BKNÄ Hauspotheken: Wichtiger denn je

10.03.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Hausapotheken konnten im bisherigen Pandemieverlauf mit Vermeidung unnötiger Wege und kreativen Services ihrer Ärzte punkten. Das Modell sollte nach Meinung der Beteiligten daher dringend ausgebaut werden, zudem muss es ein Dispensierrecht für Ärzte geben.
Sascha Bunda

Eine große zweite Welle, dazu Lockdowns in unterschiedlichen Ausprägungen – der Pandemieverlauf hat seit dem Sommer 2020 für viele weitere Turbulenzen gesorgt. So wie es auch viele Vertreter der Ärztekammern immer wieder vorhergesagt haben, kamen das Vermeiden unnötiger Wege und die Einschränkung von Kontakten leider nie endgültig aus der Mode, sondern waren immer entscheidende Faktoren im Kampf gegen die Ausbreitung von SARS-CoV-2. Entsprechend deutlich konnten die hausapothekenführenden Ordinationen in diesen Monaten ihre Vorzüge ausspielen. „Nichts passt zu Zeiten der aktiven Infektionsvermeidung im Alltag besser als der Vorteil, den Ärzte mit Hausapotheke bieten können. Der Patient kann beim Arzt gleich das benötigte Medikament mitnehmen und spart sich den Weg in die Apotheke, der oft zig Kilometer betragen kann. Jeder Patient, der diesen Service kennt, kann sich gar nichts anderes mehr vorstellen“, erinnert Silvester Hutgrabner, Leiter des Referates für Landmedizin und Hausapotheken in der Österreichischen Ärztekammer.

Schließlich wären die Alternativen gerade im ländlichen Raum, aber nicht nur dort, nicht besonders vernünftig: „Es wäre völlig widersinnig, Patienten in dieser Situation in den Postbus oder andere öffentliche Verkehrsmittel zu zwingen, damit sie zu ihren Medikamenten kommen – von den vielen unnötig verfahrenen Kilometern ganz zu schweigen, nur um Medikamente zu holen. Aufs Jahr gerechnet geht das in Österreich in die Millionen. Hier könnte die Politik zeigen, wie ernst es ihr mit CO2-Reduktion und Klimaschutz ist“, appelliert Hutgrabner, der eine Stärkung der Hausapotheken und eine Neuregelung der Voraussetzungen einforderte: „Dabei muss man sich am realen Bedarf der Bevölkerung orientieren und nicht an Befindlichkeiten der Apothekerbranche.“

Besondere Auszeichnung

„Im Kassenbereich waren über 90 Prozent der Ordinationen auch im ersten Lockdown für ihre Patienten da. Auch wenn es durch die Vorgaben der Regierung, Arztpraxen nur in dringenden Fällen aufzusuchen, zu deutlichen Rückgängen bei der Patientenfrequenz gekommen ist, war die Betreuung jederzeit in gewohnter Top-Qualität gegeben. Mit Telefonsprechstunden und anderen telemedizinischen Optionen konnte vieles aufgefangen werden. Bei den Hausapothekern lag die Öffnungsquote sogar noch höher“, sagt Hutgrabner. Diese Kollegen hätten sich in der Krise dazu noch mit besonders viel Eigeninitiative und Kreativität ausgezeichnet. „Medikamente wurden telefonisch bestellt, gemeinsam mit der Gemeinde wurde aktive Patientenaufklärung betrieben und manche stellten sogar ein kostenloses Medikamenten-Lieferservice auf die Beine“, erinnert Hutgrabner: „Damit haben die Hausapotheker unterstrichen, dass sie nicht nur im Alltag, sondern auch besonders in Krisenzeiten optimales Service für ihre Patienten bieten und haben gezeigt, dass sie eine unverzichtbare Stütze für die optimale Medikamentenversorgung für die österreichische Bevölkerung sind.“

All diese Vorzüge lassen für die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte nur einen Schluss zu: „Wir fordern von den politisch Verantwortlichen ein klares Bekenntnis zur besten Arzneimittelversorgung für die österreichische Bevölkerung“, stellt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichische Ärztekammer und Bundeskurienobmann, klar. „Das kann nur ein duales System sein, also ein kundenfreundliches Neben- und Miteinander von öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken.“ Dazu brauche es eine völlige Überarbeitung und Liberalisierung des veralteten Apothekengesetzes: „Wie es die Bundeswettbewerbsbehörde bereits empfohlen hat, muss der strenge Gebietsschutz für öffentliche Apotheken fallen, weil er die Gesundheitsversorgung nicht nur im ländlichen Raum bedroht“, fordert Steinhart, der sich weiterhin vehement für ein Dispensierrecht für Ärzte einsetzen wird.

Dieses Dispensierrecht würde auch Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin sehr begrüßen: „Gerade die Pandemie und Corona zeigen, wie wichtig eine unmittelbare Abgabe von Medikamenten gleich beim Hausarzt ist. Dadurch wird noch einmal die mögliche Infektionskette unterbunden. Die Patienten sollten sowohl in der Hausapotheke aber auch bei jedem Hausarzt ihre Medikamente bekommen. Das würde den besten Infektionsschutz sicherstellen“, betont er.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2021