Dise­ase Manage­ment Pro­gramm Dia­be­tes: Aktiv gut betreut

25.06.2019 | Politik


Von den rund 600.000 Öster­rei­chern, die an Typ 2‑Diabetes lei­den, wer­den mehr als zehn Pro­zent im Rah­men des Dise­ase Manage­ment Pro­gramms „The­ra­pie Aktiv“ betreut. Dadurch gibt es Vor­teile sowohl im Hin­blick auf Mor­ta­li­tät und Ver­sor­gungs­qua­li­tät als auch bei den Kos­ten, wie eine aktu­elle Stu­die zeigt.


Exakt 78.756 Pati­en­ten und 1.777 Ärzte neh­men öster­reich­weit am Dise­ase Manage­ment Pro­gramm „The­ra­pie Aktiv“ teil. Ziel des Pro­gramms ist es, durch eine kon­ti­nu­ier­li­che Evi­denz­ba­sierte Betreu­ung von Dia­be­ti­kern die typi­schen Fol­ge­schä­den hin­aus­zu­zö­gern oder zu ver­mei­den, um ein län­ge­res Leben in guter Gesund­heit zu ermög­li­chen. Schon bei der Eva­lu­ie­rung im Jahr 2015 wur­den posi­tive Effekte des 2007 ins Leben geru­fe­nen Pro­gramms regis­triert. Es stellte sich her­aus, dass weni­ger Betrof­fene, die im Rah­men von „The­ra­pie Aktiv“ betreut wer­den, ver­star­ben als in der Kon­troll­gruppe. Auch bei den Fol­ge­er­kran­kun­gen Insult und Myo­kard­in­farkt sowie bei den Kran­ken­haus­auf­ent­hal­ten zeig­ten sich posi­tive Effekte des Pro­gramms. Dar­über hin­aus lagen die durch­schnitt­li­chen jähr­li­chen Gesamt­kos­ten um rund 1.000 Euro unter denen der Teil­neh­mer aus der Kontrollgruppe. 

Bei der Eva­lu­ie­rung 2018/​2019 stan­den drei Aspekte im Mittelpunkt:

  • Die Lang­zeit­er­geb­nisse der bestehen­den Kohorte des Beob­ach­tungs­zeit­raums 2009/​2010 bis 2016/​2017 soll­ten dar­ge­stellt werden.
  • Eine Ana­lyse der eta­blier­ten Pro­gramm­phase (Ein­schrei­bung 2013) sowie
  • eine lon­gi­tu­di­nale Ana­lyse der Dia­be­tes-spe­zi­fi­schen Medi­ka­tion und Kos­ten des Beob­ach­tungs­zeit­raums 2010 bis 2017.

Dabei setzt sich die Kohorte aus den­je­ni­gen Pati­en­ten zusam­men, die von 1. Jän­ner 2008 bis 31. Dezem­ber 2009 in das Dise­ase Manage­ment Pro­gramm auf­ge­nom­men wur­den – ins­ge­samt 7.161 Per­so­nen. Kon­troll­gruppe (21.044 Per­so­nen) waren all die­je­ni­gen, die nicht im Rah­men von „The­ra­pie Aktiv“ betreut wur­den. Die Ergeb­nisse: In der DMP-Gruppe lag der Anteil der Myo­kard­in­farkte bei 3,9 Pro­zent (Kon­troll­gruppe: 4,54 Pro­zent); Insult/​nichttraumatische intra­kra­ni­elle Blu­tung bei 6,48 Pro­zent (7,71 Pro­zent); Insult bei 4,36 Pro­zent (5,08 Pro­zent). Das Ster­be­ri­siko ist in der DMP-Gruppe sta­tis­tisch signi­fi­kant ver­rin­gert (Hazard ratio: 0,70; 95 Pro­zent Kon­fi­denz­in­ter­vall: 0,66 – 0,73) und um 30 Pro­zent nied­ri­ger als in der Kontrollgruppe.

