Kurz und informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.11.2020 | Medizin

Darm-Mikrobiom schützt vor Asthma

Ein vergleichsweise großer Teil der Schutzwirkung des Bauernhofs vor Asthma im Kindesalter ist auf die Reifung des DarmMikrobioms im ersten Lebensjahr zurückzuführen, sagt Martin Depner vom Helmholtz Zentrum in München. Dieses untersuchte im Rahmen einer internationalen Studie in Zusammenarbeit mit dem Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und unter Mitarbeit von Univ. Prof. Josef Riedler vom Kardinal Schwarzenberg Klinikum in Salzburg Stuhlproben von mehr als 700 Kindern im Alter von zwei bis zwölf Monaten, die teilweise auf Bauernhöfen aufwuchsen. Kinder mit einem ausgereiften Darm-Mikrobiom wiesen eine höhere Menge an Darmbakterien wie Roseburia und Coprococcus auf, die kurzkettige Fettsäuren produzieren. Für den Asthmaschutz ist nicht ein einzelnes Bakterium verantwortlich; vielmehr ist die Reifung des gesamten Darm-Mikrobioms der Schlüsselfaktor. Daher stellen die Wissenschafter den Einsatz von einzelnen Bakterien als Probiotika zur Asthma-Prävention in Frage. APA/Nature

Arbeitsweg zu Fuß oder mit Fahrrad ersetzt Fitnesstraining

Legt man den Weg zur Arbeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, kann das ein guter Ersatz für regelmäßiges Fitnesstraining sein, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Zu diesem Schluss kommt eine u. a. von der Universität Salzburg und dem Universitätsspital Zürich durchgeführte Studie. 70 Mitarbeiter der Salzburger Landeskliniken legten für das Experiment ein Jahr lang ihren Arbeitsweg mit dem Rad oder teils zu Fuß zurück. Die Kontrollgruppe änderte nichts an ihrem Pendlerverhalten. Ihre Mobilität dokumentierten sie via Online-Mobilitätstagebuch und Fitness-Trackern. In der Nachuntersuchung am Ergometer zeigten die „Bewegungsgruppen“ eine ähnliche Leistungssteigerung wie nach einem Jahr Training im Fitnessstudio. Der Effekt ist überdies Dosisabhängig: Diejenigen, die sich über längere Strecken bewegten, profitierten stärker. Auf Grundlage der Erkenntnisse wurde in einem weiteren Schritt ein „Pendlerrechner“ mit Routenempfehlungen für Arbeitswege entwickelt. APA/Scandinavian Journal of Medicine and Science in Sports

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von 4.000 Menschen fehlt das Corpus Callosum, das für die Impulsübertragung notwendig ist. Allerdings: 25 Prozent der Betroffenen merken davon nichts. Zahlreiche Verbindungen in den getrennten Hirnhälften übernehmen die Kommunikation, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Das haben Neurologen der Universität Genf um Vanessa Siffredi mittels MRT bei 20 australischen Kindern ohne Hirnbalken herausgefunden. Dabei sind die kognitiven Fähigkeiten umso besser, je stärker diese Verbindungen sind. APA/Cerebral Cortex

Mikroglia: Koordinatoren des Nervensystems

Die potentiellen Auswirkungen der Aktivität von Mikroglia in Gehirnen von Mäusen und Miniatur-Gehirnen aus umprogrammierten menschlichen Stammzellen untersucht Sandra Siegert vom Institute of Science and Technology (IST) in Klosterneuburg. Mikroglia – nach Ansicht von Siegert die Koordinatoren der Nervenzellen – formt das Gehirn in der Entwicklung, indem sie unnötige Verbindungen zwischen Nervenzellen kappt. Wird Mikroglia jedoch bei neurodegenerativen Erkrankungen aktiviert, entfernt sie auch gesunde Nervenzellen – etwa bei M. Alzheimer, M. Parkinson, Multipler Sklerose oder Depressionen. Dieser „Übereifer“, so Siegert, würde etwa durch Umweltsignale oder Genaktivierung in Mikroglia ausgelöst. Woher die falschen und richtigen Befehle für die MikrogliaZellen genau stammen, ist Gegenstand weiterer Forschungen. APA

