Europäische Ärztevereinigung: Forderungen vor EU-Wahl

10.05.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Vor der anstehenden Europawahl gibt das CPME den EU-Entscheidungsträgern seine gesundheitspolitischen Forderungen in Form von sechs Punkten mit auf den Weg.


Im Folder der europäischen Ärztevereinigung CPME, unter deren Mitgliedern auch die Österreichische Ärztekammer ist, finden sich etwa Forderungen nach weiteren Investitionen in die Gesundheit, einschließlich Verpflichtungen zur Prävention und Gesundheitsschutz, Bekämpfung der Resistenz gegen antimikrobielle Mittel (AMR) und Erhöhung der Impfdichte. Obwohl die Notwendigkeit der Einhaltung von Budgetgrenzen anerkannt werde, sei es ebenso wichtig, die Auswirkungen eines Haushaltsplans auf die Gesundheitspolitik zu bewerten. Das neu gewählte Europäische Parlament und die Europäische Kommission werden befugt sein, konkrete Beiträge zur Schaffung einer gesünderen Europäischen Union zu leisten und die Gesundheitspolitik auf der Tagesordnung der EU zu halten. Daher hält es das CPME für unabdingbar, dass sich die Fraktionen im Europäischen Parlament, die nationalen Vertreter in den EU-Mitgliedstaaten und die neue Kommission auf ihre gesundheitspolitische Priorität konzentrieren. 2019 werde zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union ein Mitgliedsstaat die EU verlassen. Der Brexit werde viele Änderungen innerhalb der EU und der EU-Institutionen bewirken. Die europäische Ärztevereinigung fordert daher, dass sichere und attraktive Arbeitsbedingungen für Ärzte in ganz Europa gewährleistet werden.

Die Forderungen im Wortlaut:

  • Zukunft der Gesundheit: Wir fordern, dass Gesundheit immerhoch oben auf der EU-Agenda stehen soll und somit die universelle Gesundheitsabdeckung für jeden Patienten gesichert wird. Auch in Zeiten von budgetären Zwängen kann es keinWirtschaftswachstum ohne Investitionen in die Gesundheit geben. Gesundheit ist ein wesentliches Element des europäischen Sozialmodells, trägt zu sozialem Zusammenhalt und inklusivem Wachstum bei und fördert ein solides wirtschaftliches Umfeld als Voraussetzung für Investitionen.
  • Qualifizierte Ärzte, sichere Bedingungen: Wir fordern, dass sichere und attraktive Arbeitsbedingungen für Ärzte in ganz Europa gewährleistet werden – umso mehr, als der Brexit das Modell der medizinischen Migration, Schul- und Berufsbildung verändert. Koordinierte Maßnahmen und Richtlinien, um Gewalt gegen Angehörige der Gesundheitsberufe zu reduzieren, sollen initiiert werden. Ärzte müssen sich auf sichere, gesetzeskonforme und ethische Arbeitsbedingungen verlassen können, auf Anerkennung ihrer Dienste und Qualifikationen und auf Möglichkeiten, kontinuierlich ihre Fertigkeiten verbessern zu können. Ein solches Umfeld stärkt die Beziehung zwischen Patient und Arzt, die berufliche Identität und Autonomie der Ärzte. Das ist der Schlüssel, um den Beruf über die ganze Karrierelaufbahn hinweg attraktiv zu halten und auf direktem Weg Patientensicherheit und Pflegequalität zu fördern.
  • Gesundes Leben ermöglichen: Wir fordern, dass Prävention eines der primären Ziele jeder Gesundheitspolitik sein soll. Jeder soll sich diesem zentralen Ziel verpflichtet fühlen und Risikofaktoren in seinem Verhalten wie Tabak, ungesunde Ernährung, körperliche Inaktivität und Missbrauch von Alkohol vermeiden. Zum Beispiel helfen die klare Kennzeichnung von Alkoholprodukten und die Beschränkung des Konsums industrieller Transfette dabei, die Gesundheit der europäischen Bürger zu schützen und Krankheiten vorzubeugen. Gesundheitsförderung und Krankheits-Prävention sind eine wichtige Aufgabe der nationalen Regierungen und ein wesentlicher Teil der ärztlichen Grundversorgung.
  • Investition in Gesundheitssicherheit: Wir fordern ständige Bemühungen, um die Ausbreitung der Resistenz gegen antimikrobielle Mittel einzudämmen und die Impfquote zu erhöhen. Die Antibiotikaresistenz schreitet in einem schnellen Tempo voran und alte, durch Impfstoffe vermeidbare Krankheiten tauchen wieder auf. Die Richtlinien müssen es Ärzten und anderen Gesundheitsexperten ermöglichen, eine aktive Rolle im Kampf gegen AMR und Impfmüdigkeit zu spielen.
  • Vertrauen in die Weitergabe von Gesundheitsdaten schaffen: Wir fordern eine ethisch einwandfreie politische Steuerung, wie Gesundheitsdaten weitergegeben werden können. Medizinische Forschung ist unerlässlich für die Entwicklung neuer Behandlungen und Medikamente. Dennoch sollten Forschungsmöglichkeiten unter der Verwendung von „Big Data“ nicht zur Folge haben, dass die geltenden ethischen Grundsätze geschwächt werden. Patientenautonomie und das Recht auf Selbstbestimmung müssen immer garantiert sein.
  • Zugang zu Medikamenten garantieren: Wir fordern, dass das Thema der Verfügbarkeit und Leistbarkeit von Medikamenten angegangen wird. Aufgrund von steigenden Arzneimittelpreisen und manchmal sinkender Produktionsmenge erleben europäische Bürger zunehmend einen mangelnden Zugang zu bestimmten medikamentösen Therapien. Einige Bürger müssen sogar warten, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert, bevor sie diese Medikamente erhalten. Dies widerspricht der medizinischen Dienstpflicht, im besten Interesse des Patienten zu handeln und wirft ernste ethische
    Fragen auf.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2019