Aktuelles aus der ÖÄK: Ärzte brauchen Schutz

25.06.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Beschaffung von Schutzausrüstung im Pandemiefall gehört klar geregelt und soll künftig durch die öffentliche Hand erfolgen, sagt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte.
Sascha Bunda

Wer ist nun eigentlich zuständig dafür, dass Österreichs Ärztinnen und Ärzte genügend Schutzmasken, -mäntel, -handschuhe und –brillen bekommen, um ihrer Tätigkeit in Pandemiezeiten nachkommen zu können? Auch in den Medien gibt es immer wieder Schwierigkeiten, sich in dieser Frage zurechtzufinden. Manchmal werden auch die Ärztekammern als zumindest mitverantwortlich für die Beschaffung von Schutzausrüstung genannt – Falschmeldungen, die auf Lücken in der Gesetzgebung zurückgehen. In anderen Ländern erfolgte schon früh eine notwendige Klarstellung. In der Schweiz blieben die Kantone und die jeweiligen Gesundheitseinrichtungen für die Sicherstellung der eigenen Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern verantwortlich. In Deutschland beschloss der Krisenstab der Bundesregierung schon am Beginn der Krise, dass der Ankauf zentral über das Bundesgesundheitsministerium erfolgen soll, die Verteilung übernahmen die Kassenärztlichen Vereinigungen. „Eine grundvernünftige Lösung“, sagt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Es kann eigentlich gar nicht anders funktionieren – schließlich kann niemand ernsthaft wollen, dass sich die Landesärztekammern auf einem ohnehin schon deutlich überhitzten Markt noch einen Bieterwettstreit liefern sollen um das geringe Kontingent, das nach Österreich gekommen ist. Am Beispiel USA und dem finanziellen Wettkampf der Bundesstaaten um Beatmungsgeräte sehen wir, welche bizarren Folgen das haben kann: Völlig unnötigerweise wurde hier Geld verbrannt und die Versorgung gefährdet.“

Der Pandemiefall

Zu den Verantwortlichkeiten bei der Beschaffung von Schutzausrüstung stellt Steinhart klar: „Es gibt keine rechtlichen Grundlagen, dass die Ärztekammern dafür verantwortlich wären. Es gibt natürlich die Verpflichtung, dass in den Ordinationen die hygienischen Vorschriften erfüllt werden müssen, aber es gibt keine Vorgaben, in welcher Menge Schutzausrüstung vorhanden sein muss. Für einen Pandemiefall, vor allem einen dieser Größenordnung, können die Ordinationen aber auf keinen Fall vorbereitet sein. Schon aus logistischen Gründen ist das völlig unmöglich“, sagt Steinhart.

Dass einzelne Ärztekammern selbst tätig geworden sind, und auf allen nur möglichen Wegen versucht haben, Schutzausrüstung zu beschaffen und unter ihren Mitgliedern zu verteilen, liegt einzig daran, dass man mit dem Problem völlig alleine gelassen wurde, erklärt Steinhart. Ein Bekenntnis zur Beschaffungsverantwortlichkeit, womöglich gar einer dauerhaften, sei das aber keinesfalls. „Unserer Meinung nach ist es ganz klar Aufgabe der öffentlichen Hand, Ärztinnen und Ärzten sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in Spitälern im Pandemiefall ausreichend Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Das den Ärztekammern noch zusätzlich umhängen zu wollen, finde ich zynisch – ebenso wie Gesundheitspersonal zur Arbeit ohne Schutzausrüstung zu verpflichten. Auch solche Ideen gab es zu Beginn der Krise. Es braucht deutlich mehr Koordinierungsarbeit der verantwortlichen Stellen, daher haben wir auch eine künftig regelmäßig tagende Taskforce aus Vertretern der Bundesregierung, der Länder, der Sozialversicherung, der Sozialpartner, der Gesundheitsberufe, der Polizei und des Bundesheers gefordert, die halbjährlich Stand und Maßnahmen für den Fall einer Pandemie evaluiert.“  

Zudem muss die Produktion von derartig elementaren Schutzartikeln dringend nicht nur zurück nach Europa geholt, sondern auch ausreichend innerhalb der eigenen Landesgrenzen stattfinden. „Wir haben im Krisenfall schmerzlich erleben müssen, dass bestellte und bezahlte Ware selbst von unseren deutschen Nachbarn an der Grenze zurückgehalten wurden“, sagt Steinhart: „Es darf in einem wohlhabenden und ressourcenreichen Land wie unserem nie wieder passieren, dass Ärztinnen und Ärzte von der öffentlichen Hand alleine gelassen werden, schutzlos Patienten behandeln müssen und sich in ihrer Verzweiflung selbst Ausrüstung aus Müllsäcken basteln müssen.“

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2020