Arbeitszeit-Flexibilisierung: Die Neuerungen

25.10.2018 | Service


Die Novelle der Arbeitszeit bringt eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf maximal zwölf Stunden pro Tag und erleichterte Anordnungsmöglichkeiten für Überstunden. Dadurch wird die Schutzfunktion von Betriebsvereinbarungen beziehungsweise Kollektivvertrag aufgeweicht und soll durch individuelle Vereinbarungen ersetzt werden.
Markus Metzl*

Die Novellierung bringt zahlreiche Änderungen im § 4 Abs 7 und § 4b Abs 4 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) mit sich. Neu geregelt wurde, dass nahe Angehörige, leitende Angestellte sowie sonstige Arbeitnehmer von diesem Geltungsbereich ausgenommen sind. Ein leitender Angestellter definiert sich dadurch, dass er maßgeblichen Einfluss auf den Betrieb nimmt. Die neue Regelung zielt vielmehr auf das Vorliegen der Voraussetzungen ab als auf die Funktion. Das bedeutet, dass ein Mitarbeiter beispielsweise aus der dritten Führungsebene ebenfalls unter die Ausnahmeregelung fallen kann. Unter die neue Gruppe der „Sonstigen Arbeitnehmer“ fallen Personen, die maßgeblich selbstständig entscheidungsbefugt sind – etwa ein angestellter Anwalt oder ein Wissenschaftler. Des Weiteren bleiben alle bestehenden Gleitzeitvereinbarungen von dieser Novellierung unberührt.

Klarstellung bei der Behandlung von Überstunden bei Gleitzeit bringt § 3 Abs. 1 sowie § 4b Abs. 5 AZG. Bei Gleitzeit kann der Arbeitnehmer Beginn und Ende seiner Arbeitszeit selbst bestimmen. Es handelt sich um keine Mehrarbeit, sondern um eine freiwillige Verteilung der Normalarbeitszeit. Hingegen werden Überstunden immer vom Arbeitgeber angeordnet. Dies kann auch konkludent (ohne ausdrückliche Erklärung) erfolgen. Werden Arbeitsstunden durch den Arbeitgeber über die Normalarbeitszeit hinaus angeordnet, liegen immer Überstunden vor. Nunmehr klar geregelt wurde, dass bei Überschreiten von acht Stunden pro Tag beziehungsweise 40 Stunden pro Woche immer Überstunden vorliegen. Eine bestehende Gleitzeitvereinbarung schließt die Anordnung von Überstunden jedenfalls nicht aus.

Arbeitnehmer haben ebenfalls ein Wahlrecht bei Überstunden, die ab der zehnten Stunde oder ab der 50. Wochenstunde angefallen sind, zu entscheiden, ob die Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich erfolgen soll. Dieses Wahlrecht ist spätestens am Ende des jeweiligen Abrechnungsmonates auszuüben. Diese Regelung könnte besonders für alle All-In-Bezieher von Interesse sein.

Nunmehr besteht der gesetzliche Rahmen, künftig bis zu zwölf Stunden zu arbeiten. Bei entsprechender Gleitzeitvereinbarung können somit die elfte und zwölfte Stunde pro Tag als Normalarbeitszeit gehandhabt werden. Problematisch kann das Wahlrecht für die Abgeltung von längeren Überstunden von All-in-Beziehern werden, was die Führung von zwei Arbeitszeitaufzeichnungen notwendig macht (§ 10 Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 1 und 2 AZG).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die erleichternde Anordnungsmöglichkeit für Überstunden die bestehenden Mitbestimmungsmöglichkeiten durch Betriebsvereinbarung beziehungsweise Kollektivvertrag unterwandert. Die darin bestehende Schutzfunktion wird aufgeweicht und soll nunmehr durch individuelle Vereinbarungen ersetzt werden.

*) Dr. Markus Metzl ist Bereichsleiter Finanzen in der ÖÄK


© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2018