Im Fokus: Mikrobiom & Darm

25.11.2018 | Themen


1. Milliarden Mikroorganismen
Milliarden von Mikroorganismen bilden das Mikrobiom, das Darm, Haut und andere innere Organe besiedelt. „Die Mikroben leben in einer engen Symbiose mit dem Wirt und beeinflussen positiv Körperfunktionen wie den Stoffwechsel, können sich aber auch zum Krankheitserreger entwickeln“, so Mikrobiologin und ERC Starting Grant-Preisträgerin Jillian Petersen von der Uni Wien.

2. Einfluss während Schwangerschaft
Botenstoffe aus der Darmflora der Mutter erreichen das Kind schon während der Schwangerschaft über die Plazenta. Das konnten Berner Forscher zeigen. Der Einfluss des Mikrobioms beginnt bereits zu diesem Zeitpunkt und kann bis ins Erwachsenenalter nachgewiesen werden.

3. Wirkung auf Gehirnleistung

Grazer Forscher konnten in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie zeigen, dass das Darm- Mikrobiom die Gehirnleistung beeinflusst. Eine bestimmte Zusammensetzung von Mikroorganismen wirkte sich positiv auf das Erinnerungsvermögen und emotionale Entscheidungsprozesse aus.

4. Vermehrte Gewebealterung

Die Darmflora hat laut Forschern der ETH Lausanne Einfluss auf die Alterung des Gewebes. Sie entfernten bei Fruchtfliegen den Immunrezeptor PGRP-SD, ohne den sie kein funktionierendes Immunsystem besaßen. Dadurch verkürzte sich die Lebensspanne und die Darmflora veränderte sich: Lactobacillus plantarum trat vermehrt auf, was zu einer Überproduktion von Milchsäure und zur Entstehung von hochreaktiven Sauerstoffradikalen führte. Diese schädigten die Zellen und trugen so zur Gewebealterung bei.

5. Zusammenhang mit Multipler Sklerose

Die Darmflora spielt auch bei der Entstehung von Multipler Sklerose eine Rolle, wie Forscher der Universität Zürich herausgefunden haben. T-Lymphozyten, die für die pathologischen Prozesse bei MS verantwortlich sind, reagieren auf das Enzym GDP-L-Fucose-Synthase, das in menschlichen Zellen und von Bakterien gebildet wird. Diese Bakterien treten in der Darmflora von Patienten mit MS gehäuft auf. „Wir denken, dass die Immunzellen im Darm aktiviert werden, dann ins Hirn wandern und dort eine Entzündungskaskade anstoßen, wenn sie der menschlichen Variante ihres Zielantigens begegnen“, so die Forscher.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2018