Corona-Pandemie: Internationale Entwicklung

10.06.2020 | Coronavirus, Politik

Mit bis zu 147.000 Corona-Toten rechnen Experten bis Ende Juli allein in den USA. In Russland wiederum ist Moskau am schwersten von der Pandemie betroffen. Und in Lateinamerika und der Karibik soll die Ausbreitung des Corona-Virus im Juni ihren  Höhepunkt erreichen.

In den USA werden bislang 1,57 Millionen Infektionen registriert; knapp 100.000 sind daran verstorben. Weltweit sind mehr als 325.000 Menschen an einer Infektion mit dem Corona-Virus verstorben. Nach Angaben des Centers for Disease Control (CDC) sind in den USA mehr als 62.000 Mitarbeiter im Gesundheitswesen am Corona-Virus erkrankt und mindestens 290 von ihnen daran gestorben.

Einer aktualisierten Modellrechnung zufolge soll es in den USA bis Ende Juli 147.000 Corona-Tote geben. Dabei handelt es sich um einen Mittelwert: Demnach gehen die Experten von mindestens 113.000 Todesfällen aus und maximal 227.000. Dieser – höhere – prognostizierte Mittelwert bei der Opferzahl begründen Wissenschafter des Instituts IHME der Universität Washington (Seattle) u.a. mit der in vielen Landesteilen beginnenden Lockerung der Corona-Auflagen. Noch vor wenigen Wochen waren die Forscher davon ausgegangen, dass im Hochsommer bei rund 90.000 Toten ein Plateau erreicht würde.

Warnung vor Doppelwelle

Indessen warnte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, angesichts der Lockerung der Maßnahmen gegen die Pandemie in mehreren Ländern vor einer zweiten Welle und der Möglichkeit einer „Doppelwelle“. „In dem Fall könnten wir eine zweite COVID-Welle haben und eine saisonale Grippe oder die Masern“, so Kluge. Die Länder müssten die Zeit nun nutzen, um ihr Gesundheitswesen zu stärken und zum Beispiel die Kapazitäten in Krankenhäusern auszubauen.

Der von der Pandemie am schwersten betroffene Kontinent ist nach wie vor Europa mit knapp 170.000 Toten und fast zwei Millionen Infizierten. An erster Stelle steht dabei Großbritannien mit mehr als 41.000 Toten, gefolgt von Italien mit mehr als 32.000 Toten, Frankreich mit mehr als 28.000 Toten und Spanien mit knapp 28.000 Todesfällen.

In Großbritannien sind im März und April dieses Jahres mehr als 12.000 Bewohner von Pflegeheimen am Corona-Virus gestorben. In den ersten vier Monaten dieses Jahres starben in Großbritannien mehr als 23.000 mehr Menschen in Pflegeheimen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Insgesamt sind bisher 36.000 Menschen am Corona-Virus gestorben; die meisten von ihnen in England und Wales. Die Statistikbehörde verweist jedoch auf die landesweit hohe Übersterblichkeit, die darauf hindeuten könnte, dass die tatsächliche Zahl der Corona-Toten in Großbritannien bereits bei rund 50.000 liegen könnte. Knapp 200 Angehörige des Gesundheitspersonals in Großbritannien an Corona gestorben. Auch in Deutschland, wo mehr als 175.000 Infektionen verzeichnet werden, haben sich mehr als 20.400 Mitarbeiter im Gesundheitswesen mit dem Corona-Virus infiziert.

Hotspots Lateinamerika und Karibik

Allein in Lateinamerika und in der Karibik sind mehr als 760.000 Menschen infiziert; mehr als 41.000 daran gestorben. Fast die Hälfte aller Infektionen wird in Brasilien registriert mit mehr als 310.000 Infektionen und mehr als 23.000 Todesfällen. Experten gehen jedoch davon aus, dass die tatsächliche Infektionszahl bis zu 15mal höher ist, weil nicht ausreichend getestet wird. Außerdem soll der Höhepunkt der Ausbreitung des Virus erst im Juni erreicht werden. Das brasilianische Gesundheitsministerium empfiehlt Hydroxychloroquin für die Behandlung, während die WHO mittlerweile die klinischen Tests mit der Substanz zur Behandlung von COVID-19 wegen Sicherheitsbedenken ausgesetzt. Möglicherweise erhöht eine Behandlung mit Hydroxychloroquin die Sterblichkeitsrate wegen der potentiell schweren Nebenwirkungen – vor allem Herzrhythmusstörungen.

