Corona-Virus: Über­blick

10.05.2020 | Coronavirus, Politik

Nach Ein­schät­zung der WHO und des ECDC ist der Höhe­punkt der Corona-Virus-Epi­de­mie noch nicht erreicht. 90 Pro­zent aller Fälle wer­den in den USA und in Europa ver­zeich­net – hier vor allem in Ita­lien, Spa­nien und Frank­reich. Wäh­rend etwa Russ­land, die Tür­kei und der Iran mit stark stei­gen­den Zah­len an Neu­in­fek­tio­nen kon­fron­tiert sind, kämpft Süd­ko­rea gegen das Wiederaufflackern.

Mehr als 2,8 Mil­lio­nen Men­schen sind mit dem Corona-Virus infi­ziert; mehr als 240.000 daran ver­stor­ben. Wäh­rend es in West­eu­ropa all­mäh­lich zu einer Ent­span­nung der Situa­tion kommt, stei­gen die Fall­zah­len in Irland, Schwe­den und Groß­bri­tan­nien. Besorg­nis erre­gend ist laut WHO die Lage in Ost­eu­ropa, Afrika, Zen­tral- und Südamerika. 

Welt­weit sind laut Johns Hop­kins Uni­ver­si­tät mehr als 2,8 Mil­lio­nen Men­schen sind infi­ziert. Die mit Abstand meis­ten Infek­tio­nen gibt es in den USA (788.000), gefolgt von Spa­nien (204.000), Ita­lien (181.000) und Frank­reich (156.000). Von den klei­ne­ren Län­dern in Europa ist Bel­gien mit mehr als 45.000 Infi­zier­ten betrof­fen und weist eine der höchs­ten Pro-Kopf-Raten an Infek­tio­nen und Todes­fäl­len in Europa auf. Mehr als 240.000 Men­schen sind welt­weit an COVID-19 ver­stor­ben. In den USA ver­zeich­net man mit mehr als 52.000 Toten mehr als ein Vier­tel aller Todes­op­fer, in Ita­lien 26.000, in Spa­nien 23.000, in Frank­reich 22.000 und Groß­bri­tan­nien 20.000 Tote. Aller­dings umfasst die Zahl für Groß­bri­tan­nien nicht die­je­ni­gen, die zu Hause oder in Pfle­ge­hei­men an einer Corona-Virus-Infek­tion gestor­ben sind. Frank­reich ver­zeich­net in der aktu­el­len Corona-Virus-Pan­de­mie mehr Tote als im Rah­men der Hit­ze­welle 2003, bei der mehr als 19.000 Men­schen ums Leben gekom­men sind. Zum Ver­gleich: Wäh­rend der Corona-Epi­de­mie in Chi­na­gab es 4.636 Todes­fälle. Für Europa kon­sta­tiert das Euro­pean Cen­ter for Dise­ase Con­trol (ECDC), dass in 20 von 31 beob­ach­te­ten Län­dern der Höhe­punkt der Corona-Epi­de­mie bereits über­schrit­ten wurde: Hier gab es einen Rück­gang bei den Neu­erkran­kun­gen. In Bel­gien, Bul­ga­rien, Finn­land, Ungarn, den Nie­der­lan­den, Polen, Rumä­nien und der Slo­wa­kei wur­den in den ver­gan­ge­nen zwei Wochen keine wesent­li­chen Ände­run­gen beob­ach­tet. Einen Anstieg der Fall­zah­len gab es jedoch in Irland, Schwe­den und Groß­bri­tan­nien. Die ECDC weist jedoch dar­auf hin, dass in zahl­rei­chen Staa­ten nur schwere oder hos­pi­ta­li­sierte Fälle getes­tet wer­den. Die ECDC bezeich­net die Pan­de­mie in ihrer aktu­el­len Risi­ko­be­ur­tei­lung als eine „bei­spiel­lose Bedro­hung“ in Europa. Die „Stay-at-home“-Politik habe ins­ge­samt in Europa die Aus­brei­tung des Virus ver­rin­gert. Ein zu schnel­les Auf­he­ben der Beschrän­kun­gen ohne ent­spre­chen­des Moni­to­ring und ohne ver­füg­bare Kapa­zi­tä­ten im Gesund­heits­sys­tem könnte zu einem plötz­li­chen Wie­der­auf­le­ben einer anhal­ten­den Virus­über­tra­gung füh­ren, so die War­nung der Behörde. Ähn­lich die Sicht der WHO: „Bei den Epi­de­mien in West­eu­ropa sehen wir Sta­bi­li­tät oder einen abstei­gen­den Trend“, erklärte WHO-Gene­ral­se­kre­tär Tedros Adha­nom Ghe­brey­e­sus. Als „Besorg­nis erre­gend“ bezeich­net er die Lage in Ost­eu­ropa, Afrika, Zen­tral- und Süd­ame­rika. „Die meis­ten Län­der sind bei der Epi­de­mie wei­ter­hin im frü­hen Sta­dium“, so der WHO-Generalsekretär.

