Kurz und Informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.11.2021 | Medizin

Stammzellentransplantation: Wanderung von T-Zellen nachgewiesen

Den Weg von körpereigenen T-Zellen der Haut über das Blut in andere Organe und dass sie dort nach einer Stammzelltransplantation zur Graftversus-Host-Disease führen, konnte ein Forscherteam um Georg Stary von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften aufzeigen. Dafür untersuchten die Forscher im Blut zirkulierende T-Zellen anhand der Proben von Patienten nach einer Stammzelltransplantation. Durch die Abwanderung von entzündlichen, gewebsständigen T-Zellen der Haut in den Kreislauf besteht das Risiko, die Hautentzündung in andere Organe weiterzutragen. Die Forscher konnten nun mit Hilfe einer Tracking-Methode zwischen T-Zellen von Spender und Empfänger unterscheiden. Besonders im Darm wurden viele Zellen gefunden, die ursprünglich aus der Haut stammen. Die Deaktivierung von gewebeansäßigen T-Zellen vor einer Transplantation könnte ein möglicher Ansatz sein, nach einer Stammzelltransplantation Entzündungen in anderen Organen zu verhindern. T-Zellen vermittelte Abstoßungsreaktionen sind eine Haupttodesursache nach hämatopoetischer Stammzellentransplantation. Österreichische Akademie der Wissenschaften/Journal of Experimental Medicine

Fingerschweiß verrät Stoffwechselprofil

Um individuelle metabolomische Profile und Stoffwechselprozesse zu messen, nutzt ein Team um Univ. Prof. Christoph Gerner von der Fakultät für Chemie der Universität Wien Fingerschweiß. Mit Hilfe eines speziellen Filterpapiers, das für eine Minute zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten wird, wird Fingerschweiß gewonnen. Die darin enthaltenen Moleküle werden extrahiert; die Analyse erfolgt mit Hilfe der Massenspektrometrie. Die Forscher verabreichten Testpersonen beispielsweise Koffeinkapseln; sie konnten aus den Zeitreihen unterschiedliche kinetische Verläufe der Koffein-Metaboliten extrahieren. Ebenso kann gemessen werden, wie der Organismus darauf reagiert. Auf diese Weise können individuelle Stoffwechselprozesse sichtbar gemacht werden. Die einfache und schmerzlose Gewinnung von Proben ermögliche es, „metabolische Zeitreihenanalysen durchzuführen, die in dieser Form bisher nicht möglich waren“, betont Gerner. Die Forscher vermuten, dass im Fingerschweiß tausende Metabolite vorhanden sind; bislang sind rund 250 identifiziert. Universität Wien/Nature Communications

5 Jahre

dauert es etwa, bis sich die Anzahl der Tau-Aggregate bei M. Alzheimer im Gehirn verdoppelt. Innerhalb von 35 Jahren – vom Beginn der ersten Symptome bis zum Endstadium – erhöht sich ihre Anzahl um das 128-Fache, fanden Wissenschafter der Universität von Cambridge heraus. APA/Science Advances

Intervallfasten zeigt mehrfache Effekte

Intervallfasten bringt mehr für die Gesundheit als einfach nur Kalorienrestriktion. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschafter um Assoc. Prof. Dudley Lamming von der Universität von Wisconsin nach Versuchen an Mäusen. Im Tierversuch durften Mäuse in der Kontrollgruppe so viel fressen, wie sie wollten; in der zweiten Gruppe gab es nur Diätfutter und in der letzten Gruppe erhielten die Mäuse die gleiche Menge Diätfutter – aber erst 21 Stunden nach der letzten Fütterung. In der vierten Gruppe wurden die Mäuse darauf trainiert, eine ähnliche Menge zu fressen wie in der Kontrollgruppe – allerdings in einem dreistündigen Zeitfenster, gefolgt von einer langen täglichen Fastenzeit. Ergebnis: Die Mäuse der dritten Gruppe mit 21 Stunden Nahrungskarenz lebten rund ein halbes Jahr länger als die der ersten beiden Gruppen. Lamming dazu: „Die auferlegte Fastendauer ist entscheidend für die Vorteile einer kalorienreduzierten Ernährung“. Die Mäuse in der vierten Gruppe zeigten – ohne Kalorienreduktion – ebenso viele gesundheitliche Vorteile wie jene Gruppe von Mäusen, die weniger Kalorien zu sich nahmen und fasteten. Hingegen zeigten sich bei Mäusen, die sich kalorienarm ernährten und den ganzen Tag über fraßen, keine Vorteile wie beispielsweise eine bessere Blutzuckerkontrolle, mehr Kraft im Alter oder eine höhere Lebenserwartung. APA/Nature Metabolism

