Kurz und informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.09.2021 | Medizin

Acrylpflaster dichtet Darm-Lecks

Forscher um Prof. Inge Herrmann von der Eidgenössischen Material- und Forschungsanstalt (Empa) haben ein Pflaster entwickelt, das im Labor eine bis zu zehnmal höhere Haftfähigkeit aufweist als konventionelle Materialien. Die bislang im Operationssaal eingesetzten Eiweißpflaster sind bei Kontakt mit Verdauungssäften nicht immer dicht und lösen sich zu schnell auf. Das neue gummiartige Pflaster besteht aus vier Acryl-Substanzen, die für eine stabile Bindung an die Schleimhaut sorgen, Netzwerke ausbilden sowie Stabilität gegenüber Verdauungssäften bieten und für Wasserdichtheit sorgen. Darüber hinaus haben Analysen gezeigt, dass das neu entwickelte Hydrogel das Fünffache der maximalen Druckbelastung im Darm aushält. APA/Advanced Functional Materials

Kurzkettige Fettsäuren hemmen Salmonellen

Das Wachstum von Salmonellen kann umso mehr gehemmt werden, je höher die Fettsäure-Konzentration in der Darmflora ist. Das hat ein Forscherteam um Alyson Hockenberry von der Schweizer Eawag-Forschungsabteilung Umweltbiologie in Experimenten und mit Hilfe von stochastischen Simulationen nachgewiesen. Kurzkettige Fettsäuren – Stoffwechselprodukte der natürlichen Darmflora – verhindern das Wachstum von Zellen, die Entzündungen auslösen. Je höher die Konzentration der Fettsäuren war, desto stärker wurde das Wachstum gehemmt. Hockenberry dazu: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Stoffwechselprodukte das kooperative Zusammenspiel der Zelltypen beeinflussen und dadurch die Ausbreitung der Salmonellen abschwächen können“. Das könnte eine Erklärung dafür sein, wieso Menschen unterschiedlich auf eine Salmonelleninfektion reagieren.“ APA/Proceedings of the National Academy of Science

Pansenflüssigkeit von Rindern zersetzt Plastik

Im Pansen, dem größten Rindervormagen, werden natürliche  Pflanzenpolyester in Monomere und Oligomere zersetzt. Die Forscher um Doris Ribitsch vom Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und der Universität für Bodenkultur Wien vermuten daher, dass „einige Aktivitäten auch für die Hydrolyse von Plastiksorten genutzt werden können“. Im Gegensatz zu den bisherigen Methoden hat Rumenflüssigkeit Potential im Industriemaßstab. Neben künstlich hergestelltem PET konnten die Forscher auch zwei biologisch abbaubare Kunststoffsorten (PBAT), die sich etwa in kompostierbaren Plastiksackerln finden, erfolgreich in Pansenflüssigkeit testen. „Wir gehen davon aus, dass es auch ein Zusammenspiel mehrerer aus dem Rinderpansen isolierter Enzyme brauchen wird, um einen Gesamtabbau von Polyester zu gewährleisten“, so Ribitsch. Polyester macht ungefähr 15 Prozent der weltweit etwa 26 Millionen Tonnen Plastikmüll aus. APA/Frontiers in Bioengineering and Biotechnoloy

Hitzeperiode setzt Methan frei

In Sibirien wurde im Vorjahr aufgrund der Hitzewelle eine um fünf Prozent erhöhte Methangas-Konzentration gemessen, wie ein Forscherteam um Prof. Nikolaus Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn nachweisen konnte. In diesem Permafrostgebiet sei jedoch wegen der fehlenden Bodenbildungen die Zersetzung von organischen Substanzen in Böden als Quelle des Methans unwahrscheinlich, so die Forscher. Vielmehr sei daher davon auszugehen, dass die bisher mit Eis und Gashydrat gefüllten Kluft- und Höhlensysteme im Kalkstein durch die Erwärmung durchlässig geworden sind. „Dadurch dürfte Erdgas, das zum größten Teil aus Methan besteht, aus Lagerstätten im und unter dem Permafrost den Weg an die Erdoberfläche gefunden haben.“ APA/Proceedings of the National Academy of Sciences

