durchgangs und somit die Validität der Ergebnisse. Ist das Ergebnis der Amplifikation dieser internen Kontrolle negativ, ist das Testergebnis nicht beurteilbar und der ­Analyselauf muss wiederholt werden. Zweitere hingegen verwenden universelle menschliche Gensequenzen aus Schleimhautzellen. Diese werden bei der Materialabnahme mittels Abstrichtupfer oder Gurgeln ebenfalls entnommen. Sie gelten auch als Nachweis dafür, dass eine untersuchte Probe tatsächlich von einem Menschen abgenommen wurde. Dies ist besonders dann vorteilhaft, wenn die Probenentnahme wie bei den Gurgeltests selbstständig und ohne Aufsicht durchgeführt wird.

Mutationsspezifische SARS-CoV-2-PCR

Die mutationsspezifische PCR stellt eine besondere Form der SARS-CoV-2-PCR dar. Dabei werden SARS-CoV-2-positive Proben gezielt auf für Varianten typische Mutationen untersucht. Werden neue Varianten von SARS-CoV-2 beschrieben und von der WHO als relevant eingestuft, werden die für sie typischen Manifestationen veröffentlicht und die Behörden empfehlen deren standardmäßige Testung. Die mutationsspezifische SARS-CoV-2-PCR erlangte besonders im Zuge des Auftretens von neuen „besorgniserregenden“ Virusvarianten (Variants of Concern – VOC wie zuletzt Delta oder Omikron) besondere Bedeutung für die Virus-Surveillance.

Aus technischen Gründen ist für eine mutationsspezifische PCR eine höhere Viruslast in der Probe erforderlich als bei der PCR, die ausschließlich zum Nachwies von SARS-CoV-2 dient. Es kann also sein, dass eine Probe in der SARS-CoV-2-PCR zwar positiv ist, die mutationsspezifische PCR aber nicht ausgewertet werden kann. Steht der Betroffene eher am Beginn einer Erkrankung und die Virus­last steigt an, ist die Bestimmung der Variante nach wenigen Tagen durch eine neuerliche Materialabnahme und Analyse möglich.

Aktuelle SARS-CoV-2-RT-qPCR-Testsysteme

Das Angebot für SARS-CoV-2-Testsysteme ist im Vergleich zu Tests für andere Infektionserreger enorm groß und vielfältig. In Österreich waren vom Frühjahr 2020 bis Herbst 2021 mehr als 100 verschiedene Typen von Test-Systemen (Kombinationen von Reagenzien und PCR-Plattformen) im Einsatz; nur wenige davon sind POCT-Systeme. Im Rahmen von externen Qualitätskontrollen der ÖQUASTA (Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Standardisierung medizinisch-diagnostischer Untersuchungen) wiesen 70 Testsysteme kein einziges falsch negatives Ergebnis aus. Andere ergaben wenige oder einige, vereinzelte Test-Systeme auch 100 Prozent falsch negative Ergebnisse.

Falsch positive Ergebnisse gab es vereinzelt; in Summe aber deutlich unter einem Prozent.

Postanalytik: Interpretation der PCR

Ein positives PCR-Testergebnis gilt als Nachweis von SARS-CoV-2 im Probenmaterial, denn nur bei Vorhandensein von Virus-Genom in der Probe ist eine Amplifikation der Virus-Zielsequenz möglich. Umgekehrt schließt jedoch ein negatives Ergebnis eine Infektion der untersuchten Person nicht aus, da mehrere Faktoren auf die Qualität des Probenmaterials Einfluss haben und zu falsch negativen Ergebnissen führen können. Zu diesen Faktoren zählen das Verhalten der Person von der Probenabnahme (Mundspülung), die nicht standardisierte Probenabnahmetechnik sowie die Behandlung des Probenmaterials von der Abnahme bis zur Untersuchung. Aus diesen Gründen bedeutet sowohl bei asymptomatischen Personen als auch bei symptomatischen Patienten ein negatives Ergebnis der SARS-CoV-2-PCR nicht den sicheren Ausschluss einer SARS-CoV-2-Infektion.


HINWEIS: Labor-Ergebnisse müssen immer in Zusammenschau mit der Klinik und allenfalls mit bildgebenden Verfahren und SARS-CoV-2-Antikörpern behandelt werden.


Die Situation der Pandemie bedingt, dass der falsch negative Befund das kritische Ereignis darstellt – nicht der falsch positive. Der falsch positive Befund ist für die einzelne Person unangenehm, weil daraus persönliche Konsequenzen entstehen, die aber durch Wiederholung einer Bestimmung limitiert werden können. Bei falsch negativen Ergebnissen besteht im Prozess eine sehr geringe Entdeckungswahrscheinlichkeit. Die meisten Fehler, die im Zuge der präanalytischen Maßnahmen geschehen können, haben negative Befunde zur Folge.

Aussagekraft von Ct-Werten

Zusammen mit einem positiven SARS-CoV-2-Testergebnis werden bei einem PCR-Befund üblicherweise auch die Ct-Werte angeführt. Da mehrere Targets erfasst werden, wird entweder für jedes einzelne der Ct-Wert angegeben (also mehrere auch voneinander gering unterschiedliche Einzelwerte) oder es wird der Mittelwert aus mehreren Target-spezifischen Ct-Werten errechnet, wie es vollautomatische Systeme machen.


HINWEIS: Da der Ct-Wert umgekehrt proportional zur Anzahl der Viren im Untersuchungsmaterial ist, zeigt ein hoher Ct-Wert eine niedrige Viruslast und ein niedriger Ct-Wert eine hohe Viruslast an.


Zwei Faktoren beeinflussen den Ct-Wert einer Probe wesentlich: die Qualität der Probengewinnung und die Qualität des Analyseverfahrens. Die Probengewinnung erfolgt nicht standardisiert: Weder mittels Abstrichtupfer noch beim Gurgeln wird ein einheitliches Volumen des Nasen-Rachen-Sekrets aufgenommen. Ebenso haben der Ort der Probenentnahme (Nasenraum, Nasenrachen, Rachen) und die Dauer des Kontakts des Abstrichtupfers mit der Schleimhaut wesentlichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Probenmaterials und somit auf die darin enthaltene Viruslast. Dazu kommt als zusätzlicher Unsicherheitsfaktor, dass Ct-Werte spezifisch für Test-Systeme sind, das heißt: dass für dieselbe Probe von unterschiedlichen Testsystemen deutlich unterschiedliche Ct-Werte angegeben werden. Bei den meisten Testsystemen ist die Reproduzierbarkeit der Ct-Werte (zweimalige Bestimmung in der gleichen positiven ­Probe) hingegen gut.

Seit Ende 2020 sind standardisierte Materialien mit bekannter Anzahl von Viren pro Volumseinheit verfügbar. Anhand derer können die Ct-Werte von Proben in eine orientierende Anzahl darin enthaltener Viren umgerechnet werden. Das ermöglicht die Vergleichbarkeit von quantitativen Ergebnissen unterschiedlicher PCR-Systeme.

Abnahmeverfahren und Abnahmetechniken können jedoch nicht standardisiert werden. Somit bleibt ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor zur Quantifizierung der Viruslast beim Probanden beziehungsweise auf seiner Nasenrachen-Schleimhaut.


HINWEIS: Auch das beste Laborverfahren kann schlechtes Probenmaterial nicht kompensieren.

Quelle:
Griesmacher et al, Analytische, diagnostische und rechtliche Aspekte der SARS-CoV-2-­PCR, DAG 1/2022, S 3ff.; gekürzte Version.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 07 / 10.04.2022