Vertretungstätigkeit bei niedergelassenen Ärzten: Kein steuerliches Dienstverhältnis?

25.02.2019 | Service

Herbert Emberger*

Der VwGH hat in seiner jüngsten Entscheidung vom 12.9.2018 Ra 2017/13/0041-5 zur Frage der steuerrechtlichen Beurteilung der regelmäßigen unbefristeten Tätigkeit des ärztlichen Vertreters in der Praxis eines niedergelassenen Kassenarztes Stellung bezogen. Damit hat der VwGH die Frage behandelt, ob ein Dienstverhältnis zwischen vertretenem Arzt und Vertreter oder ein freiberufliches Rechtsverhältnis des Vertreters vorliegt.

Der VwGH hat die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes, dass ein steuerliches Dienstverhältnis vorläge, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Er führt zunächst die steuerrechtlich relevanten Kriterien für die Beurteilung von Dienstverhältnissen aus und weist unter anderem auf die persönliche Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers hin. Nur wenn damit noch keine klare Abgrenzung möglich ist, ist auf weitere Kriterien wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos abzustellen.

Der VwGH sieht aber im Anlassfall der Vertretung in der Praxis des niedergelassenen Arztes als entscheidendes Kriterium die Frage an, ob der Behandlungsvertrag zwischen Vertreter und dem Patienten direkt entsteht. Das heißt: Werden Patienten mittels entsprechender Maßnahmen wie etwa dem Anbringen eines entsprechenden Hinweises am Ordinationsschild oder der Eingangstür zum Behandlungsraum oder durch Anweisung an den Vertreter oder sein Personal, die Patienten zu informieren, vor Beginn der Behandlung über den Vertretungsfall aufgeklärt, so kommt der Behandlungsvertrag nicht mit dem Vertretenen, sondern mit dem Praxisvertreter selbst zustande. Diese Tatsache führt zur vollen vertraglichen Haftung des Vertreters gegenüber dem Patienten.

Eine Tätigkeit anstelle eines Ordinationsinhabers im eigenen Namen und auf eigenes Risiko führt dazu, dass die ansonsten für ein Dienstverhältnis sprechenden Gesichtspunkte in den Hintergrund treten. Das sind: die Frage des Vorliegens der Weisungsgebundenheit des Vertreters (wobei ein völliges Fehlen der Weisungsgebundenheit ein Dienstverhältnis bereits ausschließen würde) oder die ansonsten zu prüfenden Fragen der Eingliederung des Vertreters in den geschäftlichen Organismus, die Abrechnung der Leistungen durch den vertretenen Arzt, die Pauschalierung der Honorarregelung zwischen vertretenem Arzt und Vertreter. Der VwGH stellt dann noch einmal fest, dass es auf den stillschweigenden Abschluss eigener Behandlungsverträge mit vollem Haftungsrisiko des Vertreters ankommt. Dabei spielen die angeführten Maßnahmen der Information des Patienten natürlich eine zentrale Rolle.

Für die Vertretungsfälle ist dringend anzuraten, die für das Vorliegen eines Behandlungsvertrages zwischen vertretenem Arzt und Patient notwendigen Informationen wie Hinweis am Ordinationsschild oder der Eingangstür zum Behandlungsraum oder auch durch die Mitarbeiter in der Praxis durchzuführen. Damit ist gesichert, dass dem Patienten klar ist, dass der Vertreter ihn behandelt und damit ein Behandlungsvertrag mit ihm zustande kommt. Ein Dienstverhältnis zwischen vertretenem Arzt und Vertreter ist dann auszuschließen.

*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2019