Kuba­ni­sche Ärzte für Südafrika

Süd­afrika, das am stärks­ten vom Corona-Virus betrof­fene Land Afri­kas, erhält Hilfe von Kuba: 217 kuba­ni­sche Ärzte wer­den in alle Pro­vin­zen des Lan­des geschickt, nach­dem der süd­afri­ka­ni­sche Prä­si­dent Kuba um Unter­stüt­zung gebe­ten hatte. Laut den Zah­len der pan­afri­ka­ni­schen Gesund­heits­be­hörde Africa CDC weist Süd­afrika mit 4.546 bestä­tig­ten Corona-Fäl­len mehr Infek­tio­nen als jedes andere Land auf dem Kon­ti­nent auf. Schon seit Jah­ren schickt Kuba in Gesund­heits­kri­sen Ärz­tin­nen und Ärzte in alle Teile der Welt – etwa im Zuge der Ebola-Epi­de­mie in West­afrika. Aktu­ell arbei­ten kuba­ni­sche Ärzte und Pfle­ger im Auf­trag ihrer Regie­rung in rund 60 Län­dern welt­weit; dar­un­ter auch in Ita­lien. Im größ­ten latein­ame­ri­ka­ni­schen Land, in Bra­si­lien, wur­den bis­lang 50.000 Infek­tio­nen mit dem Corona-Virus regis­triert – es ist das am stärks­ten betrof­fene Land in Latein­ame­rika. Und Bra­si­lien war das erste Land Latein­ame­ri­kas, in dem ein Mensch am 26. Feber die­ses Jah­res posi­tiv auf SARS-CoV‑2 getes­tet wurde. An zwei­ter Stelle liegt­Peru mit mehr als 15.600 Fäl­len, gefolgt von Chile (10.000 Fälle), Ecua­dor (9.400 Fälle) und Mexiko (7.400 Fälle).

Im Bun­des­staat Ama­zo­nas ste­hen in der 1,7 Mil­lio­nen Ein­woh­ner zäh­len­den Haupt­stadt Man­aus 50 Inten­siv­bet­ten zur Ver­fü­gung. Der Höhe­punkt der Pan­de­mie wird jedoch erst für Mai oder gar erst für Juni erwar­tet. Der Bür­ger­meis­ter von Man­aus, Arthur Vir­gi­lio Neto, meint, dass man nicht mehr „von einem Not­stand spre­chen kann, das ist ein abso­lu­ter Kata­stro­phen­zu­stand“. Der Bun­des­staat Ama­zo­nas umfasst ein Gebiet von 1,5 Mil­lio­nen Qua­drat­ki­lo­me­ter. In den Kran­ken­häu­sern fehlt es nicht nur an Inten­siv­bet­ten, son­dern auch an Schutz­aus­rüs­tung, Medi­ka­men­ten und Rönt­gen­ge­rä­ten. Wegen des stark zen­tra­li­sier­ten Gesund­heits­sys­tems prak­ti­zie­ren 80 Pro­zent der Ärzte, die Pati­en­ten mit COVID-19 behan­deln kön­nen, in der Haupt­stadt. Beson­ders anfäl­lig für das Corona-Virus sind die Urein­woh­ner im Gebiet. In Mos­kau wurde unter­des­sen in nur einem Monat ein Kran­ken­haus für die Behand­lung von Men­schen mit COVID-19 errich­tet. In der am Stadt­rand der rus­si­schen Haupt­stadt errich­te­ten Kli­nik kön­nen bis zu 800 Pati­en­ten betreut wer­den. 500 Mit­ar­bei­ter haben dort ihre Arbeit bereits auf­ge­nom­men; ins­ge­samt sol­len mehr als 1.000 Fach­ärzte dort arbei­ten. Auf dem Gelände wur­den auch Unter­künfte für Mit­ar­bei­ter errich­tet, damit sie vor Ort über­nach­ten kön­nen. In Russ­land gibt es bis­lang mehr als 87.000 bestä­tigte Infek­tio­nen und mehr als 450 Todes­fälle. Amt­li­chen Anga­ben zufolge gibt es in Russ­land mehr bekannte Corona-Virus-Infek­tio­nen als in China mit 82.830 bestä­tig­ten Infek­tio­nen. 31.000 Fäl­len sowie Baden-Würt­tem­berg mit mehr als 30.000 bestä­tig­ten Fäl­len. In Schwe­den wur­den bis­lang mehr als 2.000 Todes­fälle auf­grund von COVID-19 regis­triert; lan­des­weit wur­den mehr als 16.700 Infek­tio­nen nach­ge­wie­sen. Schwe­den hat bei­spiels­weise im Ver­gleich zu Deutsch­land auf die Bevöl­ke­rungs­zahl gerech­net etwas weni­ger regis­triert­e­Infek­ti­ons­fälle, jedoch pro Ein­woh­ner mehr als drei­mal so viele Todes­fälle. Leichte Ent­span­nung zeich­net sich in Frank­reich ab: Seit Ende März sind nach Anga­ben der Gesund­heits­be­hör­den rund 85.000 Men­schen mit COVID-19 in Kran­ken­häu­sern behan­delt wor­den; ins­ge­samt mehr als 22.000 daran ver­stor­ben. Der­zeit sinkt die Zahl der täg­lich ver­zeich­ne­ten Todes­fälle; ebenso auch die Zahl der­je­ni­gen Betrof­fe­nen, die auf Inten­siv­sta­tio­nen betreut wer­den müs­sen. Unter­des­sen mel­det Sin­ga­pur einen Rekord-Anstieg der Infek­tio­nen: So wur­den inner­halb von 24 Stun­den mehr als 1.400 neue Fälle regis­triert, teil­ten die Gesund­heits­be­hör­den mit. Dem­nach gibt es in Sin­ga­pur mehr als 8.000 Infi­zierte; bei der Mehr­zahl der Infi­zier­ten han­delt es sich um Wanderarbeiter. 