Das am zweitstärksten betroffene Land in der Region ist Peru mit mehr als 104.000 Infizierten und 3.000 Todesfällen; gefolgt von Mexiko mit mehr als 47.000 Infektionen und 7.000 Toten. In Chile, wo sich die Infektion rasant ausbreitet, gibt es mehr als 41.000 Infektionen, in Ecuador mehr als 32.000. Auch Kolumbien, die Dominikanische Republik, Panama und Argentinien sind schwer betroffen.

In Saudi Arabien haben sich nach offiziellen Angaben rund 62.000 Menschen mit dem Corona-Virus infiziert; mehr als 300 sind daran gestorben. Auch in den Nachbarländern ist die Zahl der Corona-Fälle stark gestiegen. So meldet Katar mehr als 37.000 Fälle, die Vereinigten Arabischen Emirate mehr als 25.000 und Kuwait fast 18.000.

In Russland wurde der Einsatz von dort hergestellten Beatmungsgeräten gestoppt, nachdem es in Krankenhäusern in Moskau und St. Petersburg zu Bränden gekommen ist. Dabei sind insgesamt sechs Menschen ums Leben gekommen. In Russland werden mehr als 309.000 Infektionen registriert; mehr als 2.900 Menschen sind daran verstorben, wobei Moskau mit rund der Hälfte aller Infektionen, die es in Russland gibt, am schwersten betroffen ist. Laut der russischen Nachrichtenagentur TASS werden in ganz Russland rund 99.000 Betroffene stationär behandelt; 2.100 von ihnen sind an ein Beatmungsgerät angeschlossen.

Österreich: 268 Cluster

Von insgesamt 16.266 Erkrankungen in Österreich lassen sich laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) 4.672 einem der 268 Cluster zuordnen. 17 Cluster finden sich im Setting Krankenhaus – vor allem Spitalspersonal, was einem Anteil von 211 Personen oder 4,5 Prozent entspricht.

Die mit Abstand meisten Cluster findet man bisher mit 120 im Cluster-Setting Haushalt, das Familie und Freunde einschließt. Mit 561 Personen machen die 120 Cluster zwölf Prozent aller einem Cluster zugeordneten Infektionen aus. Das Cluster-Setting Freizeitaktivität und Haushalt lassen sich drei Cluster zuordnen, die mit 1.093 Infektionen 23,4 Prozent aller untersuchten Cluster-Fälle ausmachen; einer dieser Cluster bezieht sich auf Ischgl, ein zweiter auf St. Anton am Arlberg.

Situation in Schweden

In Schweden, dass sich bekanntlich einen anderen Umgang mit dem Corona-Virus ohne Shutdown entschlossen hat, liegen mittlerweile die ersten Ergebnisse einer von der staatlichen Gesundheitsbehörde durchgeführten Studie vor. Demnach verfügen 7,3 Prozent von mehr als 1.000 zufällig getesteten Stockholmern über Antikörper. Chef-Virologe Anders Tegnell geht davon aus, dass sich „ein bisschen über 20 Prozent“ der Bewohner Stockholms mit dem Corona-Virus infiziert haben. Bei der Hochrechnung des Bevölkerungsanteils mit Antikörpern wurde berücksichtigt, dass die Tests bereits einige Wochen zurückliegen. Mehr als ein Drittel der in Schweden bestätigten Fälle betrifft die Hauptstadt Stockholm. Im äußersten Süden des Landes sind 4,2 Prozent der Getesteten Antikörper-Träger; in der Region um Göteborg sind es 3,7 Prozent. Am ehesten hatten Menschen zwischen 20 und 64 Jahren Antikörper gebildet (6,7 Prozent); bei den über 65-Jährigen waren es 2,7 Prozent. Bei den bis zu 19-Jährigen wiesen 4,7 Prozent Antikörper auf. Schweden hat keine Ausgangsbeschränkungen.

Bislang haben sich in Schweden mehr als 34.000 Personen infiziert; insgesamt sind mehr als 4.000 daran gestorben. In Schweden kommen 40 Todesfälle auf 100.000 Einwohner; in Österreich sieben, in den USA 30, in Frankreich 42 und im United Kingdom 55. (AM)

Stand: 29. Mai  Quelle: APA

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2020