Kurz und informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.05.2021 | Medizin

Warnung vor Farbstoff E 171

Die europäische Lebensmittelbehörde (European Food Safety Authority, EFSA) stuft den Lebensmittelzusatzstoff Titandioxid (E 171) als ‚nicht sicher‘ ein, da er Veränderungen in der DNA bewirken und somit Karzinome die Folge sein können. Titan ist ein natürlich vorkommendes Metall. In der Lebensmittelindustrie wird das weiße, sehr beständige Titandioxid in Form von Nanopartikeln eingesetzt – etwa in Dragees, Kaugummis, Backzubehör und in weißem Fondant. E 171 kommt auch in Kosmetika – vor allem in Sonnenschutzmitteln – sowie in Farben und Medikamenten vor. Diese Risiko-Neubewertung bezieht sich ausschließlich auf die Verwendung von Titandioxid in Lebensmitteln. APA/EFSA

Frühchen: auch als Teenager schwächere Impulskontrolle

Extreme Frühchen – sie kommen noch vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt – weisen noch beim Übergang zum Teenager-Alter eine schwächere Impulskontrolle als zum Termin geborene Kinder auf. In Go/NoGo-Aufgaben hat ein Team um den Sportwissenschafter Sebastian Ludyga von der Universität Basel die Impulskontrolle von 54 sehr früh geborenen Kindern zwischen neun und 13 Jahren mit gleichaltrigen – termingerecht geborenen – Kindern untersucht. Sie mussten bei bestimmten Signalen entweder einen Knopf rasch drücken oder dem Impuls widerstehen. Dabei maßen die Forscher die Hirnströme und sahen, dass Frühchen den Impuls aufgrund einer weniger fokussierten Aufmerksamkeit schwerer unterdrücken konnten. Hier besteht auch ein enger Zusammenhang mit der motorischen Geschicklichkeit: je größer die Defizite der Frühchen, desto schwächer die Impulskontrolle. Wiesen die Frühgeborenen allerdings gut entwickelte motorische Fähigkeiten auf, war ihre Impulskontrolle ähnlich denen in der Vergleichsgruppe. Eine eingeschränkte Impulskontrolle könne Bildungschancen einschränken, so Ludyga. APA/Developmental Cognitive Neuroscience

5 Gramm

lautet die Empfehlung der WHO als Tagesobergrenze für den Konsum von Salz. Bis 2025 sollte der Salzkonsum der Menschen um 30 Prozent reduziert werden. Jedoch liegt der jährliche Rückgang bei nur 0,2 Prozent statt der nötigen 2,4 Prozent.

Nachhaltige Verpackung aus Garnelen

Durch eine Beschichtung mit Bio-Polymeren aus Algen oder Garnelenschalen könnten luft- und wasserdichte Verpackungsmaterialen hergestellt werden. Dieses umweltfreundliche Beschichtungsverfahren hat Dipl. Ing. Samir Kopacic vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der Technischen Universität Graz entwickelt. In dem vom FFW geförderten Projekt „PapSpray“ verwenden Kopacic und seine Partner aus der Papierindustrie erneuerbare Biomasse aus dem Wald, aus Algen, Garnelenschalen, Kartoffelstärke oder Polymilchsäure aus Getreide. „Wir testen nun die Tauglichkeit von Sprühbeschichtungsverfahren und untersuchen, wie Biopolymere auf Papier aufgesprüht werden müssen, um die gewünschten Barriere-Eigenschaften zu bekommen“, so Kopacic. Dabei wird ein interdisziplinäres Team aus analytischen Chemikern, Maschinenbauern, Lebensmittelchemikern und Laborpersonal Tröpfchenbildung, Tropfenaufprall, die Homogenität des Sprühstrahls und die Benetzung der Papieroberfläche untersuchen. Auch soll das Material im Hinblick auf Recyclefähigkeit und Kompostierbarkeit untersucht werden. APA

COVID-19: T-Zellen als Marker für Schweregrad

Anhand der Zahl der zytotoxischen T-Zellen lässt sich die Schwere einer COVID-19-Erkrankung mit hoher Sicherheit voraussagen. Das fanden Forscher um den Immunologen Prof. Burkhard Becher vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich in Kooperation mit Wissenschaftern aus Tübingen, Toulouse und Nantes heraus. Bereits am „Tag der Aufnahme ins Spital“ sei laut Becher diese Voraussage möglich, da zytotoxische Zellen Teil der frühen Immunabwehr sind. APA/Universität Zürich