Glo­bale Initia­tive bei Impfstoff

Im Zug einer glo­ba­len Initia­tive wol­len die Euro­päi­sche Union, Ver­tre­ter von Inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen und zahl­rei­che Staa­ten ihre Res­sour­cen bei der Ent­wick­lung und dem Ein­satz von Medi­ka­men­ten, Tests und Impf­stof­fen gegen das Corona-Virus bün­deln; die Ergeb­nisse sol­len allen Län­dern zur Ver­fü­gung ste­hen. Die USA betei­li­gen sich nicht an die­ser Initia­tive. Der­zeit werde an mehr als 100 mög­li­chen Impf­stof­fen geforscht, erklärte Seth Ber­kely von der Glo­bal Alli­ance for Vac­ci­nes and Immu­ni­sa­tion (Gavi), die sich auch an der Initia­tive beteiligt.

Corona-Virus bei Nerzen

Eine Corona-Virus-Infek­tion der ande­ren Art wurde indes­sen in den Nie­der­lan­den fest­ge­stellt: Das Land­wirt­schafts­mi­nis­te­rium geht davon aus, dass Mit­ar­bei­ter, die nur leichte Sym­ptome einer Corona-Virus-Infek­tion auf­wie­sen, auf zwei betrof­fe­nen Far­men das Virus auf die Nerze einer Pelz­tier­farm über­tra­gen haben. Die infi­zier­ten Tiere wie­sen Magen-Darm-Pro­bleme und Atem­be­schwe­ren auf. Laut den Anga­ben des deut­schen Fried­rich-Loeff­ler-Insti­tuts sind Flug­hunde und Frett­chen emp­fäng­lich für eine SARS-CoV-2-Infek­tion; Schweine und Hüh­ner hin­ge­gen nicht. Wenig emp­fäng­lich gel­ten auch Hunde; dafür eher Kat­zen – aller­dings gel­ten sie bis­her nicht als Über­trä­ger. Aus New York sind Infek­tio­nen von Tigern und Löwen bekannt. (AM)


COVID-19-Risiko-Attest

Die im Doku­men­ta­ti­ons­bo­gen für die indi­vi­du­elle COVID-19 Risi­ko­ana­lyse erfass­ten Fra­gen bezüg­lich eines schwe­ren Krank­heits­ver­laufs unter­stüt­zen nie­der­ge­las­sene Ärz­tin­nen und Ärzte bei der Beur­tei­lung des indi­vi­du­el­len Risi­kos* von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, die im Arbeits­pro­zess ste­hen. Zu beden­ken gilt, dass Män­ner gene­rell ein höhe­res Risiko haben, schwer an COVID-19 zu erkran­ken. Bei der Detek­tion von beson­ders schüt­zens­wer­ten Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten führt die Sozi­al­ver­si­che­rung eine auf Medi­ka­ti­ons­kom­bi­na­tio­nen basie­rende Vor­auswahl durch; die Ver­si­cher­ten wer­den brief­lich vom Dach­ver­band der Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger ver­stän­digt. In die­sem Schrei­ben wer­den die Betref­fen­den auf­ge­for­dert, sich telefonisch/​per E‑Mail bei ihrem behan­deln­den Arzt zu melden. 

