Kurz und informativ: Medizinische Kurzmeldungen

15.08.2020 | Medizin


Lachgas bei posttraumatischer Belastungsstörung

Der Einsatz von Lachgas bei Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) könnte ein möglicher therapeutischer Ansatz sein – zumindest kurzfristig. Der an der Universität von Chicago tätige österreichische Anästhesist Univ. Prof. Peter Nagele von der University of Chicago behandelte gemeinsam mit Kollegen der Standford University drei US-amerikanische Kriegsve teranen, bei denen eine PTBS diagnostiziert wurde, eine Stunde lang via Gesichtsmaske mit einem Gemisch aus Stickoxydul und Sauerstoff. Innerhalb weniger Stunden besserten sich bei zwei Betroffenen die Symptome. Ein Veteran blieb eine Woche beschwerdefrei; beim anderen kehrten die Symptome innerhalb einer Woche langsam zurück. Beim Dritten hielt die Besserung zwei Stunden an; am nächsten Tag kehrten die Symptome zurück. Nagele dazu: „Wie viele andere Behandlungen scheint Distickstoffmonoxid bei einigen Patienten wirksam zu sein, bei anderen jedoch nicht“. APA/Journal of Clinical Psychiatry

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der Kinder und Jugendlichen zwischen dem dritten und 17. Lebensjahr hat zu viele langlebige Chemikalien im Blut, warnt das Deutsche Umweltbundesamt. Diese per- und polyfluorierten Chemikalien – kurz PFAS – finden sich u.a. in der Beschichtung von Kaffeebechern, Outdoorjacken und Pfannen. Sie reichern sich im Fettgewebe an, können die Wirkung von Impfungen mindern, die Infektanfälligkeit sowie die Cholesterinwerte erhöhen. APA

Spiegelneuronen schon bei Babys aktiv

Das Spiegelneuronen-System ist beim Erlernen von neuen Handlungen schon bei Babys beteiligt. Das hat ein internationales Forscherteam um Univ. Prof. Stefanie Höhl vom Arbeitsbereich Entwicklungspsychologie der Universität Wien und vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig herausgefunden. Die Forscher zeigten zehn und 20 Monate alten Kindern neue Bewegungen – zum Beispiel die Verwendung einer Massagerolle auf der Hand. Die Kinder wurden dabei angesprochen – oder auch nicht. Mittels EEG wurde die Gehirnaktivität der Kinder, während diese das Geschehen beobachteten, aufgezeichnet. „Die Kinder ahmten die Handlungen umso mehr nach, je stärker zuvor bei der Beobachtung ihr motorischer Kortex aktiviert war“, so Höhl. Dass dies auch bei den Kleinsten im EEG nachgewiesen wurde, ist laut den Wissenschaftern ein Beweis dafür, dass in diesem Bereich des Gehirns „schon eifrig gespiegelt, verarbeitet und somit sozial gelernt wird“ – noch bevor das Kind die Voraussetzungen hat, sie auch wirklich auszuführen. APA/Neurolmage

Neues Gen für männliche Infertilität entdeckt

Eine schwerwiegende Störung der Spermienbildung und daraus folgende Unfruchtbarkeit geht häufig von einer Mutation des Gens M1AP aus. DNA-Sequenzierungsdaten von 2.000 unfruchtbaren männlichen Patienten ergaben verschiedene Mutationen von M1AP auf beiden elterlichen Genkopien. Die Wissenschafter der Arbeitsgruppe Reproduktionsgenetik der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) um Frank Tüttelmann, Professor für Reproduktionsgenetik, vermuten einen autosomal rezessiven Erbgang. Diese häufige Form der Infertilität lässt sich nur schwer behandeln: Selbst eine Hodenbiopsie ist aufgrund der geringen Spermienzahl meist nicht erfolgreich. Die Sequenzierung des M1AP-Gens wird jedoch unmittelbar in die künftige genetische Routinediagnostik integriert. Damit ist es möglich, den betroffenen Paaren zu erklären, wieso es nicht zu einer natürlichen Schwangerschaft kommt. Universität Münster/American Journal of Human Genetics

