BKNÄ: Kassenreform – Bestens gerüstet für das Mammutprojekt

10.04.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Bestens gerüstet für das Mammutprojekt

Die Kassenreform rückt immer näher, für die Ärztekammer bleibt noch eine Menge zu tun. So muss etwa ein einheitlicher Leistungskatalog erarbeitet werden. ÖÄK-Vizepräsident und BKNÄ-Obmann Dr. Johannes Steinhart sieht seine Mannschaft bereit für die „größte Herausforderung der Bundeskurie“.

„Die Bundeskurie Niedergelassene Ärzte ist für die bevorstehenden Verhandlungen zur ‚Kassenreform‘ und der neu zu gründenden Österreichischen Gesundheitskasse bestens gerüstet. Alles wurde und wird von uns akribisch vorbereitet, wir überlassen nichts dem Zufall und warten jetzt auf die Einladung zu Gesprächen“, berichtet Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der ÖÄK im zeitlichen Vorfeld der Verhandlungen. „Diese werden wohl zum Wichtigsten in der jüngeren Geschichte der Ärztekammer zählen: Es werden die Weichen für die Zukunft des kassenärztlichen Bereichs neu gestellt.“

Im Zuge der Kassenreform werden alle neun GKK zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengeführt. Die SVA wird mit der Bauernkasse SVB zu einer Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) fusioniert. Die Beamtenversicherung BVA soll mit der Eisenbahner- und Bergbau-Versicherung VAEB zu einer neuen BVAEB fusioniert werden.

Erfolgreicher Probelauf

Bisher konnte man sich bereits auf einen Modus einigen, wie die SVB und die SVA zusammengeführt werden können. Diese Honorarverhandlungen brachten gute und richtungsweisende Abschlüsse, so Steinhart: „Wir sehen das auch als erfolgreichen Probelauf für die Verhandlungen zur ÖGK.“

Die größte Herausforderung, so Steinhart, wird wohl die Zusammenlegung der neun GGK zu einer österreichweiten ÖGK. Bisher sind wesentliche Personalentscheidungen bereits gefallen bzw. kündigen sich an. Die Überleitungsgremien in den von 21 auf künftig fünf zusammengelegten SV-Träger haben am 1. April ihre Arbeit aufgenommen. Für die aus den neun GKK entstehende ÖGK wurde als Chef von Arbeitgeberseite bereits Wirtschaftskammer-Vizepräsident Matthias Krenn (FPÖ), Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim und Hotelier, als erster Obmann designiert. Er wird den Überleitungsausschuss und ab Anfang 2020 zunächst den ÖGK-Verwaltungsrat leiten. Anschließend soll er sich mit seinem Vize, dem von Arbeitnehmerseite nominierten Salzburger GKK-Obmann Andreas Huss (SPÖ), im Sechs-Monats-Rhythmus abwechseln.

Der Überleitungsausschuss besteht zu gleichen Anteilen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertretern sowie zwei von Gesundheitsministerin Hartinger-Klein eingesetzten Kommissaren.  Seine Aufgabe ist es, jene Geschäfte abzuwickeln, welche die Zeit ab Jänner 2020 betreffen. Er wird ab 1. April bis Ende 2019 parallel mit den derzeit bestehenden Gremien arbeiten, dem jetzigen Hauptverband und der ÖGK-Selbstverwaltung, die bis zum Jahresende fällige Agenden bearbeiten sollen. Ab 2020 gibt es dann nur noch den Verwaltungsrat. Die von der Bundesministerin eingesetzten Kommissare schreiben in ihrer dreimonatigen Amtszeit bis 1. Juli 2019 die Position des neuen Generaldirektors aus und besetzen diese. Hoch im Kurs steht derzeit Bernhard Wurzer, Noch-Generaldirektor-Stellvertreter des Hauptverbandes.

Der derzeitige Hauptverband wird praktisch aufgelöst und zu einem Dachverband der Sozialversicherungsträger; ein Großteil der Aufgaben des Dachverbandes wird von Gremien der ÖGK übernommen. Seine Aufgaben werden sich z.B. auf die Überprüfung der ökonomischen Verschreibweise, die Qualitätssicherung von Kontrollen, die Koordination der Öffentlichkeitsarbeit der Sozialversicherungsträger, die fachliche Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und die EDV-Strukturen und IT beschränken. Der Vorsitz des neuen Dachverbandes wird rotierend von den Vorsitzenden der AUVA, PVA, SVS, BVAEB und ÖGK wahrgenommen, beginnend mit letzterer.

