BKAÄ: Enquete – Wie viel Personal braucht das Spital?

11.10.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Bundeskurie der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer lud am 22. September gemeinsam mit der Medizinischen Universität Wien zur Enquete „Wieviel Personal braucht das Spital?“ – zahlreiche Experten aus Spitalswesen, Medizin, Gesundheitspolitik und Forschung kamen und sorgten für konstruktiven Dialog und lebhafte Diskussionen.

„Mit der Enquete wollten wir alle wichtigen Stakeholder zusammenbringen und zeigen, dass es genügend Expertise im Land gibt, die nur genutzt werden muss, um im Spitalsbereich Lösungen für die vielen anstehenden Probleme zu skizzieren, diskutieren und anzugehen – das ist uns in einem ersten Schritt sehr gut gelungen. Es wurden Probleme und Lösungen aufgezeigt. Diese müssen von der Politik jetzt nur noch ernst genommen und umgesetzt werden“, resümierte Harald Mayer, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer, zufrieden.

Nach den Referaten von Mayer selbst zum Thema Ärztemangel und wie man diesen erfolgreich bekämpfen könnte, ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart – der sich die Frage stellte, wohin das österreichische Gesundheitssystem steuert, ob in die Champions League oder in die Bezirksliga – sowie von MedUni Wien-Rektor Markus Müller, Martin Rupprecht (Personaldirektor, Oberösterreichische Gesundheitsholding GmbH) und Werner Fischl (Geschäftsführer der PremiQaMed Privatkliniken), ergab sich eine sehr lebhafte Diskussion mit dem hochkarätig besetzten Auditorium im Van Swieten-Saal der MedUni Wien. Rektor Müller hatte zuvor über die passende Zahl an Medizinabsolventen in Österreich gesprochen, Rupprecht zum Thema „Die kollektive Personaldepression – oder was sagen die Fakten?“ referiert und Fischls Vortrag drehte sich um „Personalnotstand: Mit Arbeitgeberattraktivität aus der Sackgasse“.

ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart forderte in seinem Vortrag die Entkopplung der Gesundheitsausgaben vom BIP und weitere dringende Investitionen ins Gesundheitssystem: „Wir stehen jetzt an der Weggabelung: Wollen wir ein Gesundheitssystem auf Champions-League-Niveau oder doch lieber in der Bezirksliga verharren?“ Zudem regte Steinhart an, auch im Spitalsbereich konkrete strukturelle Debatten zu führen – wie sie bereits im niedergelassenen Bereich seit Jahren geführt werden – und auch die ökonomischen Wahrheiten zu bedenken und zu hinterfragen, ob ein Spital überhaupt kostendeckend führbar ist: „Aus meiner Sicht und Erfahrung befindet sich die Kostenrechnung für ein Spital in einer gewaltigen Schieflage. Wir sollten uns die Frage stellen, was ein optimal ausgestattetes Spital braucht und ob es wirklich a priori dazu da ist, sich selbst zu finanzieren! Oder darf Medizin auf Top-Niveau auch etwas kosten? Wollen und können wir uns das leisten?“

Mayer unterstrich, wie wichtig es ist, in die wichtigste Ressource im Spital, das Personal, zu investieren und dieses richtig einzusetzen: „Das Personal im Spital ist das Nadelöhr in der Gesundheitsversorgung. Wir müssen Anreize schaffen, dass der Ärztenachwuchs motiviert ist, in Österreich überhaupt den Arztberuf ergreifen zu wollen – mit zeitgemäßen Arbeitszeitmodellen und klaren Zukunftsperspektiven, der bestmöglichen Ausbildung, einer Entlohnung, die auch einem internationalen Vergleich standhält und viel mehr Wertschätzung und Respekt.“ Vor allem müsse endlich eine längst überfällige Ausbildungsoffensive gestartet werden, die von der Bundeskurie der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer seit Jahren gefordert werde und die u.a. die Einsetzung eines Ausbildungsoberarztes an jeder Abteilung, an der ausgebildet wird, vorsieht: „Das wäre ein wichtiges Zeichen an die Jungen, dass man Ausbildung ernst nimmt und wir sie bei uns haben wollen.“

Die Bundeskurie für angestellte Ärzte plant ob des Erfolgs dieser ersten Spitals-Enquete für Frühjahr 2023 die nächste Diskussionsveranstaltung im Rahmen der Vortragsreihe „Evolution Spital“. „Wir wollen hier dranbleiben und alle wichtigen Stakeholder immer wieder für den konstruktiven Dialog zusammenbringen, damit bei diesem wichtigen Thema in Österreich endlich etwas weitergeht und die Politik zwingen, das Zuwarten und sich für unzuständig zu erklären endlich zu beenden und so schnell wie möglich aktiv zu werden“, betonte Mayer.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2022