Österreichweit werden immer öfter vereinbarte Arzt-Termine ohne Absage nicht wahrgenommen. Gegen dieses Verhalten, das Ärzten und anderen Patienten schadet, richtet sich nun eine Forderung nach einer Stornogebühr – mit einem besonderen Clou.
Es scheint zunehmend ein Trend in unserer Gesellschaft zu werden: Termine oder Reservierungen zu vereinbaren, diese dann aber ohne rechtzeitige Absage einfach nicht wahrzunehmen. Gastronomen, Hoteliers und andere Berufs sparten können davon ein trauriges Lied singen und haben zum Teil auch schon Gegenmaßnahmen ergriffen – in Form von Storno gebühren. Da auch die Ordinationen der österreichischen niedergelassenen Ärzte zunehmend unter diesem unsolidarischen Phänomen der „Leer-Termine“ leiden, wollte und konnte Dietmar Bayer, Vizepräsident der Ärztekammer für Steiermark, nicht länger zusehen. Er entwickelte ein Modell für eine Stornogebühr, das sowohl einen Erziehungseffekt beinhaltet, gleichzeitig aber ein Gewinn für alle Beteiligten wäre.
In einem Schreiben an die Österreichische Gesundheitskasse, das gleichzeitig auch anderen sozialen Krankenversicherungen und der Politik übermittelt wurde, verlangte die Ärztekammer für Steiermark, dass Patienten, die einen fixierten Arzttermin ohne rechtzeitige Absage einfach nicht wahrnehmen, eine „Storno“-Gebühr entrichten sollen, die als Kassenposition vom Arzt beziehungsweise einer anderen medizinischen Einrichtung direkt verrechnet werden soll. Der besondere Clou dabei: Die dadurch entstehenden Einnahmen sollen abzüglich eines geringen Anteils, der zur Deckung des Verwaltungsaufwandes in den Ordinationen bleibt, in einen Strukturfonds zur Verbesserung der Kassenleistungen fließen.
Bayer wäre es aber am liebsten, wenn sich dieser Topf nicht füllen würde. „Unser Ziel ist es nicht, dass diese Gebühr verrechnet werden muss. Wir wollen, dass Patienten Termine, die sie nicht wahrnehmen können, immer und möglichst frühzeitig absagen“, stellt er klar. Als Psychiater ist er von diesen Problemen ganz besonders betroffen – ein „LeerTermin“ bedeutet für ihn eine Stehzeit von gleich 50 Minuten. Zeit, die für die Behandlung oder Kontrolle anderer Patienten deutlich besser genutzt wäre. Damit ist eine „Nicht-Absage“ nicht nur problematisch für die jeweiligen Arztpraxen, Institute und andere ambulante Einrichtungen, sondern sei „äußerst unfair gegen über anderen Patienten, die keinen Termin bekommen können, weil er durch Menschen blockiert wird, die sich den Luxus leisten, ohne Absage einen Termin nicht einzuhalten“, sagt Bayer. Auch in der Schule habe unentschuldigtes Fernbleiben Konsequenzen. Als Basis für das Lehrgeld für „Leer-Termine“ würde Bayer den halben Fallwert des jeweiligen Fachgebietes anpeilen.
Unterstützung für diese Forderung kam umgehend von der Österreichischen Ärztekammer. „Nicht nur in der Steiermark, sondern in ganz Österreich kommt es leider immer öfter vor, dass Termine ohne vorherige Absage nicht wahrgenommen werden“, stellte Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, fest. Daher sei die Forderung der Ärztekammer für Steiermark nach einer Stornogebühr für derartige Fälle, die zwischen 25 und 50 Euro liegen könnte, „voll zu unterstützen“, sagt Steinhart. Schließlich komme das so eingenommene Geld über den geplanten Strukturfonds der Kassenmedizin zugute – „also den Patienten selbst“, meint Steinhart.
Dringender Appell
Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, gab ebenfalls Rückendeckung für die steirische Forderung und appellierte dringend an die Patienten, vereinbarte Termine nicht ohne Absage verfallen zu lassen. „Das Wartezimmer und Terminmanagement ist für die Ärzte gerade aktuell schon aufwändig genug. Jeder unangekündigt verfallene Termin ist einer, der einem anderen Patienten nicht angeboten werden konnte. Wer Termine, die er nicht einhalten kann, nicht rechtzeitig oder gar nicht absagt, handelt egoistisch und rücksichtlos und schadet damit nicht nur seinem Arzt, sondern auch den Menschen in der unmittelbaren Umgebung sowie den anderen Patienten, die länger auf Termine warten müssen.“ Die vorgeschlagene Stornogebühr sei daher eine gute Idee, „die am Schluss allen Beteiligten Vorteile bringen wird“, sagt Szekeres. (sb)
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 /25.09.2021