Präd­ia­be­tes: Die letzte Chance

10.04.2020 | Medizin

Jedes Jahr ent­wi­ckeln fünf bis zehn Pro­zent der Per­so­nen mit einem Pr.diabetes einen Dia­be­tes mel­li­tus. Bei der Risi­ko­ab­schät­zung kann die Fami­li­en­ana­mnese wesent­li­che Infor­ma­tio­nen lie­fern. Denn Men­schen, deren Eltern an Dia­be­tes mel­li­tus lei­den, haben ein sechs­fach erhöh­tes Risiko, auch an Dia­be­tes mel­li­tus zu erkran­ken.
Irene Mle­kusch

Welt­weit lei­den mehr als 400 Mil­lio­nen Men­schen an Dia­be­tes mel­li­tus. Berech­nun­gen zufolge wird die Zahl der Betrof­fe­nen in 20 Jah­ren auf mehr als 600 Mil­lio­nen anstei­gen wird. Die Prä­va­lenz von Dia­be­tes mel­li­tus hat in den ver­gan­ge­nen 50 Jah­ren deut­lich zuge­nom­men, wobei etwa 90 Pro­zent der Betrof­fe­nen an Typ 2‑Diabetes lei­den. Man geht davon aus, dass sich einer von zwei Betrof­fe­nen des­sen gar nicht bewusst ist. Auch die Prä­va­lenz des Pr.diabetes nimmt welt­weit zu. In zehn Jah­ren soll die Zahl der Per­so­nen mit Präd­ia­be­tes mehr als 470 Mil­lio­nen betra­gen. In Stu­dien konnte gezeigt wer­den, dass ein unbe­han­del­ter Präd­ia­be­tes bei 37 Pro­zent der Betrof­fe­nen inner­halb von vier Jah­ren zu einem mani­fes­ten Dia­be­tes mel­li­tus führt; inner­halb von zehn Jah­ren steigt das Risiko auf bis zu 50 Prozent.

Der Begriff „Prä- oder Frühdiabetes“ wird seit etwa zehn Jah­ren dis­ku­tiert, obwohl er bereits um 1960 in Publi­ka­tio­nen erwähnt wurde. Die WHO plä­dierte für die Bezeich­nung „Inter­me­diäre Hyper­glyk­ämie“ und die ADA bevor­zugte den „Hoch-Risi­ko­sta­tus für Dia­be­tes“. Als Kri­tik­punkte gal­ten damals, dass einige Men­schen mit Präd­ia­be­tes kei­nen Dia­be­tes ent­wi­ckeln, der Begriff selbst dazu ver­lei­tet, dass noch keine Inter­ven­tion not­wen­dig ist und eine Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen Präd­ia­be­tes und diver­sen ande­ren Dia­be­tes-Risi­ko­fak­to­ren nicht zwin­gend not­wen­dig ist. Univ. Prof. Bern­hard Lud­vik von der 1. Medi­zi­ni­schen Abtei­lung an der Kran­ken­an­stalt Rudolfs­tif­tung in Wien sieht in allen Begrif­fen ein erhöh­tes Risiko, spä­ter an Dia­be­tes zu erkran­ken. Tat­säch­lich beschreibt der Begriff Präd­ia­be­tes eine Puf­fer-Peri­ode vor dem Auf­tre­ten eines Typ 2‑Diabetes, in der die Blut­zu­cker­werte zwar erhöht sind, aber immer noch unter den dia­gnos­ti­schen Kri­te­rien für einen Typ 2‑Diabetes lie­gen. Somit haben sich auch die dia­gnos­ti­schen Kri­te­rien für Präd­ia­be­tes über die Zeit verändert.

