Bewertungsportale im Internet: Geld für Sichtbarkeit?

15.08.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Beinahe alle Bewertungsportale bieten die Möglichkeit, über einen unentgeltlichen Eintrag bewertet zu werden. Entgeltliche Einträge bieten Präsentationsmöglichkeiten, die meist deutlich über den Gratis-Eintrag hinausgehen. Darüber hinaus werden Bezahlkunden oft auch vorgereiht.

Johannes Öhlböck*

Die Rechtsprechung hatte sich bereits mehrfach mit Bezahleinträgen auf Bewertungsportalen zu beschäftigen.

Anspruch auf Löschung

Der BGH hat am 20.02.2018 zu VI ZR 30/17 entschieden, dass eine Ärztin Anspruch auf Löschung aus einem Bewertungsportal (konkret jameda.de) hat. Auf dem Portal konnten Ärzte bewertet werden. Grund für den Anspruch auf Löschung war, dass das Bewertungsportal Unterschiede zwischen zahlenden und nicht zahlenden Kunden machte. Bei nicht zahlenden Kunden waren nur Basisdaten abrufbar. Bei zahlenden Kunden wurden weitere Informationen angeboten. Beide Kundenarten konnten bewertet werden. Darüber hinaus wurden aber neben nicht zahlenden Kunden Konkurrenten in unmittelbarer Nähe angezeigt. Diese wurden bei zahlenden Kunden nicht angezeigt. Die klagende Ärztin konnte bereits mit Erfolg gegen 17 Bewertungen vorgehen und beantragte danach die gänzliche Löschung. Der BGH hat entschieden, dass in diesem Fall die die Daten der Ärztin zu löschen sind, da das Portal seine Stellung als neutraler Informationsmittler verlässt und sich damit nicht mehr auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 10 EMRK) stützen kann. Das führt zum Überwiegen der Grundrechtsposition der Ärztin (Recht auf informationelle Selbstbestimmung), sodass ihr ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung ihrer Daten zugebilligt wurde.

Ein weiterer Fall betraf einen Zahnarzt mit Spezialisierung auf Behandlung der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD). Die allermeisten seiner Patienten informieren sich vorab online und nutzt dafür auch ein Bewertungsportal. Er ist wirtschaftlich in hohem Maße von einer positiven Darstellung im Internet abhängig. Bis zum 28.12.2017 hatte der Zahnarzt insgesamt 60 Bewertungen mit einer Gesamtnote von 1,5 (Bestnote = 1,0). Am 15.05.2018 waren 68 Bewertungen öffentlich einsehbar. Bis Ende des Jahres 2018 war der Zahnarzt zahlender Premiumkunde und konnte sein – auch ohne den Bezahlvertrag bestehendes – Basisprofil ausgestalten. Am 10.01.2018 kündigte er den Bezahlvertrag zum Ende des Jahres 2018. Im Zeitraum 11. bis 18.01.2018 löschte das Bewertungsportal (ohne Ankündigung und Begründung) zehn Bewertungen. Bis zum Zeitpunkt der Löschung hatten sich diese bis zu zwei Jahre unbeanstandet im Bewertungsportal befunden. Der Zahnarzt klagte auf Wiederherstellung der Bewertungen.

Das Urteil

Das Landgericht München I (Endurteil v. 16.04.2019 – 33 O 6880/18) gab der Klage statt und argumentierte, dass die zugunsten des Arztes abgegebenen Nutzerbewertungen vom Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes umfasst sind. Mit der Löschung greift der Portalbetreiber in dieses
Recht ein.

*) Dr. Johannes Öhlböck LL.M. (www.raoe.at) ist Rechtsanwalt in Wien, Vortragender an mehreren Universitäten. Er berät und vertritt Ärzte in allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Bewertungen im Internet.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2019