Zukünftiger Ärztebedarf – Einige EU-Mitgliedstaaten gefordert

10.05.2018 | Themen


In vielen Ländern Europas besteht ein Ärztemangel. Dieser resultiert u.a. daraus, dass bestimmte EU-Länder, etwa Deutschland, seit Jahren zu wenig Ärzte ausbilden.
Lukas Stärker*

Diesem Ausbildungsmangel begegnet etwa Deutschland damit, dass es aus anderen Ländern Ärzte „absaugt“, sprich für viele Ärzte aus anderen Ländern so interessant ist, dass Ärzte aus diesen Ländern nach Deutschland gehen, um dort tätig zu werden. Dies führt dann zu Mangelsituationen in deren Herkunftsländern. Diese haben nun folgende Möglichkeiten: deutlich mehr Ärzte ausbilden, als für das eigene Land erforderlich oder ihrerseits Ärzte aus wiederum anderen Ländern anzuziehen. Der so einsetzende Dominoeffekt verschiebt sich dann entsprechend weiter – zumeist nach Osten. Dem gegenüber bilden andere EU-Länder, wie etwa Österreich, zwar zahlenmäßig „genug“ Ärzte aus, aufgrund der Migration verlassen aber „zu viele“ Ärzte das Land. Hinzu kommt, dass aufgrund des deutschen „Numerus clausus“ viele Deutsche lediglich zum Studieren nach Österreich ausweichen und nach Studienende Österreich wieder den Rücken kehren.

Die EU war hier bis dato nur bedingt hilfreich: Einerseits dem Grundsatz des freien Personenverkehrs verpflichtet, forciert die EU in an sich grundsätzlich positiver Weise den freien Personenverkehr, andererseits führt dies zu den dargestellten Mangelsituationen und verschärft diese auch noch. Der EU ist dieses Phänomen wohl bewusst, wurde doch von der EU-Kommission die von Österreich gewünschte und dem Grundsatz des freien Personenverkehrs entgegenlaufende „Quotenregelung“ für das Medizinstudium nicht nur goutiert, sondern sogar deren Verlängerung zugestimmt. Dies ist für Österreich erfreulich, mildert die Folgen, löst aber das bestehende Problem nicht, da dadurch der „Absaugeffekt“ zwar gemildert, nicht aber egalisiert wird. Hinzu kommt, dass dieses Phänomen nicht auf Österreich und Deutschland beschränkt ist, sondern sich insbesondere ebenso auch zwischen Belgien und Frankreich stellt.

Lösung

Dabei läge die Lösung dieses Themas auf der Hand: Jedes EU Land verpflichtet sich auf Basis einer EU-weit einheitlichen Berechnungsgrundlage, so viele Ärzte auszubilden, wie es für den eigenen Bedarf benötigt. Auf Basis dieses „Fundaments“ kann dann der freie Personenverkehr beziehungsweise die wechselseitige Medizinstudenten- und Ärztemigration stattfinden. Weiters gehören auch die Studienzugangsregelungen europaweit vereinheitlicht, um so ein „Rosinenpicken“ der einen zu Lasten anderer EU-Staaten auszuschließen. Zwar wird auch dies die gesamte Thematik wohl nicht lösen, da es pekuniär betrachtet attraktiver sein wird, in bestimmten Teilen Deutschlands oder der Schweiz zu arbeiten, als in den östlichen Teilen bestimmter EU-Mitgliedstaaten Osteuropas. Dennoch wäre damit sichergestellt, dass zumindest die für eine funktionierende ärztliche Behandlung und Betreuung erforderliche Zahl an Ärztinnen und Ärzten in Europa dann vorhanden ist.

Fazit

Personenfreizügigkeit ja, aber auf Basis vergleichbarer Rahmenbedingungen und ähnlicher Studienzugangsregelungen und bedarfsgerechter Studienplatzanzahl. Die Zeit drängt, bestehen hier doch Vorlaufzeiten von zumindest zwölf Jahren, bis entsprechende Fachärztinnen und Fachärzte fertig ausgebildet sind. Die Zeit tickt. Dies wäre eine sinnvolle Aufgabe für die EUKommission, anstatt uns mit immer mehr Administration und Vorgaben zu beglücken.


*) Dr. Lukas Stärker ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2018