Proteste: Gegen Kassenfusion

25.04.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Ärztekammern und Gebietskrankenkassen treten geeint gegen die Kassenfusionspläne der Bundesregierung auf.
Martin Hans

In einer gemeinsamen Deklaration (siehe Kasten) fordern die Ärztekammern und Gebietskrankenkassen den Erhalt der regionalen Krankenversicherungen, der Selbstverwaltung sowie der autonomen Finanzierung. „Gesundheitsversorgung ist eine regionalpolitische Aufgabe, die regionale Bedürfnisse berücksichtigen muss, die von einer einzigen zentralen Verwaltung nicht erkannt und entsprechend verwaltet werden kann“, warnt Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. Die Strukturen der Gesundheitsverwaltung müssen ebenso regional sein wie die Gesundheitsversorgung. Durch die regionalen Gebietskrankenkassen und die regionalen Ärztevertretungen ist ein effizientes Netzwerk entstanden. Eine Zerschlagung dieses leistungsstarken Netzwerkes auf Landesebene zugunsten einer zentralistischen Struktur auf Bundesebene wird von Ärztekammern und Gebietskrankenkassen abgelehnt.

GASTKOMMENTAR

Eine Reform, die den Patienten echte Vorteile bringt

Von Alexander Biach*

Wenn wir es richtig anstellen und vor allem gemeinsam machen, dann kann aus der sogenannten „Kassenreform“ ein großer Wurf für die österreichischen Versicherten werden. Wer versteht schon, dass Angestellte überall in Österreich den gleichen Krankenkassenbeitrag bezahlen, aber nicht in allen Bereichen die gleichen Leistungen erhalten. So bekam ein Kärntner für einen Rollstuhl 1.162 Euro als Zuschuss von der Krankenkasse, eine Versicherte aus der Steiermark aber nur 747 Euro. Wir haben diese Leistungsunterschiede abgeschafft – mit einer Harmonisierung, die Maß nimmt an den Ansprüchen unserer Versicherten.

Mir ist sehr wichtig, dass sich jeder Modernisierungsschritt an den Versicherten orientiert. Was sie brauchen und erwarten, das ist unser Reformauftrag. Zweifellos gibt es in unserem über Jahrzehnte gewachsenen System viel Optimierungsbedarf, aber wir dürfen dabei nie die Menschen verlieren, die das System finanzieren und ihm ihre Gesundheit anvertrauen. Ich möchte deshalb einen ordentlichen Reformpfad verfolgen, bei dem wir in den vergangenen Monaten bereits vieles geschafft haben. Wir haben ausgezeichnete Werte, was die Verwaltungskosten betrifft. Rund 98 Prozent unserer eingehobenen Beiträge landen wieder bei den Versicherten. Trotz dieser Effizienz gibt es weitere Potenziale – denn es ist nicht notwendig, dass Verwaltungstätigkeiten wie Abrechnungen, Lohnverrechnungen, IT-Leistungen neun Mal separat gemacht werden. Was liegt näher, als dass solche Aufgaben jeweils in einem Bundesland gebündelt werden und von dort aus als Kompetenz- Center für alle anderen Länderkassen erbracht werden. Diese verbesserte Zusammenarbeit unter allen SV-Trägern haben wir uns vorgenommen und sie soll noch mehr Geld für Leistungen oder eben Lohnnebenkostensenkungen frei machen. Aber all das muss genau koordiniert werden – deshalb bin ich für eine Österreichische Krankenkasse – die ÖKK. Nicht alle Regionen in Österreich sind gleich einzustufen, was die Versichertengemeinschaft und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit betrifft. Mit Zahlungen aus einem gemeinsamen Ausgleichsfonds gleichen wir diese strukturellen Unterschiede aus. Das sorgt für Solidarität und Fairness zwischen den Versichertengruppen. Wir brauchen diesen Zusammenhalt in Österreich und um das langfristig sicherzustellen kann der Strukturausgleich trotz aller Budgetautonomie der Länderkassen in einer ÖKK einfacher funktionieren.

Eine solche österreichische Krankenkasse ist richtig, aber ein allmächtiger Moloch in der Bundeshauptstadt wäre falsch. Aufgaben wie regionale Verhandlungen, Services, regionale Gesundheitseinrichtungen, Kooperationen mit den Landesregierungen – also einfach Versichertennähe: all das kann nur regional erbracht werden. Bei allem Effizienz- und Reformeifer der kommenden Monate müssen wir immer eines im Auge behalten: Die Leistung für unsere Versicherten muss stimmen.

*) Dr. Alexander Biach ist Vorstandsvorsitzender des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger


© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2018