Medizinische Kurzmeldungen: Kurz und informativ

25.04.2019 | Medizin


Bungee-Jumping: Bereitschaftsmodus des Gehirns

Das menschliche Gehirn befindet sich bei einem Bungee-Sprung von der 192 Meter hohen Tiroler Europabrücke im gleichen Bereitschaftsmodus wie bei einem Sprung aus einem Meter Höhe. Das hat ein Team der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Berlin um Surjo Soekadar herausgefunden. Die EEG-Aufzeichnungen vor dem Absprung zeigten nur minimale Spannungsverschiebungen im Bereich von wenigen Millionstel Volt. Bedeutend ist dieses Ergebnis für die Weiterentwicklung von Brain-Computer-Interfaces (BCI), die auch unter extremer Anspannung zuverlässig sein müssen. BCI ermöglichen es zum Beispiel querschnittsgelähmten Menschen, Computer, Maschinen oder Körperprothesen nur durch die Kraft ihrer Gedanken zu steuern.
APA/Scientific Reports

Süße Getränke fördern Darmtumore

Ein Studie von Forschern um Lewis Cantley vom Weill Cornell Medical College in New York City an Labormäusen hat gezeigt, dass der tägliche Konsum von süßen Limonaden zu einem beschleunigten Wachstum von bestehenden Polypen im Dickdarm und zu einer häufigeren Entwicklung von Darmkrebsvorstufen führt. Verantwortlich gemacht wird der industriell hergestellte Maissirup, der als günstiger Zuckerersatz in Limonaden, Müsliriegeln und Fertiggerichten breite Anwendung findet. Die Darmpolypen und Karzinomzellen gewinnen aus dem hohen Fruchtzuckeranteil des Sirups direkt Energie für ihr Wachstum und produzieren Fettsäuren, die das Darmkrebswachstum weiter anregen. Die US-Forscher empfehlen Menschen mit einer Anfälligkeit für Darmpolypen, auf Nahrungsmittel mit industriell hergestelltem Zucker weitestgehend zu verzichten.
APA/Science

20 Prozent
der weltweiten Todesfälle – rund elf Millionen pro Jahr – stehen statistisch gesehen mit falscher Ernährung in Zusammenhang. Damit ist schlechte Ernährung für mehr Todesfälle verantwortlich als jeder andere Risikofaktor. Die wenigsten ernährungsbedingten Todesfälle 2017 gab es in Israel (88,9 pro 100.000 Einwohner), die meisten in Usbekistan (891,8). Österreich lag mit 143,1 Todesfällen im Mittelfeld.
APA/The Lancet

Alkohol in der Schwangerschaft: Folgen oft erst spät erkannt

Die Häufigkeiten von Entwicklungsschäden bei Kindern durch „Passivtrinken“ oder Alkoholkonsum in der Schwangerschaft werden oft nicht erkannt, da diese Erkrankungen nicht meldepflichtig sind, nicht als solche eingestuft und häufig erst später diagnostiziert werden. Neben Mikrosomie, Fehlbildungen im Gesicht und motorischen Einschränkungen kann es zu Störungen im Verhalten, bei der Aufmerksamkeit, Lernfähigkeit und bei den Gedächtnisfunktionen kommen. In Deutschland beispielsweise wurden 2014 insgesamt 12.650 Babys mit einer Fetalen Alkoholspektrumstörung (FASD) geboren, davon knapp 3.000 mit einem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS). 
APA/BMC Medicine

Narkose löscht traumatische Erinnerungen

Forscher um Ana Galarza Vallejo von der Universidad Politecnica de Madrid konnten experimentell zeigen, dass Erinnerungen durch eine gezielte Reaktivierung instabil und formbar gemacht werden. Emotionale Erinnerungen von depressiven Patienten ließen sich durch Elektrokonvulsionstherapie abschwächen. Der Versuch mit Propofol zeigte, dass allein der Einsatz eines Narkosemittels die Verfestigung reaktivierter Erinnerungen verhindern kann, da entscheidende Gehirnregionen vermutlich deaktiviert werden und die Kopplung von Emotionen und Erinnerung unterbunden wird. Gehirnbilder unterstützen diese Annahme, da Narkose die Aktivität im Hippocampus und in der Amygdala hemmt. Besonders interessant könnten diese Erkenntnisse auch für die Therapie der posttraumatischen Belastungsstörung sein.
APA/Science Advances


