Bundeskurie zur Kassenreform: Gelungener Probelauf im Vorfeld der Kassenreform

25.03.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK

Dr. Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, zieht eine positive Bilanz nach den Verhandlungen mit SVA und SVB und betont die Vorbildwirkung für die weit komplexeren Verhandlungen zur Österreichischen Gesundheitskasse.

„Bei den Honorarverhandlungen mit der SVA und der SVB konnten zuletzt gute und richtungsweisende Abschlüsse erzielt werden“, bilanziert Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der ÖÄK. „Diese Verhandlungsergebnisse sind nicht nur von unmittelbarer praktischer Bedeutung, sondern auch als Präjudiz für die Verhandlungen zur neu zu gründenden Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) besonders wichtig.“

Die hier relevanten Details der „Kassenreform“ sind bekannt: Die SVA soll mit der Bauernkasse SVB zu einer Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) fusioniert werden. Eine aus mehreren Gründen schwierige und herausfordernde Ausgangslage: Hier die SVA-Honorarkataloge, dort die an die GKK-Kataloge geknüpften SVB-Honorarkataloge. Die Systematik der Gesamtverträge ist bei Letzteren völlig anders und es bestehen neun Honorarkataloge, die regional und bezüglich der Fachgruppen teils extrem unterschiedlich sind. Steinhart: „Es ist umso erfreulicher, dass es gelungen ist, organisatorisch und legistisch vieles umzusetzen, eine Vereinbarung abzuschließen und die Weichen vielversprechend zu stellen.“ Die bevorstehenden Verhandlungen zur Fusion der Beamtenversicherung BVA mit der Eisenbahner- und Bergbau-Versicherung VAEB zu einer neuen BVAEB dürften aus heutiger Sicht wesentlich einfacher verlaufen, weil es dort ähnliche Gesamtverträge und Honorarkataloge gibt. „Hier hoffen wir über den Sommer regeln zu können, wie es ab 2020 weitergehen soll“, so Steinhart.

Der in den Verhandlungen zur Fusion von SVA und SVB für das Übergangsjahr 2019 abgeschlossene Gesamtvertrag sieht bei der SVA und der BVA noch letzte Tarifvalorisierungen vor, etwa in der Höhe der Inflationsrate. Erreicht werden konnte auch eine Beibehaltung der Laborregelung bis Ende 2019.

Außerdem konnte man sich bereits auf einen Modus einigen, wie die SVB in die SVA hineinfusioniert werden kann. Was sind die Ausgangspunkte? „Rechnet man die SVB-Werte auf die SVA um, so liegt die SVB aufgrund der geringeren Tarife deutlich hinter der SVA, die Lücke beträgt nach unseren Berechnungen 25 bis 30 Millionen Euro pro Jahr. Diese finanzielle Lücke muss natürlich möglichst bald mit zusätzlichem Geld geschlossen werden“, so Steinhart. Von der erforderlichen Angleichung sind die Bundesländer unterschiedlich stark betroffen. „Hier muss in erster Linie der ländliche Bereich gefördert werden, wo Bauern und ihre Ärzte mehrheitlich leben und arbeiten“, sagt Steinhart. Letztlich geht es hier um eine Landarztförderung, denn in den Städten – in Wien ebenso wie in den Landeshauptstädten – gibt es nur sehr wenige Bauern.“

In den Verhandlungen, die seitens der Sozialversicherungen federführend von WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf geführt wurden, bevorzugten die Verhandlungspartner der Ärztekammer eine allmähliche, bis in die 2030er Jahre hineinreichende Integration der SVB in die SVA. Steinhart: „Für das Verhandlungsteam der ÖÄK war das allerdings keine Option. Wir gingen von einer möglichst raschen Heranführung der SVB-Tarife an jene der SVA aus, wobei wir letztlich in dieser Frage überzeugen und uns mit unseren Forderungen durchsetzen konnten.“

Vereinbart wurde, dass per 1. Jänner 2020 10 Millionen Euro in den SVB-Honorarkatalog investiert werden, womit bereits ein Drittel des Weges beschritten sein wird. 2021 werden die Tarife um die Inflationsrate erhöht, 2022 folgt das zweite Drittel in der Höhe von ebenfalls 10 Millionen Euro, und in den Jahren 2023 und 2024 der noch offene Rest. „Dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht um eine finanzielle Umschichtung, sondern um frisches Geld, das in die Tarife der SVB fließt, damit spätestens am 1. Jänner 2024 nur noch ein Honorarkatalog existiert und damit Tarifidentität besteht“, sagt Steinhart.

