Standpunkt Thomas Szekeres: Surfen statt Schwimmen

25.10.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Stefan Seelig

Eine Welle der Digitalisierung steht nicht erst vor der Tür, sie ist längst da. Welche Chancen, Risiken und Nebenwirkungen mit diesem Tsunami im Gesundheitswesen verbunden sein könnten, werden wir in den kommenden Monaten intensiv diskutieren. Als Auftakt dazu haben wir für den 13. November führende Experten aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Big Data und Telemedizin eingeladen. Nicht um über Auswirkungen auf die Medizin 6.0 oder 7.0 zu sprechen, sondern vor allem um über die Auswirkungen auf unseren Berufsstand (noch immer Arzt 1.0!) und über die Arzt-Patienten Beziehung zu diskutieren. Der Philosoph Konrad Paul Liessmann wird diese Diskussion um genau diese Aspekte bereichern.

Bislang waren wir eher mit der Mühsal von Nutzerunfreundlichkeit diverser Programme konfrontiert und waren die Mahner der Datensicherheit. Eine mächtige Industrie versichert uns, dass dies lösbare Probleme wären. Gleichzeitig war ich überrascht, als im Jänner dieses Jahres bekannt wurde, dass bei einem Cyber Angriff auf das norwegische Gesundheitssystem, Daten von der Hälfte der norwegischen Bevölkerung betroffen waren. Überrascht deshalb, weil in unseren Medien kaum darüber berichtet wurde! Die Arme der digitalen Lobby reichen weit.

Wir müssen auch lernen, klar zu unterscheiden zwischen privaten Gadgets, wie einem EKG über die Armbanduhr und den Hard & Softwares im öffentlichen Gesundheitswesen. Menschen senden ihre Herzfrequenz und Schlafgewohnheiten unbesorgt in das Web, aber fürchten gleichzeitig um Ihre ELGA Daten. Es wird die Aufgabe von uns Ärztinnen und Ärzten sein, unsere Patienten mit Information und Aufklärung durch den digitalen Dschungel zu begleiten. Daher müssen wir Vordenker und Mitgestalter der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden und dafür Sorge tragen, dass ethische und rechtliche Fragen rasch geklärt werden. Daimler-Benz bildet schon heute hunderte Menschen in Garten- und Städtebauarchitektur aus. Warum? Weil sie sich jetzt darauf vorbereiten, dass im Jahr 2030 das autonome Fahren die Städteplanung dramatisch verändern wird! Das nenne ich auf der digitalen Welle „surfen“ und nicht nur mitschwimmen.

Vordenken heißt mitreden, wir würden uns daher ausserordentlich freuen, wenn wir sie bei unserer In-fusion 2018 zum Symposion „Chancen und Risiken der Heilkunst im digitalen Wandel“ begrüßen dürfen. Details und Anmeldung: www.in-fusion.at

a.o. Univ.-Prof. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2018