Vitamin A steuert Fettverbrennung

Bei Menschen und Mäusen kommt es durch moderate Kälteanwendung zum Anstieg von Vitamin A sowie dem Retinol-bindenden Protein. Dabei führt die Kälte zur Umverteilung von Vitamin A von der Leber ins Fettgewebe und der Umwandlung von weißem zu braunem Fett (Browning) mit einer gesteigerten Fettverbrennung und Wärmeproduktion. Diese Details konnten Forscher der Medizinischen Universität Wien um Assoc. Prof. Priv. Doz. Florian Kiefer von der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel mit Beteiligung der Harvard University in Boston und der Rutgers University in New Jersey nachweisen. „Das heißt allerdings nicht, dass man einfach ungezügelt Vitamin-ASupplemente zu sich nehmen soll, da es vor allem darauf ankommt, dass es zur richtigen Zeit zu den richtigen Zellen transportiert wird“, so Kiefer. Mit zunehmendem Alter und bei Übergewicht schwindet die Anzahl der braunen Fettzellen – die Umwandlung von weißem in braunes Fett könnte den Autoren der Studie zufolge daher eine neue Therapieoption gegen Adipositas sein. APA/Molecular Metabolism

Leben im Grünen mindert Rauchverlangen

Lebt man in unmittelbarer Nähe zu Grünflächen, ist die Wahrscheinlichkeit zu rauchen um 20 Prozent geringer. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Wien, der Universität Plymouth und der Universität Exeter. Bei Menschen, die zu einem Zeitpunkt ihres Lebens geraucht haben, erhöht sich außerdem die Wahrscheinlichkeit, erfolgreich mit dem Rauchen aufzuhören, um zwölf Prozent, wenn sie im ländlichen Bereich leben. Die Daten stammen von mehr als 8.000 Erwachsenen aus Großbritannien, die Fragen zu ihrer Gesundheit, ihrem Wohnort und anderen Lebensstilfaktoren im Rahmen des Health Survey for England (HSE) beantwortet haben. APA/Social Science & Medicine

Rote Rüben-Peptid bei Multipler Sklerose

Ein Peptid aus roten Rüben kann bei entzündlichen neurodegenerativen Erkrankungen therapeutisch eingesetzt werden. Es blockiert die Prolyloligopeptidase (POP), das beim Abbau von Peptidhormonen und der Steuerung von Entzündungsreaktionen mitwirkt. Forscher des Instituts für Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Assoc. Prof. Priv. Doz. Christian Gruber haben dieses Peptid isoliert. POP gilt als vielversprechendes Wirkstoffziel beispielsweise bei M. Alzheimer oder Multiple Sklerose. APA/MedUni Wien

Medien-Multitasking beeinträchtigt Kognition

Häufiges Medien-Multitasking – etwa gleichzeitig fernsehen und im Internet surfen – kann für das Gedächtnis schädlich sein, wie US-amerikanische Wissenschafter der Stanford Universität herausgefunden haben. Für die Untersuchung führten 80 Probanden zwischen 18 und 26 Jahren verschiedene Gedächtnisübungen durch. Mittels EEG wurden Pupillenreaktionen und vor allem die Alpha-Aktivität, die „mit Unachtsamkeit, Abschweifen und Ablenkbarkeit in Verbindung gebracht“ wird, gemessen, so der Psychologe und Hauptautor der Studie Kevin Madore. Verengungen des Pupillendurchmessers hängen mit einem Leistungsabfall sowie langsameren Reaktionszeiten und abschweifenden Gedanken zusammen. Zusätzlich wurden die Medien-Multitasking-Gewohnheiten der Teilnehmer erhoben. Conclusio: Die Probanden mit kürzerer Aufmerksamkeitsspanne und intensiverem Medien-Multitasking-Verhalten schnitten schlechter bei den Gedächtnisübungen ab. Es handelt sich dabei jedoch bis dato nur um eine Korrelation und keinen kausalen Zusammenhang. APA/Nature

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2020