Lockdown: Gewichtszunahme bei Schülern nachgewiesen

Da professionelle Prävention und Intervention bei Schulkindern infolge der Corona-Krise nicht möglich war, ist es zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl adipöser Kinder in Österreich gekommen, sagt Univ. Prof. Kurt Widhalm vom Österreichischen Akademischen Institut für Ernährungsmedizin. Im Rahmen des EDDY-Programms werden an einer Volksschule in Wien Meidling seit dem Wintersemester 2016/2017 Kinder in Form von Ernährungs- und Sportintervention begleitet. Die vor Corona von EDDY physisch begleiteten Schüler wurden im Lockdown weiterevaluiert; die Interventionsgruppe im Rahmen von Home Schooling mit Online-Ernährungs- und Sportprogrammen betreut. Ergebnis: Bei Schulschluss ergab die Analyse von Körpergewicht und Körperzusammensetzung eine deutliche Zunahme der Fettmasse. Die mittels digitaler Interventionen betreuten Schüler nahmen etwas weniger zu als die Kontrollgruppe. Österreichisches Akademisches Institut für Ernährungsmedizin

Koreanische Buschmücke: in Osttirol nachgewiesen

Im Rahmen des Tiroler Mücken-Überwachungsprogramms wurde kürzlich erstmals die koreanische Buschmücke in Osttirol registriert, die vermutlich aus Italien eingewandert ist. Ebenso wurden die japanische Buschmücke und die asiatische Tigermücke (siehe Abb.) auf Autobahnen und in städtischen Gebieten in Ost- und Nordtirol (etwa in Innsbruck, Kufstein und Lienz) dokumentiert. Demnach fanden sich an 27 Prozent der untersuchten Standorte Eier gebietsfremder Arten, die Dengue, Chikungunya oder Zika übertragen können. Anhand von speziellen Fallen („Ovitraps“), aufgestellt an 67 Standorten in Tirol von Mai bis Oktober 2018, überprüfte das Forscherteam um Priv. Doz. Hans-Peter Führer vom Institut für Parasitologie der Vetmed Wien die Ei-Ablage der Mücken. Demnach findet sich eine weite Verbreitung der invasiven Stechmücken besonders entlang von Autobahnen. Dies ist laut den Wissenschaftern auf die Einschleppung durch Gütertransfer zurückzuführen, aber auch durch Autos möglich. APA/PLOS Neglected Tropical Diseases

HIV: Heilung ohne Stammzellentransplantation

57 Wochen nach dem Ende der antiviralen Behandlung weist ein seit dem Jahr 2012 infizierter Brasilianer keine Antikörper mehr auf, meldet Prof. Ricardo Diaz von der Universität Sao Paulo. „Wir können das Virus nicht nachweisen und er verliert die spezifische Reaktion auf das Virus“, erklärte Diaz. Der 34-Jährige – er erhielt im Rahmen einer Studie unter anderem Maraviroc und Dolutegravir – gilt damit als der dritte jemals genesene HIV-Patient weltweit. Im Gegensatz zu den anderen beiden Geheilten – genannt der „Berliner“ und der „Londoner Patient“ – erhielt der Brasilianer keine Knochenmarkstransplantation. Diaz sagte, dass seine Behandlungsmethode noch weiterer Forschung bedürfe; sie sei aber bei schwer kranken HIV-Patienten ethisch vertretbarer als der Weg über eine Knochenmarkstransplantation. APA

Strategie zur Wiedergewinnung von Gadolinium

Da es weder technische noch chemische Möglichkeiten gibt, Gadolinium-Verbindungen in Kläranlagen zurückzuhalten, gelangen sie ins Abwasser und damit auch ins Trinkwasser. Um das zu verhindern, müsste man den Harn von MRT-Patienten 24 Stunden nach der Kontrastmittel-Gabe sammeln, sagt Univ. Prof. Thilo Hofmann vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien. In der Praxis könnte dies mit Trockenabsorbern – ähnlich dem Prinzip wie bei Wegwerfwindeln – erfolgen. Aus dem gesammelten Urin könnte Gadolinium extrahiert und wiedergewonnen werden. Damit würde auch die Gadolinium-Gewinnung durch aggressives Auslaugen der Seltenen Erden im Bergbau verringert werden. Universität Wien/Water Research

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2020