Kurz und infor­ma­tiv: Medi­zi­ni­sche Kurzmeldungen

10.05.2020 | Medizin


Bio­mar­ker zur Sep­sis-Früh­erken­nung

Mit­hilfe von anony­mi­sier­ten Plas­ma­pro­ben der Med-Uni Graz konn­ten Gra­zer Bio­in­for­ma­ti­ker 24 Bio­mar­ker iden­ti­fi­zie­ren, mit denen eine Sep­sis mit­tels Klas­si­fi­zie­rungs­al­go­rith­men in einem frü­he­ren Sta­dium als bis­her nach­ge­wie­sen wer­den kön­nen. Die For­schen­den des Insti­tuts für Com­pu­ta­tio­nal Bio­tech­no­logy der TU Graz, des Aus­trian Centre of Indus­trial Bio­tech­no­logy (acib), der Med­Uni Graz und der CNA Dia­gno­stics GmbH bei Graz unter­such­ten Mate­rial von Pati­en­ten, bei denen eine Sep­sis durch Bak­te­rien oder Pilze, durch eine Influ­enza oder ein Lym­phoms dia­gnos­ti­ziert wurde und von gesun­den Per­so­nen. Auf die­ser Basis wur­den Algo­rith­men ent­wi­ckelt, mit denen die ent­schei­den­den Bio­mar­ker iden­ti­fi­ziert wur­den. „Inner­halb der Pati­en­ten­gruppe, für die die Mar­ker ent­wi­ckelt wur­den, betrug die Dia­gnose-Genau­ig­keit knapp 90 Pro­zent im Zeit­raum von zwei Tagen vor den ers­ten kli­ni­schen Anzei­chen bis zwei Tagen nach der Dia­gnose durch Stan­dard­me­tho­den“, so Chris­toph W. Sen­sen von der TU Graz. In Blind­stu­dien mit Pati­en­ten, die nicht in die Mar­ker-Ent­wick­lung ein­be­zo­gen waren, betrug die Genau­ig­keit bis zu 81 Pro­zent. Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Graz/​Journal of Biotechnology

Pro­stata-Ca: Pro­gno­se­mar­ker PDK4
Auf Basis der Erkennt­nis, dass das Pro­tein STAT3 eine Tumor-unter­drü­ckend Rolle beim Pro­stata-Kar­zi­nom spielt, hat das Team um Monika Ober­hu­ber vom Insti­tut für Kli­ni­sche Patho­lo­gie der Med­Uni Wien eine große Anzahl von Daten­sät­zen ana­ly­siert. Kon­kret wur­den die Daten von Pati­en­ten mit hoher und nied­ri­ger Expres­sion des STAT3-Pro­te­ins ver­gli­chen und Clus­ter von Genen iden­ti­fi­ziert, deren Expres­sion kor­re­liert. Pati­en­ten mit einem nied­ri­gen STAT3-Anteil wie­sen – beson­ders im Tumor­ge­webe – einen sehr akti­ven Stoff­wech­sel auf, einen erhöh­ten Sau­er­stoff­ver­brauch und einen akti­ve­ren Tumor, in dem viele neue Pro­te­ine gebil­det wer­den. Auch konnte der Beweis erbracht wer­den, dass PDK4 direkt von STAT3 regu­liert wird und somit der Krank­heits­ver­lauf gut pro­gnos­ti­ziert wer­den kann. Nied­rige PDK4-Werte bedeu­ten eine schlech­tere Pro­gnose als hohe Werte. APA/​Molecular Sys­tems Biology

