Sonderfach „Orthopädie/Traumatologie“: Problem: Der Umstieg

25.01.2020 | Politik


Im Zuge der Ärzte-Ausbildungsreform wurde der Grundstein für das neue Sonderfach Orthopädie/Traumatologie gelegt. Die Übergangsbestimmungen wurden für in Ausbildung
stehende Ärzte und Fachärzte geschaffen, um das neue Sonderfach zu erwerben.

Unsicherheitbeiden jungen Kollegen hinsichtlich des neuen Sonderfaches ortet der Bundesfachgruppen-
obmann Unfallchirurgie in der ÖÄK, Richard Maier. „Seit 2015 ist das einzig auszubildende Fach das neue Sonderfach ‚Orthopädie & Traumatologie‘, das die alten Sonderfächer Orthopädie und Orthopädische Chirurgie sowie Unfallchirurgie ablöst. Das Problem sind die Umstiegsmöglichkeiten, weil es nicht überall ausreichend Stellen gibt.“

Ausbildungsstellen werden prinzipiell von der Ärztekammer hinsichtlich ihrer Eignung überprüft, auf das neue Fach angerechnet zu werden. „Durch ministeriell bedingte Verzögerungen waren zu wenige Ausbildungsstellen anerkannt, was zu Stehzeiten führt“, erklärt Maier. Ein weiteres Problem: In einigen Krankenhäusern gebe es zwar Ausbildungsstellen für das neue Sonderfach, aber für die Sonderfach-Grundausbildung stünden nur halbe Ausbildungsstellen zur Verfügung und dementsprechend könnten die Kollegen nicht wechseln. Außerdem bestehe ein Missverhältnis zwischen alten orthopädischen und alten unfallchirurgischen Stellen, was zur Folge habe, dass oft keine Tauschpartner existieren. Darüber hinaus kritisiert Maier den Standpunkt des Ministeriums, wonach es auf einer Abteilung entweder nur Voll- oder Teilausbildungsstellen geben kann: „Es wäre sinnvoll und eine Erleichterung, wenn es für eine Übergangsphase beide Stellenoptionen nebeneinander gibt.“

Auch die starre Regelung, dass von den 36 Monaten Grundausbildung jeweils zur Hälfte auf einer unfallchirurgischen beziehungsweise orthopädischen Abteilung absolviert werden kann, widerstrebt Maier. „Die beiden Fächer haben zu etwa 60 Prozent einen gemeinsamen Stamm, dazu 20 Prozent hochspezifische Orthopädie und 20 Prozent hochspezifische Unfallchirurgie. Das würde bedeuten, dass ein Auszubildender eigentlich nur für acht Monate rotieren müsste. Die Frist für die Übergangsregelungen ist mit 2021 außerdem viel zu kurz. Der Stichtag sollte um einen ganzen Ausbildungszyklus erweitert werden.“

Etwas entspannter sieht der Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie, Univ. Prof. Bernd Stöckl, die Lage. Er betont vorab, dass es sich beim neuen Sonderfach nicht um eine Zusammenlegung der beiden Fächer handelt und beruhigt, was die Ausbildungssituation betrifft: „Junge Kollegen brauchen sich keine Sorgen zu machen, da der Wechsel in Österreich langsam vollzogen wird. Wichtig ist, dass die Ausbildung an den entsprechenden Abteilungen und die Akkreditierung funktionieren. Wir werden mindestens zehn Jahre für den ersten Schritt benötigen, dann wird es nochmals zehn Jahre benötigen, bis beide Fächer so ausgerichtet sind, dass sie den Bedarf decken können. Aber wir haben genug Zeit.“ Allerdings räumt er ein, dass die Rotationen zwischen den Häusern noch nicht optimal funktionieren – „das muss gewährleistet sein. Und wir werden die Ausbildung mit unseren Rasterzeugnissen sehr genau kontrollieren.“ Junge Kollegen hätten genügend Zeit, die für sie optimale Nische zu finden und in das neue Fach hineinzuwachsen.

