Kurz und infor­ma­tiv: Medi­zi­ni­sche Kurzmeldungen

15.12.2020 | Medizin


Schlech­ter Schlaf durch Willenskraft 

Wer sich vor­nimmt, schlecht zu schla­fen, tut dies auch, ver­an­schau­licht eine Stu­die von Diplom-Assis­ten­tin Selina Com­ber­taldi vom Depart­ment für Psy­cho­lo­gie der Uni­ver­si­tät Frei­burg. Vor dem Ein­schla­fen erhiel­ten 22 Stu­di­en­teil­neh­mer jeweils unter­schied­li­che Auf­ga­ben: Sie soll­ten sich ent­we­der wün­schen, gut, schlecht oder nor­mal zu schla­fen. Über drei Nächte hin­durch wurde die Gehirn­ak­ti­vi­tät der Pro­ban­den gemes­sen und sie am Mor­gen nach ihrer Schlaf­qua­li­tät befragt. Das Ergeb­nis: Der Wille gut zu schla­fen sorgte nicht für bes­se­ren Schlaf; jene, die sich vor­ge­nom­men hat­ten, schlecht zu schla­fen, berich­te­ten hin­ge­gen von einer Ver­län­ge­rung der Ein­schlaf­zeit um mehr als das Dop­pelte, häu­fi­ge­rem Auf­wa­chen und schlech­tem Schlaf. Außer­dem wie­sen sie eine lang­sa­mere Reak­ti­ons­zeit nach dem Auf­wa­chen auf. Com­ber­taldi hofft, dass die Stu­die zum Ver­ständ­nis von Schlaf­pro­ble­men bei­tra­gen kann. APA/​Nature and Sci­ence of Sleep

Fischöl: als Prä­ven­tion ungeeignet

Omega-3-Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­tel sind unwirk­sam bei der Prä­ven­tion von Herz-Kreis­lauf­ereig­nis­sen – die­ses Ergeb­nis einer nor­we­gi­schen Unter­su­chung prä­sen­tierte Are Kal­stad beim dies­jäh­ri­gen Jah­res­kon­gress der Ame­ri­can Heart Asso­cia­tion (AHA). Für eine der Stu­dien der Uni­ver­si­tät Oslo ver­ab­reichte man 1.027 Pati­en­ten im Alter von durch­schnitt­lich 75 Jah­ren, die kurz zuvor einen Myo­kard­in­farkt erlit­ten hat­ten, als Sekun­där­prä­ven­tion Kap­seln mit 1,8 Gramm Omega-3-Fett­säu­ren aus Fisch- oder mit Pflan­zenöl als Pla­cebo. Nach zwei Jah­ren kam es in der Fischöl-Gruppe zu 108 kar­dio­vas­ku­lä­ren Ereig­nis­sen; das ent­spricht einer Häu­fig­keit von 21,4 Pro­zent; in der Pla­cebo-Gruppe erkrank­ten 102 Pati­en­ten (20 Pro­zent). In einer zwei­ten, welt­weit durch­ge­führ­ten Stu­die mit 13.078 Pati­en­ten von 675 Zen­tren in 22 Staa­ten zeigte sich ein ähn­li­ches Resul­tat; die Pro­ban­den, die Fischöl-Kap­seln erhiel­ten, klag­ten dop­pelt so oft über gas­tro­in­testi­nale Beschwer­den. Diese im JAMA ver­öf­fent­lichte Stu­die wurde früh­zei­tig abge­bro­chen, weil eine Zwi­schen­aus­wer­tung nahe­legte, dass sich kein Effekt erge­ben würde. APA/​JAMA/​Circulation

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Corona-Infi­zierte – diese Dun­kel­zif­fer ergibt eine vom Bil­dungs­mi­nis­te­rium in Auf­trag gege­bene Prä­va­lenz­stu­die. Das sind 3,1 Pro­zent der in Pri­vat­haus­hal­ten leben­den Bevöl­ke­rung ab 16 Jah­ren. 55 Pro­zent davon waren behörd­lich nicht erfasst. Mitte Novem­ber wur­den 2.263 Per­so­nen mit­tels Nasen-Rachen-Abstrich getes­tet. 72 Per­so­nen aus der Stich­probe waren posi­tiv. APA

