Kurz und informativ: Politische Kurzmeldungen

25.04.2021 | Politik


Sterbehilfe: Justizministerium richtet „Dialogforum“ ein

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), wonach die Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid unzulässig ist, hat das Justizministerium nun zu einem „Dialogforum Sterbehilfe“ geladen. Dabei soll besprochen werden, wie man mit der neuen Situation umgehen will und welche rechtlichen Anpassungen vorgenommen werden sollen. Das Dialogforum wird online ab 26. April abgehalten und eine Woche dauern. Rund 25 Organisationen und Personen, darunter Vertreter der anerkannten Religionsgemeinschaften und deren Hilfsorganisationen, die Ärztekammer, Pflegeeinrichtungen, Universitäten sowie der Verfassungsdienst und das Sozialministerium, wurden eingeladen. Der VfGH hat in seinem Urteil vom Dezember 2020 befunden, dass der Straftatbestand der „Hilfeleistung zum Selbstmord“ gegen das Recht auf Selbstbestimmung verstößt; es sei verfassungswidrig, jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten. Tötung auf Verlangen bleibt weiterhin strafbar. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hatte bereits angekündigt, dass das entsprechende Gesetz bis zum  Sommer dieses Jahres kommen soll.

Polio: Pakistan startet Impfkampagne

Pakistan hat neuerlich – trotz steigender Corona-Zahlen – eine Polio-Impfkampagne gestartet. Rund 285.000 Helfer sollen rund 40 Millionen Kinder unter fünf Jahren innerhalb von fünf Tagen impfen. Man sei aber entschlossen, wichtige Gesundheitsdienstleistungen „auch in diesen schwierigen Zeiten“ sicherzustellen, wie der Sonderbeauftrage für Gesundheit, Faisal Sultan, zum Start der Kampagne mitteilte. Wegen Corona waren Polio-Impfkampagnen unterbrochen worden. Den Angaben der Global Polio Eradication Initiative zufolge sind Pakistan und Afghanistan die einzigen Länder, in denen im Vorjahr und auch dieses Jahr Fälle mit dem Polio-Wildtyp registriert wurden.

1 Fall

einer Influenza-Infektion wurde dieses Jahr in Österreich registriert – und zwar in der Kalenderwoche 4. Ein weiterer, zuvor aufgetretener Fall, stand mit einer Einreise nach Österreich in Zusammenhang. Allein in der Influenza-Saison 2019/2020 wurden in Österreich 834 Todesfälle verzeichnet.

Sri Lanka verbietet Palmöl

Sri Lanka verbietet mit sofortiger Wirkung den Anbau und den Import von Palmöl. Die Zahl der Palmölplantagen, die derzeit 18.000 Tonnen Palmöl produzieren, soll jährlich um zehn Prozent reduziert und Palmöl durch Kautschuk oder andere umweltfreundliche Pflanzen ersetzt werden. Vor allem aus Indonesien und Malaysia importiert Sri Lanka jährlich 200.000 Tonnen Palmöl, das bei Backwaren, Tierfutter und Seifen eingesetzt wird.

New York legalisiert Cannabis

Der US-Bundesstaat New York hat kürzlich den Gebrauch von Cannabis als Genussmittel legalisiert. Damit sind Erwachsenen ab 21 Jahren der Besitz von 85 Gramm Cannabis und der Anbau für den eigenen Konsum erlaubt. Das Cannabis-Verbot habe laut dem zuständigen Gouverneur Andrew Cuomo die nicht-weiße Bevölkerung bislang mit Verurteilungen und Gefängnisstrafen „unverhältnismäßig stark“ getroffen. Mit der Legalisierung sollen frühere Verurteilungen in diesem Zusammenhang aus den Registern gelöscht werden.

Italien: COVID-Impfpflicht für Gesundheitspersonal

Eine Verordnung für eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal inklusive Ärzte mit Ordination und Apotheker hat kürzlich der Ministerrat in Rom verabschiedet. Die Impfung kann nur bei nachgewiesener Gesundheitsgefährdung ausgesetzt werden. Regionen und Provinzen müssen Ungeimpfte melden. Impfverweigerer können Aufgaben ohne Patientenkontakt übernehmen; ist dies nicht möglich, werden sie bis Ende des Jahres vom Dienst suspendiert.

