BKAÄ Arztausbildung: Jung und mobil

25.01.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Es ist auch ein Image- und nicht überall ein Qualitätsproblem, betont Turnusärztevertreter Daniel von Langen: Während manche Jungärzte mit einer Arztausbildung im deutschsprachigen Ausland liebäugeln, kommen umgekehrt auch Jungärzte für ihre Ausbildung nach Österreich.
Sophie Niedenzu

Siebenundachtzig Prozent. So viele Jungärzte würden Österreich für eine bessere Arztausbildung den Rücken zukehren. Zumindest in der Theorie. Den einige davon bleiben aufgrund von privaten Gründen dennoch in Österreich. Es bleibt aber das Bild, dass im deutschsprachigen Ausland die Arztausbildung qualitativ besser ist. Das hat eine von IMAS durchgeführte Online-Umfrage der Bundeskurie der angestellten Ärzte ergeben. Turnusärztevertreter Daniel von Langen ist jedoch überzeugt: „Dort, wo in Österreich die Ausbildung der jungen Ärzte großgeschrieben wird, ist die Qualität mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser.“

Es geht aber auch umgekehrt. Manche kommen wegen der Arztausbildung nach Österreich. So etwa Michael Sturm. Er hat sein Medizinstudium in Deutschland abgeschlossen und einen Teil des KPJ in St. Johann in Tirol absolviert. Sein Hauptmotiv sei damals gewesen, ein neues Gesundheitssystem kennenzulernen, aber auch die gute Bewertung im Internet. Rankings seien durchaus wichtig, um Transparenz zu schaffen, betont auch von Langen: „Ich bin davon überzeugt, dass die Spitäler in Österreich an ihrem Image arbeiten müssen, denn die Arztausbildung ist in vielen Bereichen bereits hervorragend“, sagt er. Grundsätzlich gebe es aber immer wieder schwarze Schafe: „Die Qualität in der Arztausbildung variiert leider regional und abteilungsabhängig sehr.“ Die Ausbildungsevaluierung der ÖÄK würde immer wieder zeigen, wo es gut liefe und wo es hapert: „Solche Analysen sind wichtig, um transparent zu machen, wo wir als Österreichische Ärztekammer ansetzen können, um die Ausbildung zu verbessern“, sagt der Turnusärztevertreter. Neben der neuen Ausbildungsordnung sieht er auch im elektronischen Logbuch eine Verbesserung: „Durch dieses wird die Arztausbildung zukünftig zeitnah und transparent mitdokumentiert werden“, sagt von Langen.

Einblick in viele Fächer

Für Sturm war jedenfalls die Zeit als KPJ-Student entscheidend – denn er blieb in Österreich: „Während des praktischen Jahrs entdeckte ich die gute, breit gefächerte Ausbildung des Krankenhauses. Gemeinsam mit der kollegialen Atmosphäre und den Freizeitmöglichkeiten in Tirol entschied ich mich, hier zu bleiben“, erzählt er. Die Basisausbildung hat er schon abgeschlossen, derzeit ist er in der allgemeinmedizinischen Ausbildung. Die Basisausbildung, die in dieser Form in Deutschland nicht existiert, ermöglicht in seinen Augen einen leichteren Einstieg in das Arbeitsleben: „Man hat deutlich mehr Verantwortung als im KPJ, aber noch nicht so viel wie ein Assistenzarzt“, sagt er. Es sei eine Art Zwischenstation, in der man behüteter sei, auch wenn schon 24-Stunden-Dienste zu absolvieren seien und man in der Notaufnahme arbeite. Auch die Möglichkeit, in anderen Abteilungen mit anderen Aufgabenspektren zu rotieren sei attraktiv: „Für mich war diese Basisausbildung in Österreich vorteilhaft, weil ich hier Fächer kennengelernt habe, die nicht im Turnus vorgesehen waren und aufgrund der geringen Rotationsmöglichkeiten im deutschen PJ nicht möglich waren“, betont er. Die Ausbildung sieht Sturm grundsätzlich sehr positiv: „Verglichen zu den mir bekannten deutschen Kliniken gibt es hier ein besseres Teaching durch die Fachärzte“, sagt er. Die Arbeitsbelastung sei zum Teil etwas höher, zum Teil etwas niedriger als in Deutschland, da im Schnitt vier bis fünf 24-Stunden-Dienste pro Monat zu absolvieren seien: „Damit sind meistens zwei Wochenenden der Arbeit gewidmet“, erzählt er.

Luft nach oben

Bei aller positiver Bilanz merkt Sturm einen Wermutstropfen an: „Ich bin mir nicht sicher, wie attraktiv in Zukunft die Ausbildung in Tirol verglichen mit dem Rest von Österreich oder Deutschland sein wird, da die Ärzte, vor allem in der Peripherie, durch das neu eingeführte Gehaltsschema deutlich weniger verdienen.“

Was die Arbeit selbst betrifft, wird in Umfragen immer wieder kritisiert, dass die Stammmannschaft zu wenig Zeit für die Ausbildung der jungen Ärzte hat. Neben der Arbeitsverdichtung und der personellen Situation sei auch der hohe administrative Aufwand in den Spitälern eine Herausforderung. „Ärzte in Ausbildung benötigen mehr Zeit am Patienten und einen effizienten Arbeitsablauf“, betont von Langen. Positiv sei hervorzuheben, dass vielerorts Medizinische Organisationsassistenten (MOAs) eingesetzt werden: „Es ist schön, dass viele Spitäler nun in diese Richtung personell aufstocken – das darf allerdings gerne schneller umgesetzt werden“, sagt von Langen.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2021