Krankenhausbau: Der Zukunft im Dialog begegnen

25.09.2020 | Service


Krankenhäuser unterliegen einem beständigen Wandel, der nur im Dialog zwischen Ärzten, Planern und Management bewältigt werden kann.
Michael Hiesmayr et al.*

Für funktionierende und ästhetisch ansprechende Gebäude, die zukünftigen Anforderungen gewachsen sind, sind der professionelle Dialog und das Entwickeln einer gemeinsamen Sprache zwischen Architekten, Ärzten, Pflegenden und Betreibern eine zwingende Notwendigkeit. Menschen für diesen Dialog auszubilden, ist das Ziel einer Kooperation zwischen der Medizinischen Universität Wien und der Technischen Universität Wien in einer Ausbildung zum Master of Science for Health Care Facilities.

Der Bedarf für eine solche Ausbildung ist eindeutig gegeben. Alleine für Österreich ergab eine rezente Marktstudie 95 größere Bauvorhaben im Gesundheitsbereich mit einem Marktwert von über zwei Milliarden Euro Investitionsvolumen verteilt über mehrere Jahre (Schwab 2020). Der gesamte Investitionsaufwand wird deutlich höher, nämlich bei 2,7 Milliarden Euro jährlich, veranschlagt. Nur ein Teil dieser Investitionskosten wird für den Neubau von Krankenhäusern eingesetzt; Umbauten, Sanierung, Instandhaltung und Restrukturierung überwiegen. Etwa 70 Prozent der Gesamtsumme fließen in Bauarbeiten und 25 Prozent in medizinisch-technische Erzeugnisse (Hofmarcher 2013). Gemessen an den jährlichen Gesundheitsausgaben in Österreich von 40 Milliarden Euro, die knapp zur Hälfte für die stationäre Patientenbehandlung aufgewendet werden, ist das ein überschaubarer Betrag. Die Zahl der von der Qualität dieser Investitionen Betroffenen ist aber enorm: In Österreich werden jährlich über 2,7 Millionen Patienten in Krankenhäusern aufgenommen. Die Betreuung erfolgt durch etwa 25.000 Ärzten, 75.000 Pflegekräfte und 20.000 Mitarbeiter anderer Gesundheitsberufe.

Im Vergleich zu den „Life Cycle Costs“ eines Krankenhauses sind die reinen Errichtungskosten mit etwa fünf bis sechs Prozent vergleichsweise gering, die Effekte einer guten Planung auf Effizienz und Wohlbefinden aber überproportional groß.

Form, Größe und Komplexität von Krankenhäusern hängen von der strategischen Ausrichtung und gesundheitspolitischen Überlegungen ab. Die räumliche Anordnung der Elemente eines Krankenhauses ist meist aufgrund der Medizintechnik vorgegeben und folgt der Logik der Betriebsorganisation.

Krankenhäuser haben sich von Einrichtungen mit einem großen Flächenanteil für Pflege hin zu komplexen Strukturen mit einem hohen Anteil an Medizintechnik entwickelt. Die Fokussierung auf Medizintechnik ist das Resultat eines zunehmenden biomedizinischen Verständnisses des Krankheitsbegriffs und des technischen Fortschritts. Heute wächst das Verständnis für die Bedeutung ästhetischer Qualitäten auf das Wohlbefinden der unterschiedlichen Nutzergruppen als wichtiger Faktor neben optimierter Betriebsorganisation.

Die Zeithorizonte für absehbare Entwicklungen werden kürzer und die Umstände werden ein Mehr an Flexibilität fordern. Bevölkerungswachstum, Globalisierung, Klimawandel und gesellschaftliche Verschiebungen werden zu neuen Krankheitsbildern führen. Der ökologische Fußabdruck von Gesundheitseinrichtungen wird über die unmittelbare Energiebilanz hinaus relevant sein und Erreichbarkeit und Zugang zu Gesundheitsleistungen umfassen. Mitarbeiterbindung in einer Welt mit einem geänderten Wertesystem wird ein kritischer Erfolgsfaktor für den Krankenhausbetrieb bleiben. In einem Umfeld mit massiven ökonomischen Einschränkungen werden nicht-finanzielle Anreize wie Wohnortnähe, Betriebsklima und Personalunterkünfte wieder an Bedeutung gewinnen. Die weitere Digitalisierung wird dazu beitragen, Krankenhäuser offener zu machen im Sinne einer geänderten Kommunikation und Unterstützung der Patienten und einem fließenden Übergang zwischen intra- und extramuralen Systemelementen.

*) Univ. Prof. Dr. Michael Hiesmayr, MSc,  
Medizinische Universität Wien/Center for Medical Statistics,
Informatics and Intelligent Systems (CEMSIIS), Spitalgasse 30,
1090 Wien, E-Mail: michael.hiesmayr@meduniwien.ac.at;

Univ. Doz. Dr. Markus Haisjackl, MSc, MBA,
Landesklinik Tamsweg, E-Mail: markus.haisjackl@gmx.com

Univ. Prof. Dr. Christian Kühn,  
TU Wien, E-Mail: c.kuehn@tuwien.ac.at

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2020