Stoffwechsel schwankt in verschiedenen Lebensphasen

Erstmals haben Wissenschafter den Stoffwechsel anhand von 6.400 Personen aus 29 Ländern im Alter zwischen acht Tagen und 95 Jahren untersucht. Demnach steigt der Energiebedarf bei Babys sehr rasch an und ist bei Einjährigen um die Hälfte höher als bei Erwachsenen. Während der Kindheit und Adoleszenz erreicht der Wert das Durchschnittsniveau eines Erwachsenen und bleibt von 20 bis 60 Jahren konstant. Durchgeführt wurde die Studie von einem Team um den US-amerikanischen Wissenschaftler Hermann Pontzer und in Zusammenarbeit mit Cornelia Loechl von der Abteilung für Ernährungs- und Gesundheitsbezogene Studien der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA). Die Basis der Studie bildet die Doubly Labelled Water-Database der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA). Die Probanden tranken mit Wasserstoff- und Sauerstoff-Isotopen markiertes Wasser. Über Messungen des Urins wurde die Stoffwechselrate bestimmt, da die beiden Isotope unterschiedlich ausgeschieden werden. APA/Science

Adjuvante Chemotherapie: Echtzeit-Monitoring verringert Nebenwirkungen

Werden Patienten im Zuge der adjuvanten Chemotherapie engmaschig überwacht, bleiben die damit assoziierten Nebenwirkungen auf dem Level wie vor der Chemotherapie. Hingegen kommt es bei Patienten, die nicht überwacht werden, zur Verschlimmerung der Symptome. Zu diesem Ergebnis kommt eine in zwölf Ländern – u.a. auch in Österreich – durchgeführte multizentrische randomisierte Studie mit 829 Patienten mit nicht-metastasierendem Mamakarzinom, Colon-Karzinom, Hodgkin und Non-Hodgkin-Lymphom. Ziel war es, den Einsatz von Remote- Überwachungstechnologien wie ASyMS (Advanced Symptom Management) in der Krebstherapie zu evaluieren. ASyMS wurde bei 415 Patienten eingesetzt; 414 waren in der Kontrollgruppe. Gemessen wurden die Schwere der Symptome, Lebensqualität, zusätzlicher Pflegebedarf, Angststörungen und Arbeitseinschränkungen – in Echtzeit. Besonders im Hinblick auf Angststörungen und Selbstwirksamkeit zeigte das Advanced Symptom Management einen positiven Effekt. BMJ

7,8 Prozent

der 18- bis 67-jährigen Österreicher leiden an krankhafter Insomnie. Zu diesem Ergebnis kommen Priv. Doz. Stefan Seidel (Neurologie) und Univ. Prof. Eva Schernhammer (Epidemiologie) von der MedUni Wien in einer Online-Befragung von 1.004 Personen.

Roboter für mikrochirurgische Eingriffe

Der Mikrochirurgie-Roboter Symani kam kürzlich am Universitätsspital Zürich zum Einsatz: Dabei wurden im Rahmen eines fünfstündigen Eingriffs bei einer Patientin mit einem Lymphödem Verbindungen zwischen Lymphgefäßen und Venen gelegt. Zwar könnten Operationen an Blut- und Lymphgefäßen oder Nerven mit einem Durchmesser von weniger als 0,8 Millimeter grundsätzlich von Hand ebenso gut durchgeführt werden, erklärte Nicole Lindenblatt von der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, die den Eingriff durchführte. Doch mit dem Roboter sei es möglich, in tiefere Lagen vorzudringen und noch feinere Gefäße zu operieren. Der Roboter wird gänzlich vom Operateur gesteuert. Dieser hält zwei Pinzetten in der Hand; die ausgeführten Bewegungen werden auf die Mikroinstrumente übertragen. Mittels Kamera wird das Operationsgebiet auf einem Bildschirm bis zu 30 Mal vergrößert dargestellt. Mit Hilfe einer speziellen Brille sieht der Operateur das Bild in 3D. APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 /10.9.2021