Impftag 2020: Die richtigen Kommunikationsstrategien

25.11.2019 | Politik


Impfskeptikern und denen, die verunsichert sind, die Bedenken und Ängste vor dem Impfen zu nehmen, erfordert Kompetenzen in der Gesprächsführung. Motto des Impftags 2020: Impfen in Alltags- und Ausnahmesituationen.


Impfen in Alltags- und Ausnahmesituationen – dies ist das Motto des kommenden Impftages am 18. Jänner 2020, der auch dieses Jahr wieder gemeinsam von der Österreichischen Akademie der Ärzte und der Medizinischen Universität Wien, in Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Apothekerkammer veranstaltet wird. Dem Austausch zum Thema Impfpflicht auf europäischer Ebene wird dieses Mal – nicht zuletzt durch die steigende Anzahl an Masernfällen 2019 – ein thematischer Schwerpunkt eingeräumt. Im Fokus stehen unter anderem die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse aus Frankreich und Italien, wo die Impfpflicht gilt. „Wenn man eine Impfpflicht einführt, muss man begleitend eine gute Informationsstrategie durchführen und offizielle Anlaufstellen für die Bevölkerung zur Verfügung stellen, die das Ganze begleiten“, betont die wissenschaftliche Leiterin des Impftags, Univ. Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt vom Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien. Wie wichtig die Nutzung der richtigen Kommunikationsstrategien ist, zeigen die massiven Nachbesserungsmaßnahmen in Frankreich nach Einführung der Impfpflicht, wonach „spezielle Anlaufstellen, Informations-Websites und firmenunabhängige Werbespots vonseiten der öffentlichen Hand maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die verpflichtenden Impfungen gut angenommen werden“, erklärt die Expertin. Im Gegensatz zu Deutschland, wo sich der Bundesrat nun für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht für Masern/Mumps/Röteln/Varizellen entschlossen hat, ist der Vorschlag u.a. seitens des Obersten Sanitätsrats eine Impfpflicht in Österreich vorerst nur für Gesundheitspersonal im Sinne von beruflich indizierten Impfungen einzuführen. Für Wiedermann-Schmidt ist dies ein wichtiger Schritt im Rahmen der Impf-Kommunikation, da das Gesundheitspersonal eine Schlüsselrolle einnimmt: „Wenn das Gesundheitspersonal selbst geimpft ist und mit gutem Beispiel vorangeht, werden die richtigen Informationen besser vermittelt und von der Bevölkerung eher angenommen.“ Aktuelle Studien auf europäischer Ebene zeigten, dass diese verpflichtenden Impfungen vom Gesundheitspersonal grundsätzlich positiv angenommen werden.

„Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt sind Impfungen in Alltags- und Ausnahmesituationen, wobei die Ausnahmesituationen, die wir hier beschreiben, schon fast mehr Alltag geworden sind“, fasst Wiedermann-Schmidt zusammen. Impfen im Alter, bei Multipler Sklerose, Karzinomen oder unter Rheumatherapie  – in Anbetracht der hoch potenten Therapien, vor allem Biologika, und der resultierenden Beeinträchtigung des Immunsystems ist es wichtig, das Management eines angemessenen Impfschutzes nicht aus den Augen zu verlieren, um die Patienten bestmöglich beraten zu können. Neben neuen Impfstoffen gegen Pneumokokken und Meningokokken wird es Informationen aus aktuellen klinischen Studien zu künftigen Impfmöglichkeiten gegen das humane RSV (Respiratorische Synzytial-Virus) und gegen Clostridioides difficile geben. „Gleichzeitig erwarten wir uns, dass von Seiten des Ministeriums abgesehen von den Neuerungen im Impfplan 2020 auch über die aktuelle Situation des elektronischen Impfpasses informiert wird, da im Jänner 2020 entsprechende Pilotprojekte starten“, berichtet Wiedermann-Schmidt. Bislang geht man davon aus, dass der elektronische Impfpass in den kommenden drei bis vier Jahren österreichweit eingeführt wird.

Der Schwerpunkt des Lunch-Workshops im Rahmen des Impftags 2020 liegt auf der Kommunikation rund um das Thema Impfen. „Viele Studien haben gezeigt, dass Arzt und Apotheker die Kontaktperson Nummer eins für den Patienten und für Impf-Interessierte sind und dementsprechend muss man auch in richtiger Art und Weise kommunizieren können“, weiß Wiedermann-Schmidt. Tipps und Tricks für den Umgang in der Praxis geben der Leiter des Impfreferats der ÖÄK, Rudolf Schmitzberger, Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer und ÖÄZ-Chefredakteurin Agnes M. Mühlgassner. Schmitzberger ist es dabei ein besonderes Anliegen, von der Diskussion über die Impfpflicht wegzukommen und die Aufmerksamkeit auf die positiven Aspekte des Impfens zu lenken: „Es handelt sich vielmehr um einen Rechtsanspruch, den Eltern und Kinder haben, im Rahmen des UN-Rechts, der Menschenrechtskonvention und des Verfassungsrechts auf die beste Gesundheitsvorsorge – und da gehört das Impfen nun einmal dazu.“ Schätzungsweise ein Prozent der Bevölkerung ist als radikal impfgegnerisch zu bezeichnen – „die wird man auch nicht von den Benefits der Impfungen überzeugen können“, stellt Schmitzberger klar. Deswegen sei es wichtig, die diesbezüglichen Ressourcen auf die Impfskeptiker und Verunsicherten zu konzentrieren, um ihnen die mit dem Impfen verbundenen Ängste zu nehmen. Aus der Praxis weiß der Experte, dass sich immer häufiger Menschen beispielsweise aus Ländern der Balkanregion an die entsprechenden Stellen in Österreich wenden, da sie kein Vertrauen in die Verantwortlichen des Gesundheitssystems in ihrem Heimatland, in die Politiker und in die Impfstoffe haben. Bei der Gesprächsführung selbst sieht Schmitzberger eine „Gratwanderung“: den Verunsicherten die mit dem Impfen assoziierten Ängste zu nehmen, dabei aber nicht zu stark auf die einzelnen Impfmythen einzugehen, da jede Erwähnung die Assoziation wieder verstärken kann. „Neben den Tipps und Tricks von Seiten der Medizin und Gesprächsführung möchten wir bei diesem häufigen, alltäglichen Problem vor allem einen offenen Gedankenaustausch ermöglichen“, fasst der Experte zusammen. (las)


Impftag 2020

Thema: Impfen: Alltags- und Ausnahmesituationen

Wann: 18. Jänner 2020; 8h bis 17h
Wo: Austria Center Vienna, Bruno-Kreisky-Platz 1, 1220 Wien
Wissenschaftliche Leitung: Univ. Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt
Anmeldung und Information: www.impftag.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2019