Arztausbildung: Der Wert der Ausbildung

10.04.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Um den Ärztenachwuchs und so das hohe Niveau in der Patientenversorgung zu sichern, ist die Qualität in der Arztausbildung essentiell. Sie ist der entscheidende Faktor, ob Medizinabsolventen in Österreich arbeiten oder nicht.
Sophie Niedenzu

Die Gesellschaft wird älter; früher potentiell tödliche Krankheiten sind mittlerweile aufgrund des medizinischen Fortschritts soweit behandelbar, dass sie chronisch verlaufen. Auch die Ärzteschaft wird älter. Angesichts dieser Fakten liegt die Aufmerksamkeit besonders stark bei den jungen Ärzten. Denn sie stellen sicher, dass die medizinische Versorgung auf höchstem Niveau auch in Zukunft möglich ist. Grundvoraussetzung dafür ist eine solide, qualitativ hochwertige Arztausbildung. Bislang war die Österreichische Ärztekammer im Auftrag des Gesundheitsministeriums dafür zuständig, Ausbildungsstellen in den Spitälern zu genehmigen und abzuerkennen (siehe Interview, Stand 25.3.). Haben die Abteilungen ein gutes Ausbildungskonzept? Wie sind die vorhandenen Leistungen zu bewerten? Diese und andere Fragen sind entscheidend bei der Genehmigung einer Ausbildungsstelle. Aufgrund eines Formalfehlers muss das Ärztegesetz jedoch überarbeitet werden. Um die Kompetenz weiterhin bei der ÖÄK zu belassen, müssten alle Bundesländer dem zustimmen. Und da hapert es, denn manche wollen selbst über die Arztausbildung entscheiden.  Damit könnte ein bewährtes System nun auf der Kippe stehen, kritisiert Turnusärztevertreter Daniel von Langen: „Bislang haben wir mit jahrelanger Erfahrung und auf medizinisch fachlich hohem Niveau Qualität und Transparenz bei der Arztausbildung österreichweit gewährleisten können – ob dies so bleibt, wenn medizinisch nicht qualifizierte Beamte in den Verwaltungsbehörden der Bundesländer die Entscheidungen treffen, sei dahingestellt“, sagt er. Zudem sieht er die Gefahr eines Fleckerlteppichs, denn bislang werde durch die zentrale Entscheidung gewährleistet, dass die Qualität der Patientenversorgung in allen Bundesländern nach den gleichen Kriterien bewertet werde. Es sei außerdem unseriös, dass der Arbeitgeber auch über die Anzahl der Auszubildenden bestimmen könne. Krankenanstalten würden zumeist von den Bundesländern betrieben, damit sei keine Trennung der Eigentümerschaft von Krankenanstalten und behördlich anerkennender Stelle gegeben: „Die möglicherweise zukünftigen Entscheidungsträger sind befangen und gefährden die Unabhängigkeit in der An- und Aberkennung von Ausbildungsplätzen“, sagt von Langen. Damit würde eine politisch unabhängige Qualitätskontrolle fehlen.

Von den Medizinabsolventen ist ein nicht unerheblicher Teil nach Studienabschluss nicht in Österreich ärztlich tätig, viele gehen ins Ausland. Andere wechseln auch vom Ausland nach Österreich. Der Schlüssel ist die Ausbildung, die für Ärzte aus dem In- und Ausland attraktiv bleiben muss: „Der Ausbildungsstandort Österreich muss gestärkt, und nicht geschwächt werden“, sagt von Langen. Jeder einzelne Medizinabsolvent, der nicht in Österreich ärztlich tätig sei, sei ein Verlust. Umfragen der Österreichischen Ärztekammer zeigen, wie sehr das Feuer  am Dach brennt: Bis zu 87 Prozent der Medizinabsolventen würden Österreich den Rücken zugunsten einer besseren Arztausbildung kehren – würden nicht unter anderem private Faktoren dies verhindern. Das sei ein Alarmzeichen, warnt von Langen. Umso wichtiger sei es, dass die Ausbildung österreichweit auf gleichem Niveau erfolge: „Die Umfragen haben uns gezeigt, dass die Medizinabsolventen großen Wert auf die Qualität ihrer Ausbildung legen“, sagt von Langen: „Ich bin überzeugt, dass die Arztausbildung in Österreich derzeit in vielen Bereichen mit dem deutschsprachigen Ausland mithalten kann oder sogar besser ist.“ Besonderes Augenmerk wird in der Vergabe von Ausbildungsplätzen auf das Betreuungsverhältnis zwischen den Ausbildnern und den auszubildenden Ärzten gelegt. Das müsse laut dem Turnusärztevertreter beibehalten werden. Von Langen warnt vor einer ähnlichen Situation wie in Deutschland: „Dort werden pro Oberarzt so viele Turnusärzte wie gewünscht ausgebildet – ein strenger Betreuungsschlüssel, wie wir ihn in der Genehmigung der Ausbildungsstellen haben, erhöht aber die Qualität der Ausbildung.“ Und diese sei, wie genügend Umfragen der ÖÄK zeigen, ausschlaggebend dafür, ob die Ärzte in Ausbildung im Inland bleiben oder ins Ausland gehen. „Es geht hier um nichts weniger als darum, das Gesundheitssystem durch den Nachwuchs zu sichern“, betont von Langen.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2021