Für die einzelnen Bundesländer werden die Landesstellenausschüsse der ÖGK zuständig sein, die umfangreiche Aufgaben zu erfüllen haben: zum Beispiel Beschlüsse über Einzelverträge mit niedergelassenen Ärzten, Verhandlungen der Gesamtverträge bezüglich niedergelassener Kassenärzte mit der ÖGK auf regionaler Ebene, Stellenvergaben, Abschluss und Auflösung von Einzelverträgen, Mitwirkung bei der Zielsteuerung Gesundheit, insbesondere bei der regionalen Planung. Steinhart: „Die Länderautonomie ist uns eine Top-Priorität. Wir werden sehr genau darauf achten, dass über regionale Bedürfnisse nicht einfach ‚drübergefahren‘ wird.“

Daran und an weiteren zentralen Themen der künftigen Kooperation mit der ÖGK wird derzeit in der ÖÄK intensiv gearbeitet. Eine zentrale Frage ist hier nicht nur die Höhe der Honorare, sondern es geht auch um Grundsätzliches wie die Frage pauschale Honorierung versus Einzelleistungsabrechnung. „Jede Honorierungsform schafft Anreize, die – je nach Perspektive – sowohl Vorzüge als auch Nachteile mit sich bringen können. Es gibt keine generell optimale Honorierungsform“, so Steinhart. „Wir möchten durch die Kombination verschiedener Honorierungsformen die positiven Aspekte für Arzte und Patient möglichst optimieren und potenzielle Negativ-Aspekte möglich einschränken.“

Sinnvoll sei eine Pauschale für die Infrastruktur und – dem Arztberuf als Freiem Beruf angemessen – die konsequente Honorierung von Einzelleistungen. „Diese Lösung erleichtert die freie Arztwahl, berücksichtigt den Patientenwunsch, ist transparent und ermöglicht die regionale Vergleichbarkeit und die Auswertung von Gesundheitsdaten. Bei dieser Lösung kommt es auch nicht zu ökonomisch bedingten Mengeneinschränkung, wodurch Patienten eine Behandlung aus wirtschaftlichen Gründen vorenthalten würde“, so Steinhart. „Das ist auch unsere Prämisse für die bevorstehenden Verhandlungen.“

„Gemeinsam bewerkstelligen wir das“

In der aktuellen gesundheitspolitischen Situation bleibt für die Ärztevertretung sehr viel zu tun. Die Honorare bleiben zwar zum Großteil bei den Bundesländern, aber es muss grundsätzlich ein einheitlicher Leistungskatalog für ganz Österreich erarbeitet werden, damit allen Bürgern das Gleiche angeboten werden kann, erklärt Steinhart: „Das ist die größte Herausforderung für die Bundeskurie Niedergelassene Ärzte, und gemeinsam mit den Bundesfachgruppen bewerkstelligen wir das.“

Die Bundeskurie hat bereits vor etwa zwei Jahren interne und externe Experten damit beauftragt, Arbeitsgruppen zu bilden und die bestehenden Leistungskataloge aller Fächer konsequent zu analysieren, zu modernisieren und neu aufzulisten. „Besonders wichtig ist es uns sicher zu stellen, dass alle Leistungen abgebildet sind, und zwar zeitgemäß und state of the art, den Fortschritten in der modernen Medizin Rechnung tragend und der gelebten Realität entsprechend“, so Steinhart: „Überholtes wird gestrichen.“ Außerdem werde berücksichtigt, dass die einzelnen Leistungen auch wirklich ambulanzentlastend sind – so wie es in allen Programmen von Bundesregierungen stand und steht. Viele neue ambulanzentlastende Leistungen können angeboten werden, doch dazu brauche man mehr Ärzte im niedergelassenen Bereich.

Für die meisten Fächer ist dieser aufwändige, mehrstufige und hochkomplexe Prozess bereits abgeschlossen, bei einigen sind noch letzte Arbeitsschritte und interne Abstimmungen zu absolvieren. Steinhart: „Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ärztekammer und vor allem bei den einzelnen Fachgruppen für die konstruktive Mitarbeit an diesem Mammutprojekt.“

In dieses Projekt fließt die gesammelte medizinische Kompetenz der Ärzte und ihrer Vertretung ein, sagt Steinhart: „Das ist unser Beitrag zu einer Reform der Sozialversicherungen, die diesen Namen verdient. Von den Sozialversicherungen erwarten wir einen konstruktiven Umgang damit. Die Kassenreform sollte ein echter Neubeginn sein, der auch die Rahmenbedingungen der kassenärztlichen Tätigkeit zeitgemäß und zukunftsorientiert verbessert.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2019