Zusätzlich konnte vereinbart werden, dass alle Vertragsärztinnen und -ärzte der SVA, die bisher keinen SVB- oder GKK-Einzelvertrag hatten, nun auch berechtigt sind, SVB-Versicherte abzurechen, und umgekehrt.

Ebenfalls beschlossen wurde, dass alle seitens der SVB oder SVA gegenüber niedergelassenen Vertragsärzten per 31.12.2019 bestehenden vertraglichen Regelungen von der neuen SVS übernommen werden: also vor allem Regelungen für Bereitschaftsdienste, regionale Sondervereinbarungen,
Junior Check, etc.

„Hier haben wir ein Ergebnis erzielt, das innerhalb von nur wenigen Jahren eine Anpassung an den höheren Tarif geschafft hat. Wir sehen das auch als gelungenen Probelauf im Vorfeld der weit komplexeren Verhandlungen zur Österreichischen Gesundheitskasse“, sagt Steinhart. „Wir wissen sehr genau, wo wir hinwollen. Wir werden unsere gesamte medizinische Kompetenz einbringen, um einen modernen Leistungskatalog zu erstellen. Er soll alle Leistungen abbilden, die in den Arztpraxen erbracht werden, und letztlich die entsprechenden Honorare beinhalten.“

Die Chancen, so Steinhart, stünden gut für eine Modernisierung des Honorarsystems und für mehr Kosten- und Leistungsgerechtigkeit. Jeder Bürger sollte dieselben Leistungen bekommen, unabhängig von seinem Wohnort. „Das wäre ein zentrales Element einer Kassenreform, die sich als großer Wurf versteht“, so Steinhart. „Das damit verbundene Mehr an Gesundheitsleistung sollte der Regierung entsprechende Investitionen in unser Gesundheitssystem wert sein.“

Das Zusatzübereinkommen mit der BVA *)

  • Tarifvalorisierung um 2,3% (ausgenommen Labor)
  • Beibehaltung der bestehenden Abrechnungsmöglichkeiten aller Laborparameter bis 31.12.2019. Ausgenommen Vertragsärzte mit einem Einzelvertrag mit Gültigkeit nach dem 31.12.2015 gilt die Fachgebietsbeschränkung sofort.
  • Eigener Abschnitt für Kinderheilkunde im Honorarkatalog.
  • Neu für die Fachgruppe Kinder- und Jugendheilkunde: Die Position 34z Somatogramm wird mit 9 Punkten in maximal 30% der Fälle im Quartal in den Katalog neu aufgenommen.
  • Einführung eines Pathologiekataloges
  • Die Positionen 12.01 (Nativpräparat) und 12.07 (Pilzkulturen) sind für alle Dermatologinnen und Dermatologen abrechenbar.
  • Die Position 12.12 (Keimzahlbestimmung) wurden für die Urologinnen und Urologen in den Ordinationslaborkatalog aufgenommen.
  • Zuschuss zur eMedikation für Nicht-GKK-Ärztinnen und -Ärzte in Höhe von € 20 monatlich (bei tatsächlicher Nutzung und nach Antragstellung)
  • Zuschuss zu eKOS für Nicht-GKK-Ärztinnen und -Ärzte in Höhe von € 4 monatlich (bei tatsächlicher Nutzung und Antragstellung)
  • Zuschlag für die BKFP-Beratung in Höhe von € 3 für Fachärztinnen und -ärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin.
  • Vereinfachte KM-Geld-Regelung für Hausbesuche analog zur SVA.

*) Für den Zeitraum 1.4.2019 bis 31.12.2019

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2019