Nachruf: Gabriele Kogelbauer: 1947 – 2020

15.07.2020 | Politik


Die erste Frau an der Spitze der 1999 neu konstituierten Bundeskurie angestellte Ärzte, die Internistin Gabriele Kogelbauer, ist tot. Sie war die erste Obfrau der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer Wien und auch deren erste Vizepräsidentin. Kogelbauer verstarb Anfang Juni nach kurzem schweren Leiden im 74. Lebensjahr.

Beim 99. Ärztekammertag in Linz im Juni 1999 konstituierte sich erstmals die im Zuge der Kammerreform beschlossene Bundeskurie angestellte Ärzte. Die Obfrau der Landeskurie Wien der angestellten Ärzte, die an der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien als Gastroenterologin tätige Gabriele Kogelbauer, wurde dabei zur Vorsitzenden gewählt. Die Möglichkeiten der direkteren Vertretung der Spitalsärzte-Interessen betrachtete sie in der nunmehr reformierten Ärztekammer als große Herausforderung, erklärte sie damals unmittelbar nach der Wahl unter dem ebenfalls neu ins Amt gewählten Präsidenten Otto Pjeta.

Im ÖÄZ-Antrittsinterview nach ihren Plänen befragt, nannte sie als Arbeitsschwerpunkte das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KA-AZG samt Rufbereitschaft), das Gehaltsschema, die Ausbildung, die Sonderklasse-Verrechnung (Stichwort: freie Arztwahl) sowie das Dienstrecht für Spitalsärztinnen und Spitalsärzte.

Im Sommer 2000 fand erstmals unter Wiener Spitalsärztinnen und Spitalsärzten eine vom Meinungsforschungsinstitut IFES durchgeführte Umfrage zur Arbeitsbelastung von Wiener Spitalsärztinnen und Spitalsärzten statt. Die Ergebnisse: Wiener Spitalsärzte haben Probleme mit den Dienstplänen, den Überstunden, Nachtdiensten, überlangen Arbeitszeiten und leiden unter Personalmangel. Frauen leiden darüber hinaus unter Kommunikationsproblemen, Konkurrenzdruck, Mobbing und schlechtem Arbeitsklima. Diese Umfrage zur Arbeitssituation von Spitalsärztinnen wurde rasch auf ganz Österreich ausgedehnt und zählt mittlerweile zu den Fixpunkten der Arbeit der Bundeskurie angestellte Ärzte.

Mit Herzblut für die Sache

Mit Protestversammlungen auf die „Hinhaltetaktik der Gemeinde Wien“ (Kogelbauer) bei den Gehaltsverhandlungen reagierte die Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer Wien, deren Vizepräsidentin Kogelbauer auch war, im Herbst 2000. Ihr Verhandlungspartner bei der Gemeinde Wien war damals Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder. Zu der ersten – von mehreren – Protestversammlungen im Wiener Wilhelminenspital waren auch Ärzte und Mittelbauvertreter aus anderen Wiener Spitälern gekommen.

Kogelbauer hob damals besonders hervor, dass es einen einstimmigen Beschluss der Kurie der angestellten Ärzte der Ärztekammer Wien gegeben habe, „alle Protestmaßnahmen der Spitalsärzte auch von Seiten der Ärztekammer mitzutragen“. Übrigens: 2002 konnten die Gehaltsverhandlungen in Wien erfolgreich abgeschlossen werden. Ebenso ein Verdienst von Kogelbauer war die Erstellung von heute noch gültigen Ärztekammer-Richtlinien zur Abrechnung der Sonderklassehonorare im Jahr 2003.  

Die Ausbildung war Kogelbauer immer ein besonderes Anliegen. So forderte sie etwa in einem ÖÄZ-Interview Anfang 2003, dass endlich „Schluss sein muss damit, dass Spitalsärzte ihre Fortbildung im Urlaub machen und auch noch selbst bezahlen.“ Anlass für das Interview damals: Die Wiener Turnusärzte hatten der Gehaltsreform in Wien nur unter der Bedingung zugestimmt, dass es eine Ausbildungsoffensive gibt.

Kogelbauer beklagte in diesem Zusammenhang auch die Unzahl der Tätigkeiten, die Fachärzte übernehmen müssten: immer mehr Administration, immer mehr Aufgaben und Dokumentation. Und sie erneuerte die Forderung nach einem Ausbildungsassistenten, „der nichts Anderes macht, als sich um die neu beginnenden Turnusärzte zu kümmern.“

Herausragende Polit-Karriere

Bekannt war Kogelbauer Zeit ihres Lebens für pointierte Formulierungen. So sollten etwa im Zuge des ÖKAP (Österreichischer Krankenanstaltenplan) 2001 Fachschwerpunkte eingeführt werden – österreichweit insgesamt 20 mit jeweils zwei Fachärzten und einem eingeschränkten Leistungsspektrum. Kogelbauer dazu: „Wir Spitalsärzte sind schon bereit, uns von ökonomischen Gedanken leiten zu lassen. Aber erst in zweiter Linie.“

Gabriele Kogelbauer stand von 1999 bis 2003 an der Spitze der Bundeskurie angestellte Ärzte; von 1999 bis 2007 war sie Landeskurienobfrau der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien. Doch schon zuvor war Kogelbauer politisch aktiv: Sie war Gründungsmitglied vom „Wiener Mittelbau“ Ende 1990; einer ursprünglich losen Ansammlung von Wiener Spitalsärztinnen und Spitalsärzten. Ziel dieser Gruppierung war es einerseits, den Primarii in den 1970ern und 1980ern ein selbstbewusstes Gegenüber zu sein; andererseits den Stimmen der Spitalsärzte in der Ärztekammer Gewicht zu verleihen. Das war auch der Grund dafür, wieso sie sich 1999 der Ärztekammerwahl stellte.

Im Jahr 2015 wurde Kogelbauer mit dem Goldenen Ehrenzeichen der ÖÄK ausgezeichnet. In seiner Laudation betonte der damalige ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger, dass sie diejenige war, die als erste „versuchen musste“, die Kurienkammer zu leben. Besonders hob er ihren Einsatz, die Kurienkammer in den Bundesländern zu fördern, hervor. So war es eine ihrer ersten Aktivitäten, die Kurien in den Landesärztekammern zu besuchen und sich direkt mit den Vertretern auszutauschen. Auch sei Kogelbauer immer dafür gestanden, die Interessenspolitik frei zu gestalten, so Wechselberger weiter.

Nach der Absolvierung einer Externisten-Matura studierte Gabriele Kogelbauer in Wien Medizin; Promotion 1975. An der Krankenanstalt Rudolfstiftung absolvierte sie unter Univ. Prof. Anton Neumayer ihre Ausbildung zur Fachärztin für Innere Medizin; später erfolgte die Spezialisierung in Gastroenterologie. Kogelbauer war zielstrebig, kämpferisch, selbstbewusst und selbstbestimmt – bis zuletzt. Sie hinterlässt einen Mann und zwei erwachsene Kinder. (AM)

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2020