Wichtig wäre es, die neue Ausbildungsordnung aber etwas zu erleichtern, nämlich insofern, dass nach 18 Monaten in einem Schenkel Orthopädie oder Unfallchirurgie nicht zwingend die zweiten 18 Monate erfolgen müssen, sondern auch ein Modul vorgezogen werden könne. Das würde die Abläufe etwas harmonischer gestalten. Die starke Überlappung der alten Sonderfächer in ihren Inhalten, wie von Maier angegeben, sieht Stöckl nicht (frühere Ausbildung drei Jahre Unfallchirurgie im Hauptfach und vier Jahre Orthopädie im Hauptfach). Das Fach Orthopädie sei in seinem gesamten Inhalt größer als allgemein angenommen. Dies spiegle sich auch im Curriculum und Lerninhalten der EU wider. Hierbei entfallen auf Orthopädie circa 70 Prozent des Lerninhaltes und rund 30 Prozent reine Traumatologie. Ein Anliegen von Stöckl ist u.a. die Einführung der europäischen Prüfung (mündlich und schriftlich) auf Deutsch, um hochqualifizierte neue Fachärzte für die Zukunft sicherzustellen. (hn)


Die gesetzlichen Grundlagen

Für die Ausbildung im neuen Sonderfach gibt es folgende Szenarien: einerseits den Wechsel während laufender Ausbildung (§27) sowie eine Regelung für bestehende Fachärzte (§34) und ab 2015 nur mehr die Ausbildung für das neue Sonderfach.

Eine Übergangsbestimmung (§ 27 Abs. 4 ÄAO 2015) gilt für diejenigen, die bis 31.5.2015 bereits eine Ausbildung entweder im Hauptfach Orthopädie und Orthopädische Chirurgie oder im Hauptfach Unfallchirurgie begonnen haben. Gemäß § 27 Abs. 4 ÄAO 2015 müssen bei einem Umstieg ins neue Sonderfach
verpflichtend 32 Monate im Hauptfach Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 32 Monate im Hauptfach Unfallchirurgie erworben werden. Nebenfach-Ausbildungszeiten aus den beiden Fächern können nicht angerechnet werden. Ergänzend auf 72 Monate können Ausbildungszeiten im Ausmaß von acht Monaten in bereits absolvierten Nebenfächern gemäß ÄAO 2006 oder durch sonstige bereits absolvierte oder zu absolvierende Ausbildungszeiten – insbesondere in konservativen Fachgebieten – abgedeckt werden.

Personen, die die Voraussetzung der Hauptfachausbildung zum Stichtag 31.5.2015 nicht erfüllen, müssen im regulären Weg nach § 27 Abs. 2 in die ÄAO 2015 wechseln und die dort vorgesehene Sonderfach-Grund- und Schwerpunktausbildung absolvieren. In beiden Fällen ist die Facharztprüfung Orthopädie und Traumatologie zu absolvieren.

Regelung für Fachärzte

Gemäß § 34 ÄAO 2015 können Fachärzte für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie sowie für Unfallchirurgie durch eine spezielle ergänzende Ausbildung in der Dauer von zumindest zwölf und höchstens
27 Monaten sowie durch Absolvierung der Facharztprüfung Orthopädie und Traumatologie die neue Fachbezeichnung Orthopädie und Traumatologie erlangen. Die ergänzende spezielle Ausbildung muss bis längstens 31.5.2021 absolviert sein, wobei auf Antrag gleichwertige chirurgische und konservative Tätigkeiten im Rahmen der ärztlichen Berufserfahrung sowie Fort- und Weiterbildungsnachweise auf die ergänzende Ausbildung angerechnet werden können.

Die fachliche Beurteilung der Anträge erfolgt durch die eigens hierfür eingerichtete Kommission Orthopädie und Traumatologie. Basierend auf deren Empfehlung erlässt die Österreichische Ärztekammer einen Anrechnungsbescheid.

Die spezielle ergänzende Ausbildung muss im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zu einer anerkannten Ausbildungsstätte erfolgen, wobei keine Besetzung einer definierten Ausbildungsstelle erforderlich ist. Ansonsten gelten die allgemeinen Regelungen zur Ärzteausbildung (siehe ÄAO 2015 Ausbildung zum Facharzt). Bei Teilzeitbeschäftigung verlängert sich die Ausbildung aliquot.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.1.2020