BKAÄ: COVID-Impfung in den Spitälern – „Nach Kräften bemüht“

10.02.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die Impfbereitschaft beim Spitalspersonal sei hoch, die Länder nach Kräften um die Verteilung der Impfdosen bemüht, die Impforganisation aber mangelhaft im Bund: So lautet das vorläufige Resümee von Martin Wehrschütz, dem ärztlichen Direktor am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt.
Sophie Niedenzu

Wie ist der aktuelle Stand in Bezug auf die Impfung in Ihrem Spital? Der gesamte Impfplan ist aufgrund der nicht ausreichend verfügbaren Impfdosen über den Haufen geworfen worden. Die zahlenmäßige ‚Impfdosen­Rallye,‘ die das Ministerium in den letzten Monaten vorgelegt hat, ist dabei wenig vertrauenserweckend. Dennoch konnten wir mit penibler Vorbereitung und in sehr guter Abstimmung mit der Impfkoordinatorin alle impfwilligen Mitarbeiter in den Hochrisikobereichen, wie den COVID­Stationen, den Intensivstationen, der Geburtenabteilung oder der HNO­Abteilung, kurz – alle gemäß Kategorie 1 des nationalen Impfplanes vorgesehenen Bereiche – bislang impfen. Aktuell befinden wir uns in der Kategorie 2, in der wir streng nach Alter die impfwilligen Mitarbeiter impfen. Wann wir diese abschließen können, ist nicht vorhersehbar. Alles steht und fällt mit den Lieferungen der Impfdosen.

Stichwort zögerlicher Start: Wie beurteilen Sie das Impfmanagement? Die Erwartungshaltung, mit dem Impfen rasch und umfassend zu beginnen, war und ist bei vielen Mitarbeitern enorm hoch. Die Ankündigungspolitik auf Bundesebene hat diese Erwartungen noch befeuert – leider ist diese Bereitschaft jetzt enttäuscht worden. Das nationale Impfmanagement in Österreich ist überfordert. Klare Linien sind, wenn, nur schemenhaft zu erkennen. Vorbereitungszeit dafür wäre allerdings über Monate vorhanden gewesen. Keiner wusste wann ein Impfstoff zugelassen würde, jeder wusste aber, dass für das anstehende Impfprogramm ein klares Management auszuarbeiten ist – dieses ist viel zu spät, offenbar mit einer Reihe von Annahmen, lückenhaft in der Umsetzung, skizziert worden. Ergebnis: Nicht genügend.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Impfbereitschaft gemacht? Die Impfbereitschaft in unserem Haus liegt bei rund 85 Prozent. Das ist sehr erfreulich, entsprechend hoch ist auch der Bedarf an Impfdosen. Wegen der beschränkten und sukzessiven Lieferoptionen wurde für die Hochrisikobereiche eine Reihenfolge festgelegt. Ein beharrliches Drängen nach entsprechenden Lieferungen war die Folge. Insgesamt waren wir in guter Abstimmung mit den anderen Krankenanstalten im Burgenland. Die Impfzuteilung ist letztlich wie sie ist – bemüht nach Kräften auf Landesseite, mangelhaft auf Bundesseite.

Wurden Sie von Pflegeheimen über übriggebliebene Impfdosen verständigt? Solche Kontaktaufnahmen gab es nicht. Es ist aber auch hier ein Versäumnis – bei aller Wertschätzung der Pflegedienstleitungen in den Alten­ und Pflegeheimen – ortbar. Ein Impfmanagement und die Vorarbeiten im Sinne der Erstellung von Impflisten und einer damit verbundenen genauen Anzahl an impfwilligen Bewohnern, Vorgespräche mit Erwachsenenvertretungen etc., hätte seit November des Vorjahres erfolgen können. Möglicherweise wäre so die eine oder andere Dosis zielgenauer verwendet worden, was jetzt verständlicherweise Kopfschütteln, insbesondere beim noch ungeimpften Spitalspersonal auslöst. Österreichweit muss man da und dort schon feststellen: Zuerst das Impfen, dann die Moral. Persönliche Erklärungen und Beteuerungen der ‚Drängler‘ hin oder her.

Wie hat sich allgemein der Spitalsbetrieb seit März 2020 verändert? In kurzen Worten: Er war geprägt von Um­ und Neuorganisationen. Planungen waren gut und wichtig, aber meist haben die Situationen der Alltagsrealität rasche und flexible Anpassungen mit kurzen Reaktionszeiten erfordert. Beginnend von einer kompletten Reduktion des Spitalsbetriebs zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020. Dann hat im Frühsommer das schrittweise Hochfahren begonnen, um zu einem Normalbetrieb zurückzukehren, bevor uns dann im Herbst die zweite Corona­Welle erreicht hat, die wesentlich mehr Kapazitäten in den COVID­Bereichen gebunden hat und parallel war und ist es notwendig, den reduzierten Normalbetrieb möglichst lange aufrecht halten zu können. Wir dürfen nie vergessen, dass die Mehrzahl der Erkrankungen unserer Patienten ‚NON­COVID­19­Erkrankungen‘ darstellen.

Welche Maßnahmen im Spital werden beibehalten werden? Organisatorisch haben wir sehr früh alle Ambulanzen in Terminambulanzen umgewandelt – anfangs eine teils große Herausforderung für viele Bereiche, heute gut gelebte Praxis. Besucherströme wurden besser geregelt, auf das Einhalten der Besuchszeiten wird wesentliches Augenmerk gelegt – die Patienten und die Mitarbeiter nehmen eine teils spürbarere ‚Ruhe‘ für sich und ihre Arbeit wahr.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2021