Glu­cose und Sac­cha­rose sät­ti­gen unterschiedlich

Unter­schied­li­che Zucker­ar­ten beein­flus­sen unab­hän­gig von ihrem Ener­gie­ge­halt die Nah­rungs­auf­nahme. Zu die­sem Ergeb­nis kom­men Bar­bara Lie­der von der Fakul­tät für Che­mie an der Uni­ver­si­tät Wien und Vero­nika Somoza vom Leib­niz-Insti­tut für Lebens­mit­tel-Sys­tem­bio­lo­gie an der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Mün­chen. Sie unter­such­ten, inwie­weit die Geschmacks­wahr­neh­mung von Zucker zur Sät­ti­gung bei­trägt. 27 Män­ner zwi­schen 18 und 45 Jah­ren erhiel­ten ent­we­der eine zehn­pro­zen­tige Zucker­lö­sung oder die idente Zucker­lö­sung, der Lac­ti­sole – es min­dert die Süß­wahr­neh­mung – zuge­setzt war. Die Män­ner erhiel­ten ein­mal eine Lösung mit Glu­cose und ein­mal eine mit Sac­cha­rose – mit jeweils glei­chem Ener­gie­ge­halt. Zwei Stun­den nach dem Trin­ken der Lösung durf­ten die Teil­neh­mer früh­stü­cken, soviel sie woll­ten. Nach dem Kon­sum der Lac­ti­sole-hal­ti­gen Sac­cha­rose-Lösung nah­men die Teil­neh­mer rund 13 Pro­zent mehr Nah­rungs­en­er­gie (rund 100 Kilo­ka­lo­rien) auf als nach dem Trin­ken der Lac­ti­sole-freien Sac­cha­rose-Lösung. Bei jenen, die Sac­cha­rose mit Lac­ti­sole zu sich nah­men, ver­rin­gerte sich außer­dem die Kör­per­tem­pe­ra­tur sowie der appe­tit­hem­mende Sero­ton­in­spie­gel im Blut. Die vor­sich­tige Inter­pre­ta­tion der Wis­sen­schaf­ter: Dem­nach beein­flusst Sac­cha­rose über den Süß­ge­schmacks-Rezep­tor die Sät­ti­gungs­re­gu­la­tion. APA/​Nutrients

Can­na­bis-Psy­cho­sen neh­men zu 

Seit 2011 regis­trie­ren Wis­sen­schaf­ter der Kli­nik für Psych­ia­trie und Psy­cho­the­ra­pie III am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm eine Ver­dopp­lung der Zahl der Pati­en­ten mit einer Can­na­bis-Psy­chose. Wäh­rend 2011 nur sie­ben Pati­en­ten – meis­tens junge Män­ner – wegen einer Can­na­bis-indu­zier­ten Psy­chose behan­delt wur­den, waren es 2016 bereits 24 und 2019 schließ­lich 59. Die rela­tive Häu­fig­keit stieg von 0,5 Pro­zent (2011) auf 3,86 Pro­zent (2019). Die Ursa­che für diese Ent­wick­lung könnte der hohe Tetra­hy­dro­can­na­bi­nol (THC)-Gehalt von hoch­po­ten­ten Neu­züch­tun­gen sowie von syn­the­ti­schen Can­na­bis-Pro­duk­ten sein. Mitt­ler­weile weiß man, dass nicht nur ein hoher THC-Wert, son­dern auch das Miss­ver­hält­nis zwi­schen THC und CBD ein erhöh­tes Risiko für das Auf­tre­ten von Can­na­bis-Psy­cho­sen dar­stellt. Ein wei­te­rer Grund: die Zulas­sung von medi­zi­ni­schem Can­na­bis im Jahr 2017. Ab die­sem Zeit­punkt zeigt sich in der Stu­die, dass der Anstieg der Fälle noch eine Spur stär­ker ist. Uni Ulm/​Journal of Cli­ni­cal Psychopharmacology