Lokale Ionenpumpe bei Glioblastom

Die bisher intravenöse Chemotherapie bei Glioblastomen könnte künftig über eine lokale Ionenpumpe unter Umgehung der Blut-Hirn-Schranke erfolgen. Den Prototyp hat ein Team um Maria Seitanidou von der Universität Linköping in Schweden in Kooperation mit den Biophysikern Linda Waldherr und Rainer Schindl vom Institut für Biophysik sowie Neurochirurgen um Priv. Doz. Silke Patz von der Universitätsklinik für Neurchirurgie der Medizinischen Universität Graz entwickelt. An einem dreidimensional gezüchteten Tumorzellhaufen ist den Forschern der Nachweis gelungen. Das Ionenpumpen-Implantat könnte bei der ohnehin erforderlichen Operation eingesetzt und unter der Haut zu einer Steuereinheit verkabelt werden – wie bei einem Herzschrittmacher. Die Aktivierung des Implantats erfolgt kontaktlos und mittels Ionenpumpe kann Gemcitabin lokal verabreicht werden. Auf diese Weise kann auch die Menge des Chemotherapeutikums entsprechend reduziert werden. Den Aussagen von Waldherr zufolge ist geplant, das Prinzip auch auf andere Tumorarten auszuweiten. APA/Advanced Material Technology

Präeklampsie-Prophylaxe: Aspirin individuell dosieren

Erfolgt die Dosisanpassung von Acetylsalicylsäure (ASS) mit Hilfe von Thrombozytenfunktionstests individuell, stellt dies eine bessere Präeklampsie-Prophylaxe dar. Das fand ein Team um Christina Stern von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Medizinischen Universität Graz heraus. Die Forscher setzten über einen Zeitraum von drei Jahren Aspirin in unterschiedlicher Dosierung als Prophylaxe bei 248 Schwangeren mit einem hohen Präeklampsie-Risiko ein. Dabei wurde die Thrombozytenhemmung mittels Lichttransmissionsaggregometrie (LTA) überwacht. Bei unzureichender Hemmung wurde die Dosis von 100 Milligramm auf 150 als Obergrenze erhöht. Ergebnis: Trotz dieser Maximaldosis wies mehr als ein Drittel der Schwangeren eine ineffektive Hemmung auf; lediglich bei 39,7 Prozent war sie ausreichend. Diese Frauen könnten möglicherweise von einer weiteren Erhöhung der Aspirindosis profitieren, so die Forscher. APA/Journal of Reproductive Medicine

SARS-CoV-2: Mundspray eliminiert Virus vollständig

Ein Mundspray des Tiroler Unternehmens ÖKOPUR eliminierte im Laborversuch innerhalb von nur einer Minute SARS-CoV-2-Viren zu 100 Prozent. Dies konnte in Testreihen am Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck bestätigt werden. Laut dem Unternehmen handelt es sich beim Hauptbestandteil des Mundsprays um einen auch im menschlichen Immunsystem vorkommenden Wirkstoff, der Viren und Bakterien bekämpft. Der Mundspray ist bereits erhältlich. APA

Amazonas-Regenwald ist Netto-Emittent

Der Amazonas-Regenwald hat im Vorjahr um 20 Prozent mehr CO2 ausgestoßen als aufgenommen. Die Zahlen zeigten erstmals, dass „der brasilianische Amazonas-Regenwald gekippt ist und jetzt ein Netto-Emittent ist“, sagte Co-Autor Jean-Pierre Wigneron vom französischen Nationalen Institut für Agronomieforschung. Zwischen 2010 und 2019 nahm das Amazonas-Becken 13,9 Milliarden Tonnen CO2 auf und gab 16,6 Milliarden ab. 2019 stieg die Entwaldung im Vergleich zu den Vorjahren um fast das Vierfache an: von rund einer Million Hektar auf 3,9 Millionen, was etwa der Fläche der Niederlande entspricht. Den Aussagen von Wigneron zufolge wisse man nicht, „ab welchem Punkt diese Veränderung irreversibel werden könnte“. APA/Nature Climate Change

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2021