Frankreich: Schuldspruch im Prozess um Appetitzügler

Im sogenannten Mediator-Prozess wurde der französische Pharmakonzern Servier der schweren Täuschung, fahrlässigen Körperverletzung und Tötung schuldig gesprochen. Das Unternehmen erhielt eine Geldstrafe in der Höhe von 2,7 Millionen Euro und muss den Opfern knapp 160 Millionen Euro Entschädigung zahlen. Der Mitte 1970 für die Behandlung von Diabetes mellitus eingeführte Wirkstoff Mediator wurde häufig auch als Appetitzügler verschrieben. Allein in Frankreich soll es durch Herz- und Kreislaufschäden den Tod von 500 Personen verursacht haben. Die Mediator-Affäre gilt als einer der größten französischen Gesundheitsskandale; der Prozess hatte bereits im Herbst 2019 begonnen.


PERSONEN

Der Wiener Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein (Die Grünen) ist am 19. April 2021 als neuer Gesundheits- und Sozialminister angelobt worden. Der 46-Jährige ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Mückstein leitete bislang das erste Wiener Primärversorgungszentrum; seit mehr als zehn Jahren ist er Referent für Gruppenpraxen und neue Organisationsformen in der Ärztekammer Wien. Bei den Regierungsverhandlungen war Mückstein in den Gesprächen zum Gesundheits- und Sozialbereich eingebunden.


Paul-Watzlawick-Ehrenring für Peter Klimek und Stefan Thurner

Die beiden Komplexitätsforscher Assoc. Prof. Peter Klimek (links) und Univ. Prof. Stefan Thurner (rechts) werden mit dem Paul-Watzlawick-Ehrenring 2021 der Wiener Ärztekammer ausgezeichnet. „Es ist faszinierend, was die beiden leisten und wie sie weit über die Erforschung der Gründe für die Verbreitung von Krankheiten hinaus komplexe Systeme miteinander in Beziehung setzen und damit wesentliche Probleme, auf die unsere Gesellschaft zusteuert, frühzeitig erkennen können“, so die Begründung der Jury. Der Paul-Watzlawick-Ehrenring wird seit 2008 vergeben und zählt zu den renommiertesten Wissenschafts-Awards; die Verleihung soll am 7. Oktober 2021 stattfinden.

Defekte Verhütungsspirale: Sammelklage ausgeweitet

Der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV) hat seine Sammelklage gegen den spanischen Medizinproduktehersteller Eurogine nun auch auf Deutschland und die Schweiz ausgeweitet. Durch einen Materialfehler bei einer von diesem Unternehmen produzierten Verhütungsspirale kommt es vermehrt zu Brüchen der Seitenarme der Spirale bei der Kontrolle oder Entnahme; auch Spontanbrüche während der Menstruation sind möglich. In Österreich haben sich bisher 500 Frauen gemeldet. Der in Barcelona ansässige Medizinproduktehersteller hat seine Spiralen in 50 Länder geliefert.

Vorarlberg: Drogenmonitoring mittels Abwasseranalyse

In den urbaneren Gebieten von Vorarlberg werden mehr illegale Suchtmittel konsumiert, in ländlichen Gegenden wird mehr Alkohol getrunken. Das zeigt eine österreichweite Abwasseranalyse, im Zuge derer die 17 größten Kläranlagen in Vorarlberg, an die 78 Gemeinden angeschlossen sind, einbezogen wurden. Eine Woche lang wurden im Abstand von 24 Stunden Proben entnommen und am Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck untersucht. Bei den illegalen Drogen steht weiterhin Cannabis an der Spitze; bei den stimulierenden illegalen Substanzen sind es Kokain, Amphetamin und Ecstasy. Weiter rückläufig ist der Trend bei Heroin. „Der Suchtmittelkonsum stellt damit klar ein Vorarlberger Problem dar und ist kein temporäres oder importiertes Phänomen“, erklärte Philipp Kloimstein, ärztlicher Leiter der Stiftung Maria Ebene.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2021