Ehrenzeichen: Christoph Huber und Uğur Şahin geehrt

27.09.2021 | Politik

Univ. Prof. Christoph Huber und Univ. Prof. Uğur Şahin haben für die Entwicklung des weltweit ersten Corona-Impfstoffs das Große Ehrenzeichen der Österreichischen Ärztekammer erhalten.
Agnes M. Mühlgassner

Als Persönlichkeit, die „Besonderes geleistet hat: nicht nur für dieses Land, sondern für die ganze Welt“ – begrüßte ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres einen der beiden Entwickler der mRNA-Impfstoffes, Univ. Prof. Christoph Huber, Mitte September in den Räumlichkeiten der Österreichischen Ärztekammer in Wien. Huber und Univ. Prof. Uğur Şahin, der persönlich nicht anwesend sein konnte, wurden in einem feierlichen Rahmen für ihre Leistungen gewürdigt.

Er, Szekeres, habe Huber vor rund einem Jahr bei einem Kongress kennengelernt und er sei „ziemlich beeindruckt gewesen. Ich habe daran geglaubt, dass er es schaffen kann“. Damals – Ende August, Anfang September 2020 – begannen gerade die ersten klinischen Studien mit dem von Christoph Huber und Uğur Şahin entwickelten mRNA-Impfstoff, dem aus dem mRNA-Impfstoffkandidaten BNT162b2 hervorgegangenen weltweit ersten Corona-Impfstoff.

Als Hämatologe und Onkologe mit den Forschungsschwerpunkten Bekämpfung von Tumoren und Stammzelltransplantation genieße Huber international herausragende Reputation, betonte der ÖÄK-Präsident. Für Szekeres selbst stelle es „eine große Freude“ dar, Christoph Huber das Große Ehrenzeichen der Österreichischen Ärztekammer zu verleihen.

Er sei „tief berührt“ von dieser Auszeichnung und Würdigung, sagte Christoph Huber im Anschluss an die Verleihung. Und weiter: „Die Sehnsucht, die uns alle verbindet, ist, Menschen zu helfen“. Dies sei so ein Beispiel, aus der Forschung einen Beitrag zu leisten. Wie es die „wunderbare Geschichte des Impferfolgs“ überhaupt verdienen würde, wieder in die Köpfe der Allgemeinheit zu bekommen.

Der Weg zum Erfolg

1944 in Wien geboren, studierte Huber Medizin an der Universität Innsbruck und absolvierte die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin an der Universitätsklinik Innsbruck. Die Ausbildung in klinischer Knochenmarkstransplantation erfolgte am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle, Washington. Wieder zurück in Österreich gründete er im Jahr 1983 eine der ersten Einrichtungen für Stammzelltransplantation und leitete diese. 1986 erfolgte die Ernennung zum Professor für klinische Immunbiologie und zum Leiter der gleichnamigen Abteilung an der Universität Innsbruck. 1990 wurde er nach Mainz berufen: als Ordinarius für Innere Medizin und Leiter der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. Forschungsschwerpunkte des Hämatologen, Onkologen und Immunologen Huber waren die Tumorabwehr sowie die Stammzelltransplantation.

In Mainz kreuzten sich die Wege von Huber und Şahin. Şahin – 1965 in der Türkei geboren – kam als Vierjähriger mit seiner Mutter nach Deutschland, wo sein Vater bei den Ford-Werken in Köln beschäftigt war. Als erstes türkisch-stämmiges Gastarbeiterkind am Gymnasium Köln-Niehl, für das man ihm ursprünglich den Zugang verwehren wollte, absolvierte er sein Abitur, nachdem er schon in den Leistungskursen Mathematik und Chemie jeweils Jahrgangsbester war. Das Medizinstudium an der Universität Köln beendete er „Summa cum laude“ mit der Arbeit über „Bispezifische monoklonale Antikörper zur Aktivierung von Zytostatikavorstufen an Tumorzellen“. Durch den Wechsel an die Universität des Saarlandes, wohin er seinem Doktorvater folgt, lernt er seine spätere Frau Özlem Tureci kennen. Şahin wird Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie. 2001 wechselt Şahin nach Mainz, wo er in verschiedenen leitenden Positionen an der Identifizierung und Charakterisierung von neuen Antigenen für die Immuntherapie von Karzinomen arbeitet mit dem Ziel, einen Impfstoff gegen Krebs auf RNA-Basis zu entwickeln.

„Uğur und Özlem waren meine Fellows“, sagt Christoph Huber. Er habe sie wegen ihrer „hervorragenden Forschungsbeiträge und aufgrund ihrer Persönlichkeit“ rekrutiert. Uğur bezeichnet er als einen der „führenden Biotechnologieentwickler von einer unglaublichen Stärke“, Özlem als die „perfekte Umsetzerin der klinischen Studien“. Für ihn, Huber, übriggeblieben sei ein gewisses Mentorship und „die eine oder andere Idee“.

Huber und Şahin können jeweils auf mehrere hunderte wissenschaftliche Publikationen verweisen ebenso auch auf zahllose Ehrungen. So wurde Christoph Huber in Anerkennung für seine herausragenden Verdienste um die Erforschung und Bekämpfung von Krebs u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet (2015) sowie mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (2020). Uğur Şahin erhielt u.a. den Deutschen Krebspreis (2019) für seine wegweisenden Arbeiten zu individualisierten Krebsimmuntherapien, besonders für die Entwicklung und klinische Erprobung von mRNA-basierten Impfstoffen sowie das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2021).

Christoph Huber emeritierte 2009, Şahin hat an der Universitätsmedizin Mainz eine Professur für Translationale Onkologie und Immunologie inne und ist stellvertretender Leiter des Universitären Centrums für Tumorerkrankungen Mainz.

2008 gründeten Huber, Şahin und Tureci die Firma BioNTech, einen Spezialanbieter von personalisierten Krebs-Immunotherapeutika, mit Sitz in Mainz. Die damalige Entscheidung, eine Firma zu gründen, bezeichnete Thomas Szekeres in seiner Laudatio als „kühne Sache“. Er habe „größten Respekt“ vor dem Geschick, eine Firma zu gründen und als erste Firma einen Impfstoff gegen Corona auf den Markt zu bringen – „eine wissenschaftliche Großtat, die man in dieser Form noch nicht erlebt hat“, so Szekeres.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 /25.09.2021