Pro­gres­sion und Regres­sion möglich

Die Beein­träch­ti­gung der Funk­tion der Beta­zel­len und die erhöhte Insu­lin­re­sis­tenz sind zwei der Pathome­cha­nis­men dar, die zu Präd­ia­be­tes und in wei­te­rer Folge zu Dia­be­tes mel­li­tus führen. Der Beginn der erhöh­ten Insu­lin­re­sis­tenz im Ske­lett­mus­kel tritt bereits viele Jahre früher auf und kann schon vor Beein­träch­ti­gung der Beta­zel­len auf­tre­ten. Fünf bis zehn Pro­zent der Pati­en­ten mit Präd­ia­be­tes ent­wi­ckeln jähr­lich einen Dia­be­tes mel­li­tus. „Ande­rer­seits kann es statt zu einer Pro­gres­sion auch zu einer Regres­sion in den nicht-dia­be­ti­schen Bereich kom­men“, sagt Lud­vik. Von Pr.diabetes spricht man, wenn der Nüchtern-Blutzucker zwi­schen 100 und 125 mg/​dl liegt, der HbA1c zwi­schen 5,7 und 6,4 Pro­zent liegt oder die Plas­maglu­ko­se­kon­zen­tra­tion zwei Stun­den nach einem ora­len Glu­ko­se­to­le­ranz­test 140 bis 199 mg/​dl beträgt. Die Dis­kus­sion über die tat­säch­li­chen Grenz­werte h.lt aber wei­ter­hin an. „Aller­dings ist ein ein­zel­ner Wert nicht als defi­ni­tiv zu wer­ten“, ergänzt Lud­vik. Am bes­ten w.re der OGTT mit venös bestimm­ten Blut­zu­cker­wer­ten. Da die Unter­su­chung aber recht auf­wen­dig ist, werde man sich auf den erhöh­ten Nüchternblutzucker und – was ver­mut­lich bes­ser sei – auf den HbA1c Wert bezie­hen, so Lud­vik. Univ. Prof. Fried­rich Hop­pich­ler von der Inter­nen Abtei­lung am Kran­ken­haus der Barm­her­zi­gen Brüder in Salz­burg emp­fiehlt vor der Durchführung von Labor­un­ter­su­chun­gen einen Dia­be­tes-Scree­ning-Test wie zum Bei­spiel FINDRISK zur bes­se­ren Risi­ko­be­wer­tung. Bei Vor­han­den­sein eines Risi­ko­fak­tors sollte der Test zumin­dest alle drei Jahre durchgeführt wer­den; bei Präd­ia­be­tes hin­ge­gen ist eine jähr­li­che Tes­tung sinnvoll.

Trig­ger­fak­to­ren

Obwohl alle Mecha­nis­men hin­ter dem Dia­be­tes mel­li­tus noch nicht voll­stän­dig geklärt sind, ist bekannt, dass einige gene­ti­sche und epi­ge­ne­ti­sche Fak­to­ren eine große Rolle spie­len. So ist etwa die Hälfte aller Pati­en­ten mit Dia­be­tes mel­li­tus fett­lei­big mit einem BMI >30; die meis­ten sind übergewichtig mit einem BMI >25. Lud­vik rät dazu, vor allem die stamm­be­tonte Fett­ver­tei­lung in die Risi­ko­be­rech­nung ein­zu­be­zie­hen. Infolge der Fett­lei­big­keit steigt im Kör­per die Anzahl der Adi­po­zy­ten, Zyto­kine, Inter­leu­kine und von TNF-alpha. Alle diese Kom­po­nen­ten trig­gern die inflamm­a­to­ri­sche Akti­vi­tät des Fett­ge­we­bes, das über eine chro­ni­sche unter­schwel­lige Entzündung die Insu­lin­re­sis­tenz för­dert. Bewe­gungs­man­gel und der damit ein­her­ge­hende überwiegend sit­zende Lebens­stil sind einige der Hauptgründe dafür, wieso es zu einem Dia­be­tes mel­li­tus kommt. Von allen Tätig­kei­ten, die im Sit­zen ausgeführt wer­den, fin­det sich beim Fern­se­hen die nied­rigste meta­bo­li­sche Rate. Ersetzt man ledig­lich 30 Minu­ten der Zeit, die man sitzt, durch eine mode­rate bis ver­stärkte Akti­vi­tät, kann die Insu­lin-Sen­si­ti­vi­tät bis zu 15 Pro­zent ver­bes­sert werden.

Auch übermäßiger Alko­hol­kon­sum stellt einen Risi­ko­fak­tor für die Ent­wick­lung eines Typ 2‑Diabetes dar. Bei einem Alko­hol­kon­sum von mehr als 63 Gramm pro Tag fin­det sich eine posi­tive Kor­re­la­tion mit dem Risiko für Dia­be­tes mel­li­tus. Des Wei­te­ren wei­sen Rau­cher ein erhöh­tes Risiko auf, an Dia­be­tes mel­li­tus zu erkran­ken. Stu­dien zufolge erhö­hen 20 Ziga­ret­ten pro Tag das Risiko für Dia­be­tes um 61 Pro­zent; weni­ger als 20 Ziga­ret­ten pro Tag bedeu­ten ein um 29 Pro­zent höhe­res Risiko. Da Niko­tin eine Insu­lin-sen­si­tive Sub­stanz ist, besteht auch beim Ein­satz von Niko­tin-Patches ein erhöh­tes Risiko. Zusätz­lich kann Niko­tin bei den Beta­zel­len im Pan­kreas zu Apo­ptose führen und ins­ge­samt zu einer Reduk­tion der Masse an Beta­zel­len führen. Unter­su­chun­gen an nor­mal­ge­wich­ti­gen Rau­chern haben gezeigt, dass sie mehr Bauch­fett auf­wei­sen als Nicht­rau­cher, was wie­derum einen Risi­ko­fak­tor für Dia­be­tes mel­li­tus und Präd­ia­be­tes dar­stellt. Häu­fig überlappen sich die Fälle mit Dia­be­tes mel­li­tus und Hypertonie.

