Standpunkt Thomas Szekeres: Steter Tropfen höhlt den Stein

25.04.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Stefan Seelig

Es hat lange gedauert, doch mittlerweile ist das Bewusstsein in der Öffentlichkeit verankert, dass der Ärztemangel eine reale Bedrohung ist. Lesern dieser Zeitung ist das ohnehin schon längst klar, schließlich endet jede Ausgabe mit seitenweisen Inseraten, in denen Ärzte gesucht werden. Doch auch medial nimmt man das Thema Ärztemangel mittlerweile viel ernster. Unter Berichten zum Thema finden sich dutzende Postings, in denen Leser von langen Wartezeiten bei ihren Ärzten, überfüllten Ambulanzen und Terminschwierigkeiten berichten. Immer mehr TV-Berichte nehmen sich der Situation von Landgemeinden an, in denen Bürgermeister verzweifelt einen Arzt für die Einwohner ihres Ortes suchen. „Andere Gemeinden leisten sich ein Schwimmbad, wir leisten uns einen Arzt“, erzählte ein niederösterreichischer Bürgermeister im ORF.

Früher war es undenkbar, dass eine Kassenstelle mehrfach ausgeschrieben werden musste, heute ist es fast an der Tagesordnung. Besorgniserregend ist, dass dieser Trend mittlerweile auch Ballungsräume erreicht hat. Heute gibt es in Wien bei attraktiven Stellen vielleicht zwei oder drei Bewerber, früher waren es 20 Bewerbungen oder mehr.

Unsere bekannten Forderungen, um dem Ärztemangel zu begegnen, konnten wir bei unserer Ärztestatistik-Pressekonferenz mit Zahlen untermauern. Ebenso konnten wir der Schar an Kritikern, die regelmäßig einwenden, es gebe angesichts der laut OECD so hohen Ärztedichte ja nur ein Versorgungsproblem, Wind aus den Segeln nehmen. Wir haben aufgezeigt, wie hier Äpfel mit Birnen verglichen werden: Manche Länder zählen etwa Ärzte in Ausbildung nicht mit, andere – wie Österreich – schon. Mit ein wenig Kreativität kann man sich an fast jede gewünschte Stelle in diesem Ranking rechnen. Es geht uns selbstverständlich nicht darum, dass wir uns am Ende der Statistik einordnen wollen. Unser Anspruch muss sein, sich mit den stärksten Staaten zu messen – aber es muss dabei das Spielfeld für alle gleich sein.

Um die Herausforderungen des Ärztemangels lösen zu können, bedarf es der Anstrengungen aller beteiligten Seiten. Wenn wir unseren Standard in der Gesundheitsversorgung für die kommenden Generationen bewahren wollen, dann brauchen wir Einsatz und Kreativität von allen betroffenen Ministerien und Interessensvertretungen. Unsere Hand ist für konstruktive und lösungsorientierte Gespräche immer ausgestreckt.

a.o. Univ. Prof. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2019