Nied­ri­gere Gesamt­kos­ten bei DMP-Gruppe

Auch diese Eva­lu­ie­rung zeigte, dass die jähr­li­chen durch­schnitt­li­chen Gesamt­kos­ten bei Dia­be­ti­kern, die im Rah­men von „The­ra­pie Aktiv“ betreut wer­den, um rund 1.000 Euro nied­ri­ger sind als bei jenen, die nicht im Rah­men des Pro­gramms betreut wer­den. Bei der Berech­nung der Gesamt­kos­ten wur­den fol­gende Teil­be­rei­che berück­sich­tigt: Arzt-Eigen­kos­ten, sta­tio­näre Kos­ten, Heil­mit­tel­kos­ten und Trans­port­kos­ten. Die mitt­le­ren jähr­li­chen Gesamt­kos­ten betru­gen in der DMP-Gruppe 9.858,70 Euro; in der Kon­troll­gruppe 10.898,90 Euro. Wäh­rend bei den Arzt-Eigen­kos­ten (763,50 Euro in der DMP-Gruppe ver­sus 702,20 Euro in der Kon­troll­gruppe), den Heil­mit­tel­kos­ten (1.333,60 Euro ver­sus 1.398,70 Euro) und den Trans­port­kos­ten (93 Euro ver­sus 144,80 Euro) annä­hernd gleich waren, zeigte sich der größte Unter­schied bei den sta­tio­nä­ren Kos­ten: 7.668,60 Euro ver­sus 10.898,90 Euro.

Bei der Ana­lyse der eta­blier­ten Pro­gramm­phase ging es darum, Unter­schiede zwi­schen der „The­ra­pie Aktiv“-Gruppe und der Kon­troll­gruppe her­aus­zu­fin­den, wenn die Ein­schrei­bung 2013, zu einem Zeit­punkt, als das Pro­gramm schon eta­bliert war, erfolgte. Als Beob­ach­tungs­zeit­raum wurde 2014 bis 2017 gewählt, ein der ers­ten Eva­lu­ie­rung ver­gleich­ba­rer Zeit­raum. Dabei wur­den als Matching-Para­me­ter bei­spiels­weise auch Arzt­kon­takte bei All­ge­mein­me­di­zi­nern und Augen­ärz­ten, HbA1c-Bestim­mun­gen, EKGs und der sozio­öko­no­mi­sche Sta­tus her­an­ge­zo­gen. Bei allen vier Matching-Vari­an­ten zeig­ten sich in Bezug auf die Mor­ta­li­tät ähn­li­che Ergeb­nisse mit einem Vor­teil für die DMP-Gruppe.

Die lon­gi­tu­di­nale Ana­lyse der Dia­be­tes-spe­zi­fi­schen Medi­ka­tion und Kos­ten ergab fol­gen­des Bild: Von 2010 bis 2017 sind die Kos­ten für Dia­be­ti­ker, die im Ana­ly­se­tool LEICON erfasst wer­den, von 78 Mil­lio­nen Euro auf rund 141 Mil­lio­nen Euro gestie­gen. Das ent­spricht einem rela­ti­ven Anstieg von 81 Pro­zent – bei einem rela­ti­ven Anstieg der medi­ka­men­tös behan­del­ten Dia­be­ti­ker von 10,2 Pro­zent. Die Gesamt­kos­ten für die DMP-Teil­neh­mer sind von fünf Mil­lio­nen Euro (2010) auf rund 22 Mil­lio­nen Euro (2017) gestie­gen. Der Anteil der nicht-medi­ka­men­tös behan­del­ten Pati­en­ten in der DMP-Gruppe ist von 13,9 Pro­zent im Jahr 2010 auf 17,1 Pro­zent im Jahr 2017 gestie­gen. Bei den medi­ka­men­tös behan­del­ten Dia­be­ti­kern im DMP ist der Anteil der­je­ni­gen, die orale Anti­dia­be­tika erhiel­ten, von 2010 bis 2017 von 79,3 Pro­zent auf 77 Pro­zent leicht zurück­ge­gan­gen. In bei­den Grup­pen ist der Anteil der­je­ni­gen Dia­be­ti­ker, die eine Insu­lin-Mono­the­ra­pie erhal­ten, rück­läu­fig (DMP-Gruppe: – 2,0 Pro­zent; alle in LEICON regis­trier­ten Dia­be­ti­ker: ‑3,1 Pro­zent), wäh­rend der Anteil der Kom­bi­na­ti­ons­the­ra­pien gestie­gen ist (DMP: +4,3 Pro­zent; bei allen in LEICON regis­trier­ten Dia­be­ti­kern um 4,1 Prozent).

Tipp: www.therapie-aktiv.at/​ÄrztInnen

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 12 /​25.06.2019