Im Fokus: Riech- & Schmeckstörungen

11.10.2021 | Politik

1 Epidemiologie

Rund 20 Prozent der Bevölkerung im jüngeren und mittleren Lebensalter sowie 25 Prozent im höheren Lebensalter leiden an Hyposmie. Männer sind häufiger, Frauen später betroffen. Bei Schmeckstörungen (Dysgeusie) liegt die Inzidenz zwischen zwei und fünf Prozent. Am häufigsten sind qualitative Schmeckstörungen mit 34 Prozent.

2 Ursachen & Diagnose

Schädel-Hirn-Traumen und Infektionen sind die häufigsten Ursachen. Ebenso können sinunasale Erkrankungen und die Exposition gegenüber toxischen Substanzen, Operationen, Bestrahlungen, Arzneimittel oder das Burning-Mouth-Syndrom (BMS) zu Riech-/Schmeckstörungen führen. Für die Evaluierung des Schmeckvermögens kommt vor allem die Drei-Tropfen-Methode zum Einsatz, mit der die Erkennung von ‚süß‘, ‚sauer‘, ‚salzig‘ und ‚bitter‘ bestimmt wird. Riechstörungen werden primär mit dem Sniffin’Sticks-Test (mit Geruchsstoffen befüllte Filzstifte) diagnostiziert.

3 Riechstörung & Parkinson

Riechstörungen treten als Frühsymptom des idiopathischen Parkinson-Syndroms (95 Prozent) und der Alzheimer-Demenz auf. Dieser oft unbemerkte progredient auftretende Verlust geht den motorischen Symptomen ungefähr vier bis sechs Jahre voraus. Treten gleichzeitig depressive Symptome auf, kann die olfaktorische Störung auf ein beginnendes Parkinson-Syndrom hinweisen. Auch die Lewy-Body-Demenz geht mit schwerwiegenden Riechstörungen einher.

4 Bioelektrische Nase

In Tierversuchen konnten Ratten mit einer bioelektrischen Nase in Tests zwischen Geruchsqualitäten unterscheiden; allerdings hatten sie Schwierigkeiten mit Duftgemischen und Duftkonzentrationen. Bioelektrische Nasen sind ergänzend zum Riechtraining, zu medikamentösen Therapien und der transkraniellen Magnetstimulation mit direkter elektrischer Stimulation des Bulbus olfactorius, der Transplantation von Riechschleimhaut oder Stammzellen weitere therapeutische Optionen der Zukunft.

5 SARS-CoV-2 & Geruchssinn

Etwas mehr als 40 Prozent der COVID-19-Patienten weisen eine Veränderung des Geruchs- oder Geschmackssinns auf. Nach etwa sechs Monaten sind mehr als 90 Prozent geheilt. Vermutlich befällt das Corona-Virus das Geruchssystem direkt und die Neuronen des Geruchsystems sterben ab. Beschleunigen lässt sich die Restitution des Geruchssinns durch Übungen mit Duftnoten wie Rose, Zitrone, Eukalyptus und Gewürznelke. Betroffene sollten täglich morgens und abends je eine halbe Minute an diesen Düften schnuppern.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2021