Angehende Ärzte: „Ausbildung ist Chefsache“

25.01.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Gerald Bruckmann, medizinischer Direktor am Krankenhaus Spittal an der Drau, spricht über die Basisausbildung und Maßnahmen, um die Ausbildungsqualität weiter zu erhöhen.

Sophie Niedenzu

In der ÖÄK-Ausbildungsevaluierung zählen Sie zu den bestbewerten Krankenhäusern in der Basisausbildung. Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?
Ausbildung ist bei uns Chefsache. Wir stehen permanent mit unseren ärztlichen Teams in Kontakt, damit die Ausbildung in den Köpfen verankert bleibt. Wir achten darauf, dass die Jungärzte so wenig Zeit wie möglich mit Administration verbringen. Das Haupteinsatzgebiet ist die Ambulanz, wo die Basismediziner binnen kürzester Zeit die unterschiedlichsten Krankheitsbilder kennenlernen und relativ schnell lernen, Entscheidungen zu treffen. Wir haben kein Ausbildungskonzept, das den Alltag der Jungärzte bis ins kleinste Detail mittels Checklisten strukturiert, denn das bildet unserer Meinung nach nicht die medizinische Praxis in einem Krankenhaus ab. In ihrem beruflichen Alltag sind Ärzte im Krankenhaus jeden Tag mit etwas Neuem konfrontiert – die Flexibilität, damit umgehen zu lernen, ist uns ganz besonders wichtig. Regelmäßige Fortbildungen komplettieren unsere Ausbildungsstrategie.

Gibt es bei Ihnen Wartezeiten auf Basisausbildungsplätze?
Wir legen viel Wert auf eine sehr gute Ausbildungsqualität und achten daher auf einen niedrigen „Ausbilderschlüssel“. Da wir uns über viele Bewerbungen für die Basisausbildung freuen dürfen, beträgt die Wartezeit rund ein dreiviertel Jahr.

Häufig wird bemängelt, dass Routinearbeiten in der Basisausbildung anfallen, die an andere Berufsgruppen delegierbar wären. Wie ist die Situation bei Ihnen?
Unser Haus beschäftigt äußerst kompetente Pflegemitarbeiter. Der vielzitierte § 15 des GuKG wird bei uns bereits seit Langem vollständig umgesetzt. Allerdings ist es schon wichtig, dass der Ärztenachwuchs die sogenannten Routinearbeiten wirklich beherrscht, bevor er diese an die Kollegen aus der Pflege übergibt. Schließlich geht es um Teamwork im Krankenhaus – im Dienste der Patientinnen und Patienten.

Das KPJ feierte 2019 sein fünfjähriges Bestehen. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Es ist gut, dass es nun längere Ausbildungsabschnitte gibt, in denen sich die Studierende auf die praktische Umsetzung des in der Theorie Gelernten konzentrieren können. Das trägt maßgeblich zu einer Kompetenz-
steigerung bei. Allerdings haben die angehenden Medizinerinnen und Mediziner im KPJ aufgrund der geltenden Rechtslage sehr eingeschränkte Möglichkeiten, ärztliche Tätigkeiten auszuführen. Wenn man bedenkt, dass sie ihre theoretische Ausbildung quasi abgeschlossen haben und nur wenige Monate später, im Rahmen der Basisausbildung, die richtige Ausführung ärztlicher Tätigkeiten verantworten müssen, wäre hier eine Adaptierung der Ausbildung notwendig.

Welche Maßnahmen wären sinnvoll?

Eine Ausgliederung des KPJ aus dem Medizinstudium und entsprechende Verlängerung der Basisausbildung um die 48 Wochen des KPJ wäre äußerst sinnvoll. Die Jungmediziner hätten eine solide rechtliche Grundlage zur Ausübung ihrer Tätigkeit und auch eine längere Vorbereitungsphase für die fachärztliche bzw. allgemeinmedizinische Ausbildung. All das unter realistischeren Bedingungen als im KPJ.

Welche Herausforderungen gibt es, um Ärzte in Basisausbildung adäquat zu betreuen?
Wir könnten es uns leichtmachen und die Ärzte in Basisausbildung als „System-Erhalter“ missbrauchen. Das tun wir nicht, denn nur mit einer guten Ausbildungsqualität sind wir attraktiv für Jungmediziner. Gut ausgebildete Ärzte sichern die Gesundheitsversorgung vor Ort. Die Vermittlung von Inhalten, die Rücksichtnahme auf Lernende sind mittlerweile selbstverständlicher Teil unserer Organisationskultur. Mehr finanzielle Mittel erhalten wir dafür natürlich nicht, aber dafür stellt die Nachbesetzung von Stellen kein allzu großes Problem mehr dar.

Was haben Sie aus Ihrer eigenen Ärzteausbildung mitgenommen?

Ich habe meinen Berufsweg noch zu Zeiten der sogenannten „Ärzteschwemme“ begonnen. Damals war alles anders. Wir waren viele, mussten uns unsere Ausbildung selbst organisieren und permanent proaktiv einfordern. Was mich sehr stark geprägt hat, war der Zusammenhalt in den Teams, das Voneinander-Lernen. Den Wert dieses gemeinsamen Besser-Werdens versuchen wir auch heute noch unseren jungen Kollegen zu vermitteln.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.1.2020