Paper of the Month: Entlassungsberichte: digital gleich gut wie konventionell

25.01.2018 | Service


Der Umstieg auf die digitale Erstellung und Übermittlung von Entlassungsberichten führt zwar zu besseren Entlassungsberichten und mehr Zufriedenheit der Beteiligten. Harte Endpunkte werden dadurch aber kaum beeinflusst.

Maria J. Santana von der Universität von Calgary et al. untersuchten in einer randomisierten Studie, ob der Einsatz von elektronischen Entlassungsberichten die Mortalität und Rehospitalisierung von Patienten wirksam reduziert. Sie verwendeten dafür ein Tool (e-DCT), das zuvor positiv evaluiert worden war, gute Entlassungsberichte zu ermöglichen.

Das e-DCT enthält in strukturierter Form Informationen über den Grund und den Verlauf des Spitalsaufenthaltes, Behandlungen, Medikation und den notwendigen Follow up. Es wird sowohl in das elektronische Gesundheitsdossier hochgeladen, womit es für alle in die ambulante Nachsorge involvierten Leistungserbringer verfügbar ist, als auch dem Patienten in ausgedruckter Form bei der Entlassung mitgegeben. Die Implementierung wurde durch Schulungen, Unterstützungsmaterial und einen 24-Stunden-Telefon-Support begleitet. Im Vergleich zum e-DCT beinhaltet die übliche Versorgung das Diktat des Entlassungsberichts und Überträge aus der Krankenakte. Die wesentlichen Unterschiede zwischen e-DCT und üblicher Versorgung sind die strukturierte und standardisierte Aufbereitung der Informationen sowie die schnellere Informationsübermittlung. In die Studie wurden 1.399 Patienten einer Abteilung für Innere Medizin involviert und zufällig der e-DCT Intervention oder dem „üblichen Entlassungsbericht“ zugeteilt. Als Endpunkte wurde ein kombiniertes Maß aus Mortalität oder Rehospitalisation innerhalb von drei Monaten nach Entlassung untersucht. Zusätzlich wurden vom Patienten berichtete unerwünschte Ereignisse erhoben, und zwar 30 Tage nach der Entlassung in Form eines Telefoninterviews mit den Patienten. Alle so berichteten Ereignisse wurden von zwei erfahrenen Ärzten bewertet und klassifiziert. Die Daten zeigen in den untersuchten Endpunkten zu keinem Zeitpunkt (sieben Tage, 15 Tage, 30 Tage und 90 Tage nach Austritt) einen Unterschied zwischen e-DCT und üblichem Entlassungsbericht. Weder reduzierte sich die Mortalität/Rehospitalisierung noch das Auftreten von unerwünschten Ereignissen, über die die Patienten berichteten. Interessant ist, dass sich zu jedem Zeitpunkt die Bestandteile des kombinierten Maßes (Mortalität/Rehospitalisation) zwischen e-DCT und üblichem Entlassungsbericht unterschiedlich entwickelten. Der Anteil der Rehospitalisationen war in der eDCT-Gruppe nominal höher als in der Vergleichsgruppe, während die Mortalität unter e-DCT nominal etwas geringer war. Diese Unterschiede waren statistisch nicht signifikant und es zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Verfahren. Auch drei Monate nach der Entlassung konnten keine Unterschiede in der Lebensqualität der Patienten oder der Länge einer etwaigen Rehospitalisierung gefunden werden. Für die neutralen Ergebnisse der Studie gibt es eine Reihe von Erklärungen: Es ist möglich – und wäre durchaus klinisch erklärbar –, dass gute Entlassungsberichte eher zu häufigeren Rehospitalisationen führen, aber die Mortalität reduzieren. Diese Effekte können sich in einem kombinierten Endpunkt aufheben. Ein möglicher Effekt der Intervention könnte außerdem durch die Randomisierung auf Patientenebene verwischt worden sein. Die gleichen Ärzte haben für einige Patienten digitale Austrittsberichte eingegeben, während sie für andere Patienten auf dem bisherigen Weg diktiert und übermittelt haben. Es ist gut vorstellbar, dass sich die Strukturiertheit der Berichte unbewusst vom digitalen auf das übliche Format übertragen hat.

Die Ergebnisse der Studie sind wichtig. Sie zeigen, dass der „einfache Umstieg“ auf die digitale Erstellung und Übermittlung von Entlassungsberichten zwar zu besseren Entlassungsberichten und mehr Zufriedenheit der Beteiligten führen kann, aber harte Endpunkte dadurch kaum beeinflusst werden.

*) Prof. Dr. Dieter Schwappach, MPH; Patientensicherheit Schweiz

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2018