Im Fokus: Herdenimmunität

25.01.2021 | Politik

1. Indirekter Krankheitsschutz

Herdenimmunität (Herdenschutz, Gemeinschaftsschutz) ist der indirekte Schutz vor Ansteckung für nicht-immune Individuen. Dies kann durch eine breite Durchimpfung oder durchlebte Infektionen mit darauffolgender Immunität erzielt werden. Der Begriff Herdenimmunität ist von der individuellen Immunität abzugrenzen.

2. Schwellenwert der Immunität

Übersteigt der Schwellenwert der Immunität in einer Bevölkerung ein gewisses Maß, bricht die Erreger-Population mangels Replikation zusammen. Der Schwellenwert hängt von der Basis-Reproduktionszahl ab. So tritt beispielsweise bei Masern (R0 12-18) ein Herdeneffekt ein, wenn 95 Prozent immunisiert sind. In Österreich verfügen nur knapp 70 Prozent der 15- bis 30-Jährigen über einen kompletten Impfschutz mit zwei Dosen.

3. Individual- versus Gemeinschaftsschutz

Laut Robert Koch Institut (RKI) ergaben mathematische Modelle, dass erst bei einer Immunität von etwa 70 Prozent in der Bevölkerung die Übertragung von SARS-CoV-2 soweit limitiert ist, dass ein Gemeinschaftsschutz besteht. Jedoch kann derzeit nicht vorhergesagt werden, inwieweit eine Immunität die Virus-Transmission unterbindet oder reduzieren kann.

4. Besondere Personengruppen

Gemeinschaftsschutz ist besonders relevant, wenn wie etwa bei Immunsuppression nicht wirksam geimpft werden kann. Neugeborene und Schwangere sind auch auf Herdenschutz angewiesen. Nach derzeitigem Stand wird schwangeren Frauen die Impfung mit den neuartigen mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 nicht empfohlen.

5. Eradikation als Best-Case

Im günstigsten Fall kann ein Erreger so weit zurückgedrängt werden, dass er endemisch nicht mehr vorkommt. So führte bei den Pocken ein globales Impfprogramm dazu, dass die WHO 1980 die Welt für Pocken-frei erklärte. Das konnte auch bei Poliomyelitis fast erreicht werden, wobei u.a. Re-Importe immer wieder zu Ausbrüchen führen. Die von der WHO vorgegebene Eradikation der Masern wurde bislang in Australien, den USA und Skandinavien erzielt.

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2021