Im Fokus: Lepra

10.06.2018 | Themen


1. Geschichte
Lepra war in Europa bis ins 16. Jahrhundert weit verbreitet und ist bis heute in vielen Ländern endemisch. Den mikroskopischen Nachweis erbrachte 1873 der Norweger Gerhard Armauer Hansen; Lepra wird daher auch als Morbus Hansen bezeichnet. Pro Jahr gibt es mehr als 200.000 Neuerkrankungen; die mit Abstand meisten werden aus Indien und Brasilien gemeldet. Hauptverursacher ist das Mycobacterium leprae.

2. Entstehung in Europa?
Im Mittelalter waren in Europa mehrere Lepra-Bakterienstämme verbreitet und nicht – wie bisher angenommen – nur zwei. Ein internationales Forscherteam untersuchte Proben von etwa 90 Individuen aus ganz Europa von etwa 400 bis 1.400 n. Chr., die für Lepra charakteristische Knochenverformungen aufwiesen. Die rekonstruierten Genome umfassen alle bekannten Stämme der Lepra-Erreger – auch solche, die heute in Asien, Afrika oder Nord- und Südamerika auftreten. Damit könnte die Krankheit ihren Ursprung im westlichen Eurasien haben.

3. Einsatz gegen Lepra

Für ihren Einsatz in der Pflege von Lepra-Kranken will Südkorea die beiden österreichischen „Christkönigsschwestern“ Marianne Stöger und Margit Pissarek für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Sie kamen in den 1960er-Jahren nach Kriegsende auf die koreanische Lepra-Insel Sorok und kümmerten sich 43 Jahre lang um die Versorgung der Kranken.

4. Isolation aufheben

Lepra-Infizierte wurden seit Jahrhunderten ausgegrenzt, in Leprakolonien fernab der nächsten Stadt. Auch wenn Kranke noch immer oft sozial isoliert werden, gab es zuletzt sogar in Indien – wo es jährlich rund 120.000 Neuerkrankungen gibt – Fortschritte: Erkrankte und Geheilte müssen nun nicht mehr in einer der rund 750 Leprakolonien des Landes leben. Auch gibt es Bemühungen, die diskriminierenden Gesetze aufzuheben.

5. Vernachlässigte Tropenkrankheit

Lepra ist der WHO zufolge eine der vernachlässigten Tropenkrankheiten. Um die Krankheit einzudämmen, fehlen meist die Mittel. Auch eine Impfung ist nicht absehbar; erste klinische Studien gibt es aber mittlerweile. Als Übertragungsweg wurde lange die Berührung von Erkrankten angesehen; nun geht man von einer Tröpfcheninfektion aus. Zuletzt ist die Gesamtzahl der Neu-Infektionen leicht gestiegen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2018