Gesprächsführung: Der rote Faden

25.06.2020 | Politik


Jedes Arzt-Patienten-Gespräch benötigt einen roten Faden, eine klare Botschaft – und auch, dass sich der Arzt an ein selbst definiertes Zeitmanagement hält. Denn mehr Zeit in ein Gespräch zu investieren bedeutet nicht zwangsläufig eine bessere Kommunikation.
Nora Schmitt-Sausen

Einstieg – Botschaft – Ausstieg. So lautet die Formel, die jedem Arzt-Patienten-Gespräch zu Grund liegen sollte. Dies bedeutet in der Praxis aber auch: Für einen gelungenen Einstieg in das Gespräch sollte der Arzt ganz genau wissen, wie er das Gespräch mit dem Patienten führen will, da ansonsten die Gefahr droht, sich kommunikativ zu verzetteln. „Der Arzt ist der Profi. Er muss das Gespräch führen und ein Zeitkonzept haben“, betont Kommunikationstrainer Prof. Wolfgang Kölfen von den Städtischen Kliniken Mönchengladbach.

Zu einem guten Gespräch gehört: den eigenen Stress abzuschütteln und auf Patientenfokussierung umzuschalten. Für die konkrete Gesprächsführung ist neben der Sprache die Methodik relevant. So kann man etwa mit Hilfe von Fragen die Gedanken- und Gefühlswelt des Gesprächspartners besser kennenlernen. „Ein offenes, vertrauensvolles Gespräch während der Untersuchung bietet nicht nur viel Raum, um wertvolle Informationen zur Einschätzung des Patienten zu gewinnen, sondern auch um Vertrauen aufzubauen und Zugang zu erhalten“, weiß Kölfen.

Fragen bewusst einsetzen

Mit dem bewussten Einsatz von Fragen können schweigsame Patienten aus der kommunikativen Defensive gelockt werden.
Wobei es hier verschiedene Arten von Fragen gibt:

  • offene Fragen („Wie geht es Ihnen?“)
  • geschlossene Fragen („Haben Sie aktuell Schmerzen?“)
  • Alternativfragen („Ist Ihnen der Termin nächste oder übernächste Woche lieber?“)
  • hypothetische Fragen („Wenn Sie diese Beschwerden nicht hätten, wäre dann alles in Ordnung?“)
  • zirkuläre Fragen („Wenn ich Ihre Frau dazu befrage, würde sie das Gleiche sagen?“)
  • skalierende Fragen („Wie stark sind Ihre Schmerzen heute auf einer Skala von eins bis zehn?“)
  • Bedingungsfragen („Unter welchen Umständen könnten Sie sich auf meine Anregung einlassen?“).

Dabei hat jeder Fragentyp Vorteile und Nachteile und kommt in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz.

Es ist elementar wichtig, einem Arzt-Patienten-Gespräch eine klare Struktur zugeben. „Es ist zwingend notwendig, dass der Arzt seinen Zeitdruck nicht unnötig dadurch verschärft, dass er keinen roten Faden für ein Gespräch hat“, sagt Kölfen. Der Arzt müsse in relativ kurzer Zeit einen klaren Ablauf für das Gespräch erkennbar werden lassen und die zentralen Inhalte des Gesprächs auf den Punkt bringen. So sollte der Arzt bei jedem Gespräch ein vorab klar definiertes Ziel verfolgen und auf das Erreichen dieses Ziels konsequent kommunikativ hinarbeiten.

Eine gute, erkennbare Gesprächsstruktur hilft noch auf einer anderen Ebene: Sie vermittelt dem Patienten Sicherheit und gibt ihm in einer angespannten Situation Orientierung. Dies könne neben einem empathischen und fachlich kompetenten Auftreten eben durch eine professionelle Gesprächsführung gelingen, weiß Kölfen.

Zeitmanagement einhalten

Jeder Arzt sollte einen Plan für den zeitlichen Rahmen eines Arzt-Patienten-Gespräches haben – und diesen selbst gesteckten Rahmen dann im Austausch einhalten. „Wenn ich mir zehn Minuten für ein Gespräch nehmen kann, macht es wenig Sinn, sich acht Minuten lang über wenig wichtige Dinge zu unterhalten und in die letzten zwei Minuten alles reinzuquetschen, was wirklich wichtig für den Patienten ist“, erläutert Kölfen. Der größte Irrtum sei, zu glauben, dass ärztliche Kommunikation besser laufen werde, wenn die Ärzte mehr Zeit für die Arzt-Patienten-Gespräche hätten. Im Gegenteil: „Wenn jemand schlecht kommuniziert, dann nützt ihm mehr Zeit überhaupt nichts. Wenn er noch mehr Zeit gehabt hätte, würde es womöglich noch diffuser für den Patienten werden.“


Tipps für die Gesprächsführung

  1. Eine zielführende Gesprächsvorbereitung – Wie ist die Situation? Was ist das Ziel?
  2. ein kurzer Einstieg
  3. der durchdachte Einsatz von Fragetechniken
  4. eine klare Botschaft
  5. ein freundlich-knapper Ausstieg zur richtigen Zeit.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2020