Pru­rigo nodu­la­ris: IL-31-Blo­ckade stoppt Juck­reiz
In einer kli­ni­schen Phase II-Stu­die hat Univ. Prof. Franz Legat von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Der­ma­to­lo­gie und Vene­ro­lo­gie der Med­Uni Graz gemein­sam mit inter­na­tio­na­len Kol­le­gen unter der Lei­tung des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Müns­ter erfolg­reich eine Sub­stanz gegen Pru­rigo nodu­la­ris getes­tet. Der mono­klon­ale Anti­kör­per Nemo­li­zu­mab blo­ckiert den IL-31 Rezep­tor-alpha, der als Haupt­ver­ur­sa­cher von Juck­reiz bei vie­len Haut­krank­hei­ten gilt. Von 70 Pro­ban­den mit mit­tel­schwe­rer bis schwe­rer Pru­rigo nodu­la­ris erhielt eine Hälfte Nemo­li­zu­mab sc, die andere Hälfte ein Pla­cebo. In der Wirk­stoff-Gruppe kam es vier Wochen spä­ter zu einer 53-pro­zen­ti­gen Reduk­tion des Juck­rei­zes, in der Kon­troll­gruppe waren es 20,2 Pro­zent. Drei Monate nach Beginn der Behand­lung und zwei wei­te­ren Injek­tio­nen war der Juck­reiz bereits um 61,9 Pro­zent redu­ziert (Pla­cebo: 25,7 Pro­zent). Bei 23 Pro­zent der Pati­en­ten in der Wirk­stoff-Gruppe waren die Pru­rigo-Kno­ten nahezu bis voll­stän­dig abge­heilt (Pla­cebo: vier Pro­zent); nach 18 Wochen bei mehr als 40 Pro­zent der Pati­en­ten (Pla­cebo: 9,3 Pro­zent) – bei guter Ver­träg­lich­keit. In den kom­men­den Mona­ten soll die Wir­kung an einem grö­ße­ren Pati­en­ten­kol­lek­tiv und ebenso auch bei Neu­ro­der­mi­tis in kli­ni­schen Phase-III und Lang­zeit-Stu­dien geprüft wer­den. APA/​New Eng­land Jour­nal of Medicine

All­er­gi­sche Rhi­ni­tis: Dia­gnose aus Nasen­ab­strich
Eine neue Bio­chip-Tech­no­lo­gie ermög­licht es, anhand einer mini­ma­len Blut­menge die Kon­zen­tra­tion der Anti­kör­per von 112 All­er­ge­nen gleich­zei­tig zu bestim­men. Foscher um Univ. Prof. Clau­dia Traidl-Hoff­mann von der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Mün­chen und dem Helm­holtz Zen­trum Mün­chen, unter­such­ten sowohl Blut als auch einen Abstrich des Nasen­se­krets von Per­so­nen mit und ohne Sen­si­bi­li­sie­rung gegen­über den gän­gigs­ten All­er­ge­nen aus der Luft. Blut und Nasen­ab­strich lie­fer­ten mit dem glei­chen Test ähn­li­che Ergeb­nisse: In bei­den Pro­ben konn­ten jeweils die­sel­ben Sen­si­bi­li­sie­rungs­mus­ter nach­ge­wie­sen wer­den. Der große Vor­teil die­ser Methode ist, dass er für kleine Kin­der gut geeig­net ist. Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät München

Phase II-Stu­dien: strin­gen­tere Kri­te­rien not­wen­dig
Kli­ni­sche Phase II-Stu­dien über­schät­zen sys­te­ma­tisch oft die Wir­kung von The­ra­peu­tika. Zu die­sem Ergeb­nis kom­men Univ. Prof. Daniel Ale­taha und Kol­le­gen von der Kli­ni­schen Abtei­lung für Rheu­ma­to­lo­gie der Med­Uni Wien nach einer Ana­lyse aller rezen­ten Stu­dien zur Rheu­ma­to­iden Arthri­tis und Pso­ria­sis-Arthri­tis. In der Folge kann es zu ent­täu­schen­den Ergeb­nis­sen der dar­auf­fol­gen­den Phase III-Stu­dien, die die Weg­be­rei­ter von neuen Medi­ka­men­ten für die kli­ni­sche Pra­xis sind, kom­men. Laut Erst­au­tor Andreas Kersch­bau­mer braucht es eine bedach­tere und strin­gen­tere Wahl der Ein­schluss­kri­te­rien und der Stu­di­en­po­pu­la­tion, um in der Phase II die Beur­tei­lung der opti­ma­len Dosis und des abzu­schät­zen­den Aus­ma­ßes der Wirk­sam­keit des neuen Medi­ka­ments ein­wand­frei zu bewer­ten. Ale­taha dazu: „Diese Ergeb­nisse zei­gen ganz ein­deu­tig, dass die auf­ge­deckte Pro­ble­ma­tik nicht nur für eine ein­zelne Krank­heit Gül­tig­keit hat, son­dern auch für andere“. Und wei­ter: „Die Daten­lage weist zusätz­lich dar­auf hin, dass das hier an Hand der Rheu­ma­to­lo­gie auf­ge­zeigte Pro­blem alle Fach­be­rei­che trifft“. Med­Uni Wien

