USA: Versorgung von Dialysepatienten – Radikale Veränderung geplant

25.09.2019 | Politik


Radikale Veränderung geplant

Nierenerkrankungen stehen an neunter Stelle der Todesursachen in den USA und verursachen Kosten in der Höhe von etwa 110 Milliarden US-Dollar jährlich. Verschiedenste Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass es zu einer Trendwende kommt. Außerdem werden künftig gute Behandlungsergebnisse honoriert und nicht wie bisher lediglich das Ausmaß der Versorgung.
Nora Schmitt-Sausen

Eine bessere Lebensqualität für Nierenkranke, Reduktion von Behandlungskosten, mehr Spenderorgane: Das sind die zentralen Ziele, die US-Präsident Trump mit einem neuen, ambitionierten Vorhaben zur Versorgung von Patienten mit Nierenerkrankungen verfolgt. Dafür will er das Honorierungssystem in Medicare verändern. In dieser staatlichen Krankenversicherung, die vor allem die Senioren in den USA absichert, sind auch Menschen im Endstadium einer Nierenerkrankung versichert.

Der Plan: Künftig sollen im US-Gesundheitswesen mehr Anreize gesetzt werden, die auf eine Dialyse-Behandlung im häuslichen Umfeld der Patienten abzielen. Außerdem sollen mit dem Honorierungssystem Anreize gesetzt werden, damit Ärzte Nierenerkrankungen frühzeitiger erkennen und besser behandeln. Patienten sollen gezielter und intensiver aufgeklärt werden. Damit werden in den USA in Zukunft gute Behandlungsergebnisse honoriert und nicht wie bisher lediglich das Ausmaß der Versorgung.

„Heute ergreifen wir bahnbrechende Maßnahmen, um Millionen von Amerikanern, die an Nierenerkrankungen leiden, neue Hoffnung zu geben“, sagte Trump. Nach Angaben der National Kidney Foundation sind 37 Millionen Amerikaner von einer chronischen Nierenerkrankung betroffen; bei vielen bleibt die Erkrankung lange Zeit unentdeckt.

Lob und Bedenken

Zahlreiche Patienten-Organisationen und Experten feierten die Entscheidung von Trump und lobten den Schritt als den mit einer Tragweite, wie er seit Jahrzehnten nicht unternommen worden sei. Bedenken wurden allerdings auch laut: So sei die Dialyse-Behandlung zu Hause für viele Patienten derzeit nicht leicht umsetzbar, da es zum Beispiel an sozialer Unterstützung und der nötigen Ausstattung fehle. Der Markt für Heim-Dialyse-Geräte müsste sich erst entwickeln. Nierenerkrankungen stehen in den USA an neunter Stelle der Todesursachen und verursachen nach Regierungsangaben Kosten in der Höhe von etwa 110 Milliarden US-Dollar jährlich. Die derzeit gängige Behandlung in Dialyse-Zentren gilt als sehr kostspielig und eine jahrelange Dialyse ist deutlich teurer als eine Transplantation.

Mehr als 500.000 Amerikaner sind in den USA aktuell dialysepflichtig. Nur etwa zwölf Prozent der Patienten erhalten sie zu Hause. Im Jahr 2025 sollen es – so das Ziel der Regierung – 80 Prozent sein. Circa 100.000 US-Bürger warten auf eine Nierentransplantation.

Das Vorhaben von Trump beinhaltet noch weitere Punkte: Die Regierung verkündete, ihre Bemühungen in puncto Aufklärung der Öffentlichkeit stärken zu wollen. So soll etwa erreicht werden, dass sich mehr Lebendspender als bislang zur Verfügung stellen. Potentielle Spender sollen künftig stärker unterstützt werden. Neben den rein medizinischen Kosten, die bereits übernommen werden, sollen sie auch eine Kompensation für Arbeitsausfälle erhalten. Ebenso möchte die Regierung die Bemühungen der Forschung bei der Entwicklung von künstlichen Nieren stärken. Mit all diesen Maßnahmen soll die Zahl der Nieren, die für eine Transplantation zur Verfügung stehen, bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden. Insgesamt erhofft sich die Regierung jährlich Einsparungen von 4,2 Milliarden Dollar.


Bewegung im Gesundheitssystem

Juristische Manöver gegen Obamacare, Aushöhlung von Versicherungs-Standards, Bedingungen an den Erhalt von Gesundheitsleistungen: Die Regierung von Donald Trump hat seit Regierungsantritt einige Schritte eingeleitet, die bei Gesundheitsexperten für negative Kommentare gesorgt haben. Aber nicht nur. Selbst Kritiker des Präsidenten und seines Regierungsteams sind sich einig: Der Republikaner hat im amerikanischen Gesundheitswesen auch einige Dinge in Bewegung gebracht und testet eine ganze Reihe von Wegen aus, das Versorgungssystem in den USA zu verbessern. So unternahm die Regierung zum Beispiel bereits Schritte, um Arzneimittelkosten zu senken, leitete Maßnahmen für mehr Kostentransparenz von medizinischen Leistungen ein – und sorgt nun für massive Veränderungen in der Versorgung von Patienten mit Nierenleiden.
Das etwas Verwunderliche dabei: Um solch umfassende Schritte wie etwa die Veränderungen bei der Versorgung Nierenkranker ohne die Zustimmung des US-Kongresses einleiten zu können, greift Trump auf eine Idee aus der Ära der Regierungszeit Barack Obamas zurück. Der Demokrat hatte im Zuge der Etablierung des Affordable Care Acts, seiner auch Obamacare genannten Gesundheitsreform, im Jahr 2010 die Centers for Medicare and Medicaid Innovation eingeführt. Diese wurde geschaffen, um Innovationen wie etwa neue Zahlungsmodelle schnell auf den Weg zu bringen und austesten zu können. Trump nutzt damit Räume, die durch Obamacare geschaffen wurden – doch gleichzeitig torpediert er genau diese Reform seit seinem Amtsantritt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2019