Frakturschutz durch zusätzliche Milchprodukte

Regelmäßige zusätzliche Portionen von Milchprodukten reduzieren das Frakturrisiko um 33 Prozent und das Hüftfrakturrisiko um 46 Prozent. Zu diesem Schluss kommen australische Forscher um Sandra Iuliano vom Department of Endocrinology von der Universität Melbourne nach der Beobachtung von 7.195 Heimbewohnern mit durchschnittlich 86 Jahren. Für die Studie ließ Iuliano die Speisepläne von 30 Altenheimen für zwei Jahre zugunsten einer höheren täglichen Proteinzufuhr von 1,1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und von 1.140 mg Kalzium pro Deziliter umstellen; 30 Altenheime blieben bei den bisherigen Plänen (0,9 vs 700). Ergebnis: Stürze traten in der Gruppe, in der die Speisepläne umgestellt wurden, um elf Prozent seltener auf als in der anderen Gruppe. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war bereits nach drei Monaten signifikant. BMJ

Mikroplastik

Das im Mikroplastik enthaltene Progesteron wird durch eine chemische Reaktion mit den Verdauungsflüssigkeiten der Fische in den Verdauungstrakt freigesetzt – das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die Wissenschafter um Florian Breider von der ETH Lausanne zusammen mit der Peking University sowie der Oklahoma State University durchgeführt haben. Progesteron kann als endogener Disruptor schon in geringsten Mengen im Körper durch Veränderungen des Hormonsystems Schäden verursachen. Sie konnten nachweisen, dass diese Schadstoffe im Verdauungstrakt von Fischen herausgelöst werden und in der Folge möglicherweise auch in die Nahrungskette gelangen. Wie die Mikroverunreinigungen die Darmwand durchdringen und sich auf den Rest des Fisches ausbreiten, ist bislang noch nicht bekannt. APA/Environmental Science: Processes & Impacts

Sauerstoffisotope enttarnen Herkunft von Lebensmitteln

Mit dem Delta-O-18-Wert, dem Maß für das Verhältnis von zwei stabilen Sauerstoff-Isotopen, kann die geographische Herkunft von Lebensmitteln bestimmt werden. Temperatur, Niederschlag und Verdunstung haben einen Einfluss auf dieses Maß. Da jedoch eine große Zahl an Referenz- und Vergleichsdaten gesammelt werden muss, war dieses Verfahren bisher aufwändig und kostspielig. Botaniker um Professor Ansgar Kahmen von der Universität Basel haben ein auf Wetterdaten und Informationen zur Wachstumszeit einer Pflanze basierendes Computermodell entwickelt, mit dem sie das Verhältnis dieser beiden SauerstoffIsotope in Pflanzen simulieren können. Dieses Modell kann nicht nur in der Lebensmittelforensik, sondern auch bei der Herkunftsbestimmung von Drogen eingesetzt werden. Durch falsche Angaben zum geographischen Ursprung von Lebensmitteln entsteht jährlich weltweit ein wirtschaftlicher Schaden in der Höhe von 30 bis 40 Milliarden US-Dollar. APA/Scientific Reports

Adipositas: „braunes“ Fett als Schutzfaktor?

Das Vorhandensein von braunem Fett könnte vor Folgeerkrankungen schützen, vermutet eine Forschungsgruppe um Priv. Doz. Florian Kiefer von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Universitätsklinik für Innere Medizin III an der MedUni Wien nach gezielten Untersuchungen. Die Wissenschafter setzten die Teilnehmer mit einem BMI > 35 mit Kühlwesten moderater Kälte aus, um das braune Fett zu aktivieren, das im Anschluss mittels PET-CT detektiert wurde. Ein rund einstündiger Kältereiz reicht aus, um das bei Erwachsenen vorwiegend in tiefen Nackenregionen und im Brustkorb befindliche braune Fett zu aktivieren. Die übergewichtigen Teilnehmer mit braunem Fett hatten im Vergleich zu ähnlich schweren Personen in der Kontrollgruppe ohne nachweisbares braunes Fettgewebe einen höheren Energieverbrauch, weniger viszerales Fett, einen gesünderen Zuckerstoffwechsel und weniger Anzeichen für eine Fettleber. Derzeit wird an der Entwicklung von medikamentösen Therapieoptionen zur Aktivierung von braunem Fett gearbeitet. APA/Diabetes

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2021