Forschung aus Österreich: Subchondrale Veränderungen bei Gonarthrose

10.09.2020 | Medizin

Die Mikrostruktur des subchondralen Knochens bei Arthrose stand im Mittelpunkt einer Studie von Lukas Holzer, die an der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie der Medizinischen Universität Graz durchgeführt wurde. Ein zentrales Ergebnis: Veränderte Menisci sollten möglichst erhalten werden.

Die enge Beziehung zwischen subchondralen Knochen und Gelenkknorpel – sie sind mechanisch und biologisch miteinander verbunden – macht diese Strukturen zu einer funktionellen Einheit. Mechanische oder biologische Veränderungen des subchondralen Knochens wirken sich auf den Knorpel aus und umgekehrt. Dies unterstreicht die Bedeutung des subchondralen Knochens für die physiologische Gelenkfunktion. Der Rolle des subchondralen Knochens in der Pathogenese der Arthrose wurde bislang wenig Beachtung geschenkt. Im Rahmen einer Studie wurde die Mikrostruktur der subchondralen Knochenmikroarchitektur in Bezug auf den Grad der Knorpelschädigung, die Integrität der Menisci und die mechanische Beinachse bei Patienten mit Gonarthrose im Spätstadium untersucht.

Dafür wurden 30 proximale Tibia-Resektate von 30 Patienten (20 Frauen und zehn Männer) mit Gonarthrose im Spätstadium, die bei der Implantation von Knietotal-Endoprothesen entnommen wurden, mit Hilfe einer hochauflösenden Mikro-CT gescannt. Die Scans wurden halbautomatisch mit einer speziell entwickelten Software in fünf „Regions of Interest“ (ROI) unterteilt. Diese ROIs wurden in weiterer Folge mit einer handelsüblichen Software im Hinblick auf Knochenstrukturparametern analysiert. Präoperativ wurde der Grad der Gelenkknorpelschädigung und der Integrität der Menisci mittels MRT semi-quantitativ von zwei Fachärzten für Radiologie beurteilt. Um die Beinachsen beurteilen zu können, erfolgten präoperativ Ganzbein-Röntgen.


ZUR PERSON

Lukas Holzer

Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien und der Universität Bonn. Zusätzlich Doktoratsstudium der medizinischen Wissenschaften an der Medizinischen Universität Graz mit ausgezeichnetem Erfolg. Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie an der Universitätsklinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie der Medizinischen Universität Graz; 2016 Habilitation. Zusatzausbildung zum Facharzt für Orthopädie und Traumatologie am AUVA-Unfallkrankenhaus Klagenfurt. Diverse Auslandsaufenthalte: u.a. am Center for Advanced Orthopaedic Studies, Beth Israel Deaconess Medical Center; an der Harvard Medical School in Boston (USA) und am Hospital for Special Surgery in New York (USA). Priv. Doz. DDr. Lukas Holzer ist derzeit mit dem klinischen Schwerpunkt Endoprothetik des Hüft- und Kniegelenks am AUVA-Unfallkrankenhaus Klagenfurt tätig.


Mechanische Belastung erhöht Knochenvolumen

Das mittlere Knochenfraktionsvolumen (Knochenvolumen/Gesamtvolumen; BV/TV) war an allen mechanisch belasteten Regionen signifikant höher im Vergleich zur Referenzzone im Bereich der Eminentia intercondylaris (p = 0,000). Der mittlere BV/TV im medialen Gelenkskompartiment war im Vergleich zum lateralen Kompartiment signifikant höher (p = 0,007). Bei intakten Menisci war die BV/TV im Bereich des subchondralen Knochens im medialen (p = 0,020) und lateralen Kompartiment (p = 0,005) im Vergleich zu subluxierten oder luxierten Menisken signifikant geringer. Eine Achsenfehlstellung im Sinne einer varischen Beinachse wies eine signifikant höhere subchondrale BV/TV im medialen Kompartiment auf, während eine valgische Beinachse eine signifikant höhere subchondrale BV/TV im lateralen Kompartiment aufwies (p = 0,011).

Conclusio

Die Ergebnisse der Studie zeigen signifikante Unterschiede der mikrostrukturellen Strukturparameter des subchondralen Knochens in Bezug auf den Grad der Knorpelschädigung, die strukturelle Integrität der Menisci sowie der mechanischen Beinachse. Subchondrale Knochenveränderungen scheinen ein sekundärer Prozess bei der Pathogenese der Gonarthrose zu sein, die zu einem Großteil durch mechanische Veränderungen verursacht werden. Die Ergebnisse implizieren ein strenges Procedere, um die Gelenksintegrität zu bewahren.

Fazit für die Praxis: Veränderte Menisici sollten möglichst erhalten bleiben (cave: Meniscektomie); ebenso sollten orthograde Achsenverhältnisse (eventuell auch vermehrt chirurgisch) angestrebt werden, um langfristige Schäden zu verhindern.

Tipp: Holzer, L., Kraiger, M., Talakic, E. et al. Microstructural analysis of subchondral bone in knee osteoarthritis. Osteoporos Int (2020). https://doi.org/10.1007/s00198-020-05461-6


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© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2020