Neurodermitis: Entzündung durch Pilze verursacht

Ein Team um Salome LeibundGut-Landmann von der Universität Zürich hat herausgefunden, dass die natürlich auf der Haut vorkommenden Malassezia-Pilze eine Entzündungsreaktion hervorrufen, indem sie das Immunsystem dazu anregen, Interleukin-17 zu bilden. Die Interleukin-17-produzierenden Immunzellen tragen zur Entstehung der Neurodermitis bei, von der bis zu 20 Prozent der Kinder und bis zu zehn Prozent der Erwachsenen betroffen sind. Die Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sich die atopische Dermatitis – analog zur Therapie bei Psoriasis – vermutlich mit therapeutischen Antikörpern behandeln lässt, welche die Wirkung von Interleukin-17 neutralisieren. 
APA/Cell Host & Microbe

Heißer Tee erhöht Risiko für Speiseröhrenkrebs

In einer Studie der Tehran University of Medical Sciences unter der Leitung von Farhad Islami konnte gezeigt werden, dass der regelmäßige Verzehr von mehr als 0,7 Liter Tee bei einer Temperatur von mindestens 60 Grad mit einem deutlich erhöhten Risiko assoziiert ist, ein Plattenepithelkarzinom zu entwickeln, eine der beiden häufigsten Arten von Speiseröhrenkrebs. Die Forscher gehen davon aus, dass die heiße Flüssigkeit Verletzungen und damit einhergehende entzündliche Prozesse in der Speiseröhre bedingt, die zu einer direkten Veränderung des Erbgutes oder der Bildung karzinogener Substanzen führen können. Da darüber schon länger diskutiert wird, hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) das „Trinken sehr heißer Getränke bei über 65 Grad Celsius“ als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft.
APA/International Journal of Cancer

Autismus: veränderte Gehirnaktivität als Ursache

Bei Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) unterscheiden sich die neuronalen Verbindungsmuster mancher Gehirnareale von denen gesunder Kontrollpersonen. Das hat die Analyse von mehr als 1.800 fMRT-Aufnahmen durch ein Team um Jürgen Dukart vom Forschungszentrum Jülich (Deutschland) und Julian Tillmann von der Universität Wien ergeben. Die funktionelle Konnektivität im Gehirn der Autisten ist dabei nicht stärker oder schwächer, sondern einfach räumlich verschoben. Daraus ergeben sich die für die Autismus-Spektrum-Störung typischen Entwicklungsstörungen im Bereich der Sprache und dem Verhalten im Umgang mit anderen Menschen. Die Bedeutung der Hirnkonnektivität wurde in diesem Kontext schon länger diskutiert. Allerdings wurden je nach Studie unterschiedliche Verfahren für die Operationalisierung eingesetzt. Implikationen ergeben sich durch das bessere Verständnis auch für die Therapie. 
APA/Science Translational Medicine

Schweiz: spezielles Hepatitis E-Virus

Forscher des Universitätsspitals Lausanne haben einen einzigartigen Subtyp des Hepatitis E-Virus identifiziert, der nur in der Schweiz vorkommt. Erklären lässt sich diese Besonderheit durch die Topographie des Landes und durch die Agrarpolitik. Vom Hepatitis E-Virus existieren mehrere Subtypen, die eine Vielzahl von Menschen und Tieren infizieren können. Drei Patienten in der Schweiz haben sich – vermutlich durch den Verzehr von mit Kaninchenkot kontaminiertem Obst oder Gemüse – mit einem Stamm des Virus aus Kaninchen infiziert. 
APA/Journal of Hepatology

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2019