Der Doku­men­ta­ti­ons­bo­gen beinhal­tet fol­gende Fragestellungen: 

• „Besteht eine fort­ge­schrit­tene funk­tio­nelle oder struk­tu­relle chro­ni­sche Lun­gen­krank­heit, wel­che eine dau­er­hafte, täg­li­che, duale Medi­ka­tion benö­tigt?“ Ange­führt wer­den pul­mo­n­ale Hyper­to­nie, Muko­vis­zi­dose und COPD im fort­ge­schrit­te­nen Sta­dium GOLD III (ab Pati­en­ten­gruppe C).

• „Besteht eine chro­ni­sche Herz­er­kran­kung mit End­or­gan­schä­den (dau­er­haft the­ra­pie­be­dürf­tig)? Genannt wer­den ischä­mi­sche Herz­er­kran­kung und Herzinsuffizienz.

• „Besteht eine aktive Krebs­er­kran­kung?“ Ange­führt sind onko­lo­gi­sche Phar­ma­ko­the­ra­pie (Che­mo­the­ra­pie, Bio­lo­gika) inner­halb der letz­ten sechs Monate, Strah­len­the­ra­pie inner­halb der letz­ten sechs Monate und eine metasta­sie­rende Krebs­er­kran­kung auch ohne lau­fende Therapie.

• „Besteht eine Erkran­kung, die mit einer dau­er­haf­ten und rele­van­ten Immun­sup­pres­sion behan­delt wer­den muss?“ Dazu wer­den genannt: Kno­chen­trans­plan­ta­tion: zwei Jahre oder unter immun­sup­pres­si­ver The­ra­pie oder mit GvHD; Organ­trans­plan­ta­tion: einem Jahr oder unter lau­fen­der immun­sup­pres­si­ver The­ra­pie oder mit GvHD; dau­ernde Kor­ti­son­the­ra­pie: > 20mg Prednisonäquivalent/​Tag > zwei Wochen; Immun­sup­pres­sion: Cyclos­po­rin, Tacro­li­mus, Myco­phe­no­lat, Aza­thio­prin, Metho­tre­xat, Tyro­sin­ki­na­sein­hi­bi­to­ren, lau­fende Bio­lo­gi­k­a­the­ra­pie (bei nicht onko­lo­gi­scher Dia­gnose); HIV (hoher Virusload).

• „Besteht eine fort­ge­schrit­tene chro­ni­sche Nie­ren­er­kran­kung?“ Hier sind ange­führt: Chro­ni­sche Nie­ren­in­suf­fi­zi­enz mit einer GFR 45ml/​min; Nie­ren­er­satz­the­ra­pie; St. p. Nie­ren­trans­plan­ta­tion • „Besteht eine chro­ni­sche Leber­er­kran­kung mit Organ­um­bau und dekom­pen­sier­ter Leber­zir­rhose (ab Childs-Sta­dium B)?“ • „Besteht eine aus­ge­prägte Adi­po­si­tas (Adi­po­si­tas Grad III; BMI grö­ßer­gleich 40)?“ • „Besteht ein Dia­be­tes mel­li­tus?“ Genannt wer­den Typ I mit regel­mä­ßig erhöh­tem HBA1c > 7,5%; Typ II mit regel­mä­ßig erhöh­tem HBA1c > 8,5%; Typ I oder II mit Endorganschäden.

• „Besteht eine arte­ri­elle Hyper­to­nie mit bestehen­den End­or­gan­schä­den (ins­be­son­dere chro­ni­sche Herz­in­suf­fi­zi­enz, chro­ni­sche Nie­ren­in­suf­fi­zi­enz) oder nicht kon­trol­lier­ba­rer RR-Einstellung?“

• „Bestehen sons­tige schwere Erkran­kun­gen mit funk­tio­nel­len oder kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen, die einen schwe­ren Krank­heits­ver­lauf von COVID-19 anneh­men lassen?“

*Erfah­run­gen in Öster­reich zei­gen, dass auch unter 65-Jäh­rige ohne bekannte Vor­er­kran­kun­gen einen schwe­ren Ver­lauf einer COVID-19-Erkran­kung haben können. 

Stand: 27. April Quelle: APA

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 9 /​10.05.2020