Krankenhaus der Zukunft: Flexibilität gefragt

15.08.2020 | Service

Das Krankenhaus der Zukunft sollte unter Berücksichtigung von bauökonomischen Erkenntnissen durch die Zusammenfassung affiner Departments zu einem wandelbaren Organismus werden. Medizin, Architektur und Betriebsorganisation sind aufgerufen, wirksame Lösungen für adaptierbare Strukturen zu finden.
Josef Moser*

Überbordendes Denken, künftige Krankenhausanlagen der höchsten Isolationsstufen zu errichten, geht am Zugang als auch an jeder volkswirtschaftlichen Betrachtung vorbei. Die Vorschläge wie beispielsweise Zweibett-Zimmer mit zwei Sanitärkernen für temporäre Erfordernisse vorzuhalten, mögen zukunftsorientiert erscheinen, halten aber einer Prüfung der Folgekosten als auch einer Betriebsanalyse nicht stand. Aus architektonisch-planerischer Sicht sind Einbett-Zimmer für Patienten zu bevorzugen. Das bedeutet in Zeiten einer Pandemie (sowie in Pandemiefreien Zeiten) die rasche und effektive Isolation von infektiösen Patienten und eine modulare Belegung innerhalb der Stationen; auch werden geschlechtergetrennte Mehrbettzimmer obsolet. Damit werden flexible Belegung und Behandlung gewährleistet und gleichzeitig der Komfort für die Patienten wesentlich erhöht.

Eine Krankenhausstruktur, die optimierte Organisationsansätze bietet, sollte durch die Bildung von Zentren mit affinen Departments bei Zuordnung von Normalbetten, IMCU und ICU jenen betrieblichen Rückhalt bieten, der im Krisenfall eine gezielte Separierung ermöglicht. Diese Überlegungen sind nicht nur im Hinblick auf die aktuelle Pandemie wesentlich, sondern sind neuesten Strömungen hocheffizienter Behandlungsmethodik geschuldet. Die künftige Wandelbarkeit von Krankenhäusern beginnt schon bei der Erschließung, zumal ein adaptierfähiger Checkpoint mit Separierfähigkeit der Patienten für die Kontrolle und das Handling der Patienten unumgänglich ist. Die inneren Erschließungszonen vom Zeitpunkt der Erfassung des Patienten am Eingang könnten und sollten im Bedarf durch Splittung der Verkehrsflächen in infektiös und nicht infektiös-strukturiert sein, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.

Modulare Krankenhausbauten könnten einen wesentlichen Beitrag zur raschen Kapazitätserhöhung im Bedarfsfall leisten. Das gilt jedoch nur für den Fall, dass diese Modulbauten innerhalb weniger Tage errichtet und betriebsbereit hergestellt werden, was aufgrund der notwendigen und nach Bedarf geplanten Installationen (Haustechnik, Elektrotechnik, Informationstechnik, etc.) nicht ohne qualitative Einbußen möglich ist und durch „Social distancing“ (gilt auch am Bau) in Pandemiezeiten zusätzlich erschwert wird. Daher sind technisch schnell realisierbare Lösungen zu bevorzugen. Dazu gehört etwa, dass einzelne Bereiche zügig voneinander getrennt werden können. Dies ist derzeit bereits mittels Brandschutztüren realisierbar und könnte mit der Schaffung von modular herstellbaren Schleusen im Bereich der bestehenden Brandschutztüren rasch und kostengünstig optimiert werden.

Die Versorgungs- und Entsorgungskreisläufe sollten durch bereits gebaute Schleusensysteme für Material und Personal im Krisenfall in Stunden auf geänderte Anforderungen adaptiert werden können. Dies gilt auch für die mögliche zonenweise Umschaltbarkeit der technischen Infrastruktur. All diese Überlegungen sollten als Standards im künftigen Krankenhausbau Eingang finden und als wandelbare Struktur höchsten Anforderungen gerecht werden. Dies kann und sollte auch bei kritischer Betrachtung erhöhter Investitionskosten als vorbeugender Impuls dienen.

FAZIT

Hinsichtlich des Baus eines Krankenhauses werden die zeitintensiven und oftmals mehrjährigen Planungsprozesse nur bedingt beschleunigt werden können. Wesentlicher ist es, in Krisenzeiten wie etwa der aktuellen Corona­Pandemie unverzüglich zusätzliche Kapazitäten für Quarantäne­Maßnahmen beziehungsweise leichte Fälle zu schaffen. Hierzu gehören unter anderem Lazarette wie in den Räumlichkeiten der Messe Wien. Solche Kapazitäten können zügig und unbürokratisch geschaffen und nach überstandener Krise auch ebenso rasch wieder abgebaut werden.

*) Architekt Mag. Josef Moser, 
Senior Partner von Moser Architects ZT GmbH,

Handelskai 130, 1020 Wien, ist als Experte im Krankenhausbau
national und international tätig; von 1969 bis 1990 war er als
Mitglied des Planungsbüros leitend für die Errichtung des AKH
Wien verantwortlich.

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2020