Telemedizin: Mit dem Smartphone schneller die Haut retten

25.01.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Ein teledermatologisches Projekt aus der Steiermark sorgt derzeit für Aufsehen – und das auch schon international.
Sascha Bunda

Die Haut ist nicht nur das größte Organ des Menschen, sondern auch das sichtbarste. Entsprechend präsent sind Störungen der Haut und entsprechend groß ist die Beunruhigung der Patienten beispielsweise bei einem großflächigen Ausschlag oder einem veränderten Muttermal. Umso belastender sind in einem solchen Fall lange Wartezeiten oder häufige Wege zur Terminvereinbarung beim Facharzt. Ein neues Pilotprojekt im steirischen Bezirk Liezen soll hier Abhilfe schaffen: Eine Televisite soll Wege vereinfachen und beschleunigen und gleichzeitig die Kommunikation optimieren.

So funktioniert das Projekt: Der Hausarzt kann wie bisher konventionell an einen Dermatologen zuweisen oder die Möglichkeit einer Televisite nutzen. Dazu werden zunächst aussagekräftige Bilder erstellt – dazu reicht ein Smartphone. Nach Einholen des schriftlichen Einverständnisses beim Patienten zur sicheren Datenübermittlung und abschließenden Datenevaluierung sucht der Hausarzt über eine sichere Internet-Verbindung eine Web-
seite auf und registriert den Patienten. Registrierung und Anfragestellung können nach Einschulung auch nicht-ärztliche Mitarbeiter übernehmen, die Fragestellung wird jedenfalls von einem Arzt formuliert. Binnen 48 Stunden erfolgt die Antwort des Facharztes – fünf Varianten sind möglich:

  1. Die Erkrankung ist nicht behandlungsbedürftig, der Patient wird vom Hausarzt aufgeklärt
  2. Der Facharzt erstellt Diagnose und Therapieplan, die Behandlung kann durch den Hausarzt erfolgen
  3. Der Facharzt bietet einen Akuttermin binnen drei Tagen an, zB bei einem Melanom
  4. Der Facharzt bietet bei nicht akuter Erkrankung einen Termin binnen drei Monaten, etwa einen Routinecheck
  5. Die Behandlung ist nur an der Uni-Klinik für Dermatologie und Venerologie in Graz möglich, die Teleanfrage wird an die dortigen Spezialisten weitergeleitet. Der Hausarzt bekommt die Beantwortung der Anfrage und für den Patienten gleichzeitig einen Terminvorschlag

Regionales Produkt

„Es wird deutlich, dass das den Patienten sehr entgegen kommt“, sagt Projektleiterin Edith Arzberger: „Sie sparen sich dadurch viel Zeit und Geld.“ Zudem ist ihr wichtig, dass der Beruf des Arztes und die inter-
disziplinäre Kommunikation durch das Projekt gestärkt werden. „Es steckt eben kein Algorithmus dahinter, sondern echte Ärzte – dazu kommt, dass die regionale Behandlungskette nicht verändert wird.“ Angesichts der Tatsache, dass bis zu 30 Prozent aller Hausarztbesuche mit Hautproblemen zu tun haben, ist das Entlastungspotenzial auch für Ordinationen und Ambulanzen bedeutend. 14 Hausärzte und zwei der drei Dermatologen im Bezirk nehmen an dem Projekt teil, nach einem Jahr soll evaluiert werden. Die Ergebnisse aus der Evaluation sollen von Mitarbeitern rund um das Team von Rainer Hofmann-Wellenhof, dem Leiter der Forschungseinheit Teledermatologie, Prävention und innovative diagnostische Verfahren in der Dermatoonkologie von der Grazer Hautklinik, ausgewertet und publiziert werden.

„Dieses Projekt zeigt deutlich, dass das Bild der Ärzteschaft als Technikverweigerin mehr als veraltet ist“, sagt Dietmar Bayer, Vizepräsident der steirischen Ärztekammer und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Telemedizin und e-Health. „Wenn es Patienten und Ärzten dient, stehen wir mit unserer Innovationskraft in der ersten Reihe. Zudem ist das Pilotprojekt so konzipiert, dass es sofort auch österreichweit ausrollbar ist.“ Besonders erfreulich und zukunftsweisend ist die vorbildliche Zusammenarbeit mit der Ärztekammer für Steiermark, dem Gesundheitsfonds Steiermark, der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Graz der Firma edermconsult und schließlich der Krankenkasse. Dass es bei dem Projekt keine Deckelung der Fälle gibt, war ein wesentlicher Faktor. Nur durch ungebremste Frequenzen kann der Erfolg des Projekts objektiv gemessen werden. „Wir sind dankbar, dass die GKK hier über ihren Schatten gesprungen ist“, sagt Bayer.

Obwohl das teledermatologische Projekt erst seit Kurzem läuft, macht es bereits über Österreichs Landesgrenzen hinweg von sich reden. Arzberger konnte es bereits bei einem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Teledermatologie und vor dem Berufsverband österreichischer Dermatologen vorstellen. „In Deutschland ist die DG Telemed schon darauf aufmerksam geworden“, weiß Bayer. Gut möglich, dass man sich bald auch außerhalb des Bezirks Liezen noch wohler in seiner Haut fühlen kann.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.1.2020