Standpunkt Vizepräsident Harald Mayer: Die Uhr tickt

10.09.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

Vertrauen ist das Um und Auf in der Beziehung zwischen Ärzten und Ärztinnen und ihren Patientinnen und Patienten. Wer seinem Arzt vertraut, vertraut auch auf die Therapie-Empfehlung und hält sich exakter an die einzelnen Behandlungsschritte. Wer vertraut, der kann auch enthemmter über sensible Gesundheitsfragen sprechen. Umgekehrt kann mangelndes Vertrauen zulasten der Gesundheit des Patienten gehen. Davon hat niemand was. Die Zahlen zeigen, dass den Ärztinnen und Ärzten vertraut wird. Einer Umfrage des Instituts für Demoskopie & Datenanalyse zufolge vertrauen 74 Prozent in Gesundheitsfragen den Ärztinnen und Ärzten, lediglich sechs Prozent den Apotheken und null Prozent der Politik. Das ist ein ausgezeichnetes Zeugnis für die Ärzteschaft und zeigt einmal mehr: Die Politik soll sich nicht in die Gesundheitsversorgung einmischen, das lehnen 71 Prozent der Befragten ab.

Beachtenswert ist, dass zwei Drittel der Umfrageteilnehmer Leistungsverschlechterungen aufgrund der hohen Kosten der Maßnahmen in der Corona-Pandemie fürchten. Die Sorgen sind sicher nicht unbegründet. Wir haben immer wieder vor parteipolitischer Einflussnahme gewarnt – zuletzt auch in Bezug auf die Anerkennung von Ausbildungsstätten im Rahmen der Arztausbildung. Diese sollen in Zukunft Bezirkshauptmannschaften abwickeln. Das fördert sicher nicht das Vertrauen in das Gesundheitssystem. Im Gegenteil, das nährt nur den Boden dafür, dass es um Macht, und nicht um Kompetenzen geht.

Das ist bitter, denn was wir benötigen, ist, dass die Ärzteschaft ohne politische Einflussnahme ihrer Arbeit nachgehen kann. Und wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, um das Gesundheitssystem zukunftsfit zu machen – dazu gehört eine intensive Kommunikation zwischen der Ärzteschaft und der Politik. Ein ehrlicher Meinungsaustausch mit dem Ziel, das Gesundheitssystem zu optimieren. Vorsorge, Ausbau der wohnortnahen Versorgung, Ressourcen für die Spitäler bei gleichzeitiger Rückbesinnung auf die Ursprungsaufgabe von Spitälern – Anknüpfungspunkte gibt es genug. Die Pandemie hat die Politik gelähmt. Bis jetzt wurde keines der angeführten gesundheitspolitischen Ziele aus dem Regierungsprogramm auch nur angeschaut. Doch die Uhr tickt, die Gesundheit der Bevölkerung muss in den Mittelpunkt gestellt werden.

Es wird Zeit, an die Zukunft zu denken.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 /10.09.2021