Kurz und informativ

10.11.2018 | Medizin


Sprachfähigkeit: vermutlich vorgeburtliche Prädisposition

Hirnareale, die für das Sprechen zuständig sind, werden offensichtlich schon in der embryonalen Entwicklung festgelegt. Denn Kinder sind nach Gehirnverletzungen in der Lage, ihre sprachrelevanten Areale in andere, gesunde Hirnbereiche zu reorganisieren und so die Sprachfähigkeit zu erhalten. So lauten die zentralen Ergebnisse einer interdisziplinären Forschungskooperation zwischen der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde sowie der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin am AKH Wien. Es zeigte sich, dass bei gesunden Kindern bessere Sprachfähigkeiten mit einer stärker bilateral organisierten Sprachlokalisation assoziiert sind. Diesen Zusammenhang konnten die Forscher auch bei Kindern, die einen Schlaganfall erlitten hatten, nachweisen. Während das Alter beim Auftreten des Insults, Größe oder Lokalisation der Läsion keinen Einfluss auf die Sprachfähigkeiten hatten, erwies sich eine atypische Reorganisation der Sprachareale als nachteilig für die Sprachfähigkeiten. Projektleiterin Lisa Bartha-Doering von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde meint, dass es „eine frühkindliche, wahrscheinlich schon vorgeburtliche Prädisposition von spezifischen Spracharealen beim Menschen gibt.“ Selbst wenn die Verletzung von neuronalen Strukturen sehr früh in der Entwicklung auftrete, sei das kindliche Gehirn nicht uneingeschränkt fähig, sprachrelevante Areale zu reorganisieren. MedUni Wien


Mikroplastik im Menschen nachgewiesen

Im Rahmen einer Pilotstudie haben Bettina Liebmann vom Umweltbundesamt und Philipp Schwabl von der MedUni Wien erstmals Mikroplastik im menschlichen Stuhl entdeckt. Die acht Studienteilnehmer aus Finnland, den Niederlanden, Großbritannien, Italien, Polen, Russland, Japan und Österreich haben eine Woche lang ein Ernährungstagebuch geführt und anschließend eine Stuhlprobe abgegeben. Die Teilnehmer haben allesamt in Plastik verpackte Lebensmittel oder Getränke aus PET-Flaschen konsumiert; die Mehrzahl konsumierte Fisch oder Meeresfrüchte. Keiner der Teilnehmer ernährte sich ausschließlich vegetarisch. Bei allen acht Personen entdeckten die Wissenschaftler durchschnittlich 20 Mikroplastik- Teilchen pro 100 Gramm Stuhl. Liebmann dazu: „In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen.“ In den Proben wurden am häufigsten Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) gefunden. Diese Studie bildet die Grundlage für weitere Untersuchungen, welche Auswirkungen Mikroplastikpartikeln auf den menschlichen Organismus haben. MedUni Wien

5000

Gesichter von anderen Menschen kennt durchschnittlich jeder Mensch. Die Spanne ist enorm und reicht von etwa 1.000 bis zu 10.000 Gesichtern. Zu diesen Erkenntnissen ist ein Forscherteam um Rob Jenkins von der Universität York (Großbritannien) im Rahmen von Studien gekommen. APA/Proceedings B

Ebola: Darstellung auf molekularer Ebene

Forscher des Okinawa Instituts für Wissenschaft und Technologie in Japan, an dem der Österreicher Matthias Wolf tätig ist, haben erstmals die Struktur des Nukleokapsid-RNA-Komplexes des Ebola- Virus auf molekularer Ebene dargestellt. Zusammen mit Wissenschaftern der Universitäten von Tokio und Kyoto untersuchten sie den aus Proteinen, RNA und Zuckermolekülen bestehenden Komplex. Yukihiko Sugita von der Kryo-Elektronenmikroskop-Arbeitsgruppe am Okinawa Institut analysierte den Kern bei ultratiefen Temperaturen mit dem Kryo-Elektronenmikroskop. Auf diese Weise konnte die Struktur des Komplexes in nahezu atomarer Auflösung dargestellt werden. Wolf weiter: „Mit diesem Bild ist man einen Schritt näher dran, zu erklären, wie das Virus funktioniert.“ APA/Nature

Alterungsprozesse: neue Erkenntnisse aus Plazenta

Der Zellteilungs-Zyklus der Trophoblasten in der Plazenta hört während der Schwangerschaft nach einer Verdopplung des gesamten Genoms auf, um unkontrolliertes Wachstum zu vermeiden. Zu diesem zentralen Studienergebnis sind Wissenschaftler um Jürgen Pollheimer von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Wiener AKH zusammen mit Experten der St. Anna Kinderkrebsforschung und der US-Stanford University gekommen. „Damit konnten wir erstmals nachweisen, dass die Trophoblasten während ihrer Entwicklung ihr gesamtes Genom verdoppeln, somit polyploid werden und dann aus Selbstschutz in eine Art zelluläre Seneszenz gehen“, so Studienautor Philipp Velicky vom Institute of Science and Technology Austria (IST Austria). Daraus lässt sich auch ableiten, dass die zelluläre Seneszenz einen wichtigen Mechanismus darstellt, um generell eine unkontrollierte Zellteilung und Zellwucherung des Trophoblasten zu unterdrücken. APA

Neue Lärmgrenze für Windturbinen

Einen Wert von rund 45 Dezibel am Tag soll der von Windturbinen ausgehende Lärm nicht überschreiten. „Lärm von Windenergieanlagen oberhalb dieses Wertes ist mit gesundheitsschädigenden Auswirkungen verbunden“, heißt es in einer neuen Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Für die nächtliche Höchstbelastung spricht die WHO keine Empfehlung aus – dafür gebe es noch nicht genügend aussagekräftige Studien. APA


USA: Creutzfeldt-Jakob-Tod nach Verzehr von Eichhörnchen

In den US-amerikanischen Bundesstaat New York ist ein 61-jähriger Jäger nach dem Genuss eines Eichhörnchen- Gehirns an einer neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob- Erkrankung (vCJD) gestorben. Das haben Ärzte im Zuge der postmortalen Kernspintomografie und Untersuchung der Hirnflüssigkeit festgestellt. Dem Bericht der behandelnden Ärzte zufolge hatte der Patient bereits 2015 über Konzentrationsprobleme geklagt und konnte nicht mehr selbstständig gehen. APA

Selbstmessender Retina-Scanner entwickelt

Mit Hilfe eines kompakten und selbstmessenden Laser- Mikroskops ist erstmals eine kontinuierliche Überwachung der Retina notwendig. Eine Forschungsgruppe der Berner Fachhochschule (BFH) hat in Zusammenarbeit mit einer Berner Firma unter Leitung des Basler Augenspezialisten Peter Maloca das tragbare Gerät, das die Größe einer Kaffeemaschine hat, entwickelt. Patienten sollen es intuitiv bedienen können: Nachdem der Kopf in einer Auflage positioniert ist, führt „Mimo“ – so der Name des Geräts – 3D-Aufnahmen der Netzhaut durch. Auch wenn diese Aufnahmen weniger Informationen enthalten als solche, die im klinischen Bereich zum Einsatz kommen, ermöglicht die vollautomatische Analyse von vielen Scans bessere Diagnosen als manuell ausgewertete Daten, die in größeren zeitlichen Abständen erfasst wurden. Darüber hinaus kann „Mimo“ die Analyseergebnisse automatisch an ein beliebiges Endgerät übermitteln. Bei einem auffälligen Befund werden Arzt und Patient sofort benachrichtigt. APA 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2018