Hämochro­ma­tose ver­rin­gert Athero­skle­rose
Trä­ger eines mutier­ten HFE-Gens wei­sen einen nied­ri­gen HDL-Cho­le­ste­rin­spie­gel auf. Ver­än­de­run­gen des HFE-Gens lösen bei den Betrof­fe­nen eine her­edi­täre Hämochro­ma­tose aus. Ein Team um Univ. Prof. Gün­ter Weiss vom Depart­ment Innere Medi­zin am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Inns­bruck konnte im Maus­mo­dell nach­wei­sen, das Mäuse mit Hämochro­ma­tose und einem dem mensch­li­chen Orga­nis­mus ange­gli­che­nen Cho­le­ste­rin-Spie­gel nach der Ver­ab­rei­chung einer Eisen­diät ein gerin­ge­res Maß an Athero­skle­rose ent­wi­ckel­ten. Außer­dem ent­deck­ten sie in mehr als 200.000 huma­nen Pro­ben von HFE-Gen­trä­gern aus ver­schie­de­nen Bio­da­ten­ban­ken und Genom-wei­ten Asso­zia­ti­ons­stu­dien nied­rige LDL-Werte. Laut Ivan Tancev­ski aus dem For­scher-Team konn­ten drei Mecha­nis­men iden­ti­fi­ziert wer­den: HFE regu­liert die Expres­sion des LDL-Rezep­tors auf Leber­zel­len, indem es sie an der Zell­mem­bran ver­füg­bar macht; Kupf­fer-Zel­len expri­mie­ren ebenso auch LDL-Rezep­to­ren und für den Abtrans­port der Blut­fette aus den Kupf­fer-Zel­len ist Eisen zustän­dig, indem es das Trans­port­pro­tein ABCA1 hoch­re­gu­liert und LDL aus dem Serum abtrans­por­tiert wird. Med­Uni Innsbruck/​European Heart Journal

Künst­li­che Intel­li­genz beschleu­nigt dyna­mi­sche MRT
Die heute übli­che Auf­nah­me­dauer und Nach­ver­ar­bei­tung eines 4D-Fluss-MRIs beträgt bis zu 30 Minu­ten; in Zukunft könnte dies inner­halb von fünf Minu­ten mög­lich sein. Die For­scher um Prof. Sebas­tian Kozerke von der ETH Zürich und der Uni­ver­si­tät Zürich haben einen auf Deep Lear­ning basie­ren­den Ansatz namens FlowVN ent­wi­ckelt; diese Methode kom­bi­niert Trai­ning mit dem Vor­wis­sen über die Auf­nah­me­tech­nik. Die­Soft­ware lernt aus sehr weni­gen Daten, mit denen sie zuvor trai­niert wird. Die For­scher ver­wen­de­ten für das Trai­ning die Soft­ware von elf MRI-Scans gesun­der Pro­ban­den. Mit Hilfe die­ser Daten konnte inner­halb von nur 21 Sekun­den auf einem Stan­dard-PC der patho­lo­gi­sche Blut­fluss in der Aorta eines Pati­en­ten prä­zise wie­der­ge­ge­ben wer­den. Bis die Methode im kli­ni­schen All­tag ver­wen­det wer­den kann, könnte es jedoch nach Ansicht der For­scher noch vier bis fünf Jahre dau­ern. ETH und Uni­ver­si­tät Zürich/​Nature Machine Intelligence

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 9 /​10.05.2020