Neues Influ­enza-Medi­ka­ment vor EU-Zulassung 

Die EU-Kom­mis­sion hat der Euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­agen­tur die Zulas­sung eines Medi­ka­ments mit einem neuen Wirk­prin­zip für die Behand­lung der Influ­enza emp­foh­len. Baloxa­vir, das oral ver­ab­reicht wird, ist in den USA bereits seit 2019 zuge­las­sen. Es hemmt die Endo­nu­clease-Enzym-Funk­tion der Viren am Beginn ihrer Repli­ka­tion und stoppt so deren Ver­meh­rung. Das Medi­ka­ment muss nur ein­mal – spä­tes­tens 48 Stun­den nach dem Beginn der Sym­ptome – ein­ge­nom­men wer­den. Die Halb­werts­zeit beträgt etwa 80 Stun­den. Für die Wirk­sam­keit der Sub­stanz lie­gen drei große Phase III-Stu­dien vor, in denen ein signi­fi­kan­ter Rück­gang der Sym­ptom-Dauer nach­ge­wie­sen wer­den konnte. Dar­über hin­aus soll Baloxa­vir auch einen Effekt gegen Influ­enza A‑Viren haben, die gegen Osel­ta­mi­vir resis­tent sind. APA

Tief­schlaf bes­sert Rege­ne­ra­tion nach Insult

Wird der Schlaf durch die Kon­trolle der neu­ro­na­len Akti­vi­tät und Hirn­wel­len mit Licht beein­flusst, kann die Erho­lung nach einem Schlag­an­fall geför­dert wer­den. Zu die­ser Con­clu­sio kom­men Prof. Clau­dio Bas­setti und Prof. Antoine Ada­man­ti­dis von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Neu­ro­lo­gie der Uni­ver­si­tät Bern und des Insel­spi­tals. Im Tier­ver­such ver­bes­serte die via Opto­ge­ne­tik mög­li­che Induk­tion von lang­sam-wel­li­gem Non-REM-Schlaf die moto­ri­sche Reha­bi­li­ta­tion nach einem Insult. In die­ser Tief­schlaf­phase schüt­tet das Gehirn Wachs­tums­hor­mone aus, die zur Rege­ne­ra­tion des Kör­pers bei­tra­gen. Außer­dem benö­tigt das Gehirn nach einem Insult aus­rei­chend Schlaf, um Ner­ven­zell­kon­takte neu aus­zu­bil­den. APA/​Journal of Neuroscience

Gen bestimmt Risiko für Metastasen

Bei der Unter­su­chung der Gene, die zel­lu­läre Inter­ak­tio­nen steu­ern, wurde VSIG1 als das Gen iden­ti­fi­ziert, das Krebs­zel­len am Wan­dern hin­dert. For­scher der Uni­ver­si­tät mar­kier­ten ver­schie­dene Arten von Dick­darm­krebs­zel­len gene­tisch, um zu prü­fen, wel­che Zel­len zur Metasta­sie­rung nei­gen. In der Folge beob­ach­te­ten sie, dass sich die Wan­de­rung der mali­gnen Zel­len stop­pen ließ, wenn sie nicht-metasta­sie­rende und metasta­sie­rende Zel­len kom­bi­nier­ten. Dies bedeu­tet nach Ansicht der For­scher, dass zel­lu­läre Inter­ak­tio­nen für den Pro­zess der Meta­sta­sen-Bil­dung rele­vant sind. Die Resul­tate könn­ten dazu bei­tra­gen, neu­ar­tige The­ra­pien für das Kolon­kar­zi­nom und auch andere Kar­zi­nome zu ent­wi­ckeln. APA/​Cell Reports

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 23–24 /​15.12.2020