Da beide Erkran­kun­gen eine ähn­li­che oder teil­weise glei­che Ätio­lo­gie und Erkran­kungs­me­cha­nis­men auf­wei­sen, sind Ursa­che und Fol­gen nur schwer zu ana­ly­sie­ren. „Bezüglich eines erhöh­ten Risi­kos für kar­dio­vas­ku­läre Erkran­kun­gen, wel­che mit Präd­ia­be­tes asso­zi­iert sind, muss man jedoch auch den Ein­fluss der nor­ma­ler­weise asso­zi­ier­ten Risi­ko­fak­to­ren wie Hyper­to­nie und Hyper­li­pi­dä­mie bezie­hungs­weise Dys­li­pi­dä­mie beden­ken“, sagt Lud­vik. Somit sind Pati­en­ten mit kar­dio­vas­ku­lä­ren Risi­ko­fak­to­ren und/​oder mani­fes­ten kar­dio­vas­ku­lä­ren Erkran­kun­gen jene Gruppe, die ein erhöh­tes Risiko für Pr.diabetes haben und dem­entspre­chend gescre­ent wer­den soll­ten. Schon bei Per­so­nen mit Präd­ia­be­tes fin­den sich deut­lich mehr Plaques in den Gefä­ßen. Auch ist die durch­schnitt­li­che Intima-Media-Dicke signi­fi­kant höher als bei Pati­en­ten mit nor­ma­len Glu­ko­se­wer­ten. Bei echo­kar­dio­gra­phi­schen Unter­su­chun­gen fin­den sich bei Pati­en­ten mit Präd­ia­be­tes signi­fi­kant häu­fi­ger frühe Zei­chen einer dia­sto­li­schen Dys­funk­tion. Auch eine redu­zierte Herz­ra­ten­va­ria­bi­li­tät und eine um das Drei­fa­che erhöhte Prä­va­lenz für erek­tile Dys­funk­tion bei Män­nern wurde im Zusam­men­hang mit Präd­ia­be­tes beschrie­ben. Somit kann man davon aus­ge­hen, dass Men­schen mit Pr.diabetes bereits Sch.den in End­or­ga­nen wie Augen, Nie­ren, Blut­ge­fä­ßen und Herz auf­wei­sen kön­nen. Frühe Sta­dien einer Neph­ro­pa­thie und einer chro­ni­schen Nie­ren­er­kran­kung mit Albu­mi­n­urie fin­den sich bei Präd­ia­be­ti­kern ebenso wie Neu­ro­pa­thien. Vas­ku­läre Ver­än­de­run­gen im Bereich der Retina dürften eben­falls frühzeitig ent­ste­hen; die Daten­lage dafür ist aber bis­her nicht ein­heit­lich und vari­iert ja nach Unter­su­chungs­me­thode. Abge­se­hen von kar­dio­vas­ku­lä­ren Risi­ko­fak­to­ren gel­ten als wei­tere Risi­ko­fak­to­ren Hypo­go­na­dis­mus, eine nicht-alko­ho­li­sche Fett­le­ber­er­kran­kung und Acan­tho­sis nig­ri­cans.

Risiko steigt ab 45. Lebensjahr

Alter, Geschlecht und Her­kunft spie­len eben­falls eine Rolle bei der Ent­ste­hung von Dia­be­tes mel­li­tus. Das Risiko, Präd­ia­be­tes zu ent­wi­ckeln, steigt ab dem 45. Lebens­jahr deut­lich an. Die höchste Prä­va­lenz fin­det sich in der Alters­gruppe der 65 bis 74-jäh­ri­gen. Patho­phy­sio­lo­gisch lässt sich diese Tat­sa­che am bes­ten durch die mit zuneh­men­dem Alter abneh­mende Insu­lin­sen­si­ti­vi­tät erklä­ren. Zusätz­lich ver­än­dern sich die Beta­zel­len und pro­du­zie­ren weni­ger Insu­lin, wenn der Mensch älter wird. In Bezug auf das Geschlecht liegt bei Frauen eher eine gestörte Glu­ko­se­to­le­ranz vor, wäh­rend bei Män­nern die erhöhte Nüchtern-Glukose überwiegt. Grund­sätz­lich sind mehr Män­ner – vor allem in jüngerem Alter und bei nied­ri­ge­rem BMI – an Dia­be­tes mel­li­tus erkrankt als Frauen. Die Ursa­che für diese Imba­lance ist noch nicht voll­stän­dig geklärt. Bei Frauen fin­den sich aber im Ver­gleich erhöhte Inflamm­a­ti­ons­pa­ra­me­ter, ungünstigere Ver­än­de­run­gen im Gerin­nungs­sys­tem und höhere Blut­druck­werte sowohl bei Präd­ia­be­tes als auch bei Dia­be­tes mel­li­tus. Die Kör­per­fett­ver­tei­lung dürfte eben­falls eine Rolle spie­len, da Män­ner eher höhere Anteile von vis­ze­ra­lem Fett und Leber­fett ver­zeich­nen als Frauen mit glei­chem BMI. Dage­gen ent­wi­ckeln Frauen mit Gesta­ti­ons­dia­be­tes in ihrer Ana­mnese fast dop­pelt so häu­fig einen mani­fes­ten Dia­be­tes mel­li­tus wie Frauen mit ver­gleich­ba­ren Wer­ten in Bezug auf Insu­lin­re­sis­tenz, Kör­per­ge­wicht und Glu­ko­se­to­le­ranz ohne Schwan­ger­schafts­dia­be­tes. Daher sollte bei Frauen nach einem Gesta­ti­ons­dia­be­tes ein Dia­be­tes-Scree­ning in drei­jäh­ri­gen Abstän­den erfol­gen. Auch das Poly­zys­ti­sche Ova­ri­al­syn­drom stellt einen geschlechts­spe­zi­fi­schen Risi­ko­fak­tor für Präd­ia­be­tes und Dia­be­tes mel­li­tus dar.

Unab­hän­gig vom Geschlecht spielt auch die Eth­ni­zi­tät eine bedeu­tende Rolle. Men­schen mit nicht-kau­ka­si­scher Her­kunft haben ein erhöh­tes Risiko, einen Dia­be­tes mel­li­tus zu ent­wi­ckeln. Die Fami­li­en­ana­mnese vor allem bei Ver­wand­ten ers­ten Gra­des kann wesent­li­che Infor­ma­tio­nen bezüglich einer Risi­ko­ab­schät­zung lie­fern, da Men­schen, deren Eltern an Dia­be­tes lei­den, ein sechs­fach erhöh­tes Risiko haben, eben­falls an Dia­be­tes mel­li­tus zu erkran­ken. Mehr als 40 Gene wie zum Bei­spiel CAPN10 und ACRP30 konn­ten bis­her in die­sem Zusam­men­hang als ver­ant­wort­lich iden­ti­fi­ziert wer­den, aber auch Gen­re­gio­nen wie PPARG und KCNJ11 sind mit dem Auf­tre­ten von Dia­be­tes ver­linkt. Grund­sätz­lich rever­si­bel Präd­ia­be­tes ist ein grund­sätz­lich rever­si­bler Zustand, des­halb soll­ten spä­tes­tens dann Maß­nah­men ergrif­fen wer­den, wenn die Dia­gnose gestellt ist. Beide Exper­ten emp­feh­len jähr­li­che Kon­trol­len für Pati­en­ten mit Pr.diabetes im Hin­blick auf ihre Risi­ko­fak­to­ren und m.gliche Spät­fol­gen. „Eine Lebens­stil­mo­di­fi­ka­tion mit Reduk­tion eines zumeist bestehen­den Über­ge­wichts und Umstel­lung der Ernäh­rung im Sinne einer medi­ter­ra­nen Ernäh­rungs­form aller­dings mit kom­ple­xen Koh­len­hy­dra­ten sowie ver­mehrte kör­per­li­che Akti­vi­tät im All­tag und mit­tels Sport sind die wich­tigs­ten Maß­nah­men“, betont Lud­vik. Die phy­si­sche Akti­vie­rung ver­bes­sert die Insu­lin­sen­si­ti­vi­tät durch die Oxi­da­tion von freien Fett­säu­ren, führt zur Ver­bes­se­rung der mito­chon­dria­len Funk­tion im Ske­lett­mus­kel und redu­ziert die Lipo­to­xi­zi­tät im Ske­lett­mus­kel und der Leber. Zusätz­lich wird der Serum­ge­halt von Adi­ponec­tin ange­ho­ben und die Auf­nahme von Glu­kose in den Mus­kel­zel­len erhöht. Hop­pich­ler ver­weist auf eine Reihe gro­ßer Dia­be­tes-Prä­ven­ti­ons­stu­dien, in denen die Effek­ti­vi­tät von Lebens­stil­maß­nah­men zur Prä­ven­tion der Mani­fes­ta­tion eines Typ 2‑Diabetes bestä­tigt wurde. „In der Dia­be­tes Pre­ven­tion Study und im Dia­be­tes Pre­ven­tion Pro­gram wurde durch Lebens­stilin­ter­ven­tion, aber auch medi­ka­men­töse Maß­nah­men eine Reduk­tion der Dia­be­tes-Mani­fes­ta­tion erreicht“, so Hop­pich­ler. Die Lebens­stil­mo­di­fi­ka­tio­nen haben sich vor allem bei Frauen und älte­ren Men­schen als effek­tiv erwiesen.

Medi­ka­mente gegen Progression

Um eine Pro­gres­sion von Präd­ia­be­tes zu einem Typ 2‑Diabetes zu ver­hin­dern, kön­nen auch Medi­ka­mente ein­ge­setzt wer­den. „Es gibt der­zeit keine medi­ka­men­töse Zulas­sung zur Behand­lung des Präd­ia­be­tes, obwohl es gute Daten für Met­formin und Gli­ta­zone gibt“, merkt Lud­vik an. Met­formin wird seit lan­ger Zeit ver­wen­det, um Dia­be­tes mel­li­tus zu behan­deln. Es hat zusätz­lich einen posi­ti­ven Effekt auf den BMI, die Lipidwerte und hat sich als sicher im Umgang erwie­sen ohne schwere Neben­wir­kun­gen. Gli­ta­zone erwie­sen sich eben­falls als wirk­sam durch eine Ver­bes­se­rung der Insu­lin­sen­si­ti­vi­tät und Bei­be­hal­tung der Beta­zell-Funk­tion. Aller­dings besteht bei der Ein­nahme von Gli­ta­zone ein grö­ße­res Risiko für eine Gewichts­zu­nahme, ein erhöh­tes Risiko für Herz­ver­sa­gen und ver­mehrte Ödem­bil­dung. „Zu den in den Diabetes-Pr.ventionsstudien ein­ge­setz­ten Medi­ka­men­ten zäh­len vor allem Met­formin, Pio­g­li­ta­zon und Orli­stat,“ fasst Hop­pich­ler zusam­men. Bei Orli­stat han­delt es sich um einen gas­tro­in­testi­na­len Lipase-Inhi­bi­tor, der in der Lage ist, die Absorp­tion von Fett bis nahezu 30 Pro­zent zu redu­zie­ren. Lud­vik ver­weist dar­auf, dass es der­zeit keine medikament.se Zulas­sung zur Behand­lung von Pr.diabetes gibt, obwohl die Daten für Met­formin und Gli­ta­zone gut sind. Trotz­dem soll­ten Inter­nis­ten bei ausgew.hlten Pati­en­ten mit kardiovaskul.ren Erkran­kun­gen und Pr.diabetes unter regel­mä­ßi­gen Kon­trol­len den Ein­satz von Met­formin in Erwä­gung zie­hen. „Über­aus erfolg­reich ist die Dia­be­tes-Remis­sion nach baria­tri­scher Chir­ur­gie“, beschreibt Hop­pich­ler eine wei­tere The­ra­pie­op­tion bei adi­pö­sen Pati­en­ten mit Pr.diabetes und Dia­be­tes mel­li­tus. Zusätz­lich zum erwünschten Gewichts­ver­lust redu­ziert sich nach einer baria­tri­schen Ope­ra­tion die Inzi­denz für Typ 2‑Diabetes und bei Pati­en­ten mit erhöh­ten Blut­glu­ko­se­wer­ten auch das Risiko für kardiovaskul.re Erkran­kun­gen. Nach baria­tri­schen Ope­ra­tio­nen konnte eine Risi­ko­re­duk­tion für das Ent­ste­hen eines Dia­be­tes mel­li­tus von bis zu 75 Pro­zent ver­zeich­net wer­den. Hop­pich­ler abschlie­ßend: „Eine Ver­än­de­rung des Lebens­stils redu­ziert das Dia­be­tes­ri­siko um 39 Pro­zent. Die Reduk­tion durch den Ein­satz von Medi­ka­men­ten liegt bei rund 36 